Coronastrategie in der vierten Welle: An allen Schräubchen drehen

Auf die Impfquote sollte man nicht mehr warten. Stattdessen bräuchte es eine Diskussion über mehr Tests in den Schulen und 2G plus Test.

Nicht mehr für alle Bür­ge­r*in­nen kostenlos: Coronatests Foto: picture alliance/dpa | Annette Riedl

Auch dieser Herbst wird wieder ein Coronaherbst. Die Inzidenz steigt, und obwohl es – im Unterschied zu 2020 – eine Impfquote von 66 Prozent in Berlin gibt, steigen auch die Fälle mit schwerem Verlauf auf den Intensivstationen wieder deutlich. Das heißt schlicht, dass die Impfquote noch nicht zur Sorglosigkeit gereicht.

Und doch hat man das Gefühl, so richtig eilig scheint es die Politik – trotz galoppierender Inzidenz – nicht zu haben, an den Schrauben zu drehen, die sie eigentlich längst zur Verfügung hätte.

Beispiel Testpflicht in den Schulen: Noch-Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) konnte sich bisher nicht dazu durchringen, drei statt zwei Tests pro Woche als Standard für den Winter festzulegen. Sicher ist das auch eine Frage der bisher bestellten Testkapazitäten, die bis zu den Winterferien Ende Januar kalkuliert sind. Aber es wäre ein verhältnismäßiger kleiner Schritt, da nachzujustieren – und wenn man nicht wieder die Maskenpflicht für GrundschülerInnen will, sollte es das wert sein.

Nächstes Beispiel kostenlose Coronatests: Seit dem 10. Oktober sind sie nur für die kostenfrei, die sich (noch) nicht impfen lassen können – also zum Beispiel für Kinder unter 12 Jahren. Die Idee war, damit Druck auf die auszuüben, die sich impfen lassen können, aber nicht wollen – schließlich zahlen sie jetzt für Kulturangebote noch den Testnachweis obendrauf (so nicht ohnehin die 2G-Regel gilt). Doch wenn man sich die weiterhin stagnierende Impfquote anschaut, hat das offenbar keinen Eindruck gemacht.

2G plus Test

Warum also nicht die Tests wieder kostenfrei machen und dafür bei Veranstaltungen im Herbst auf Nummer sicher gehen: 2G plus Test. Besser, als die Clubs wieder zuzumachen und Veranstaltungen abzusagen, ist das allemal. Und vermutlich, zumal in Berlin, auch schlicht billiger als ein erneuter Schlag ins Kontor der Kreativwirtschaft.

Der Berufsverband der Intensiv- und Notfallmediziner warnte bereits, dass bundesweit 4.000 Intensivbetten weniger als bei der letzten Coronawelle zur Verfügung stünden. Der Grund: Personalmangel; viele seien nach den Pandemiejahren dauerhaft krankgeschrieben oder hätten gekündigt.

Wenn die Auslastung der Intensivstationen weiter steigt, könnten auch bald wieder geplante schwere Operationen abgesagt werden, weil dafür die Intensivbetten-Kapazitäten fehlen – auch die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund warnt bereits davor. Es ist nicht fair, Menschen, wie im Herbst 2020, wieder auf, zum Beispiel, Tumoroperationen warten zu lassen.

Die Impfverweigerer werden das nicht mehr begreifen, auf sie sollte man nicht warten. Der Impfkampagne fehlt es an Schwung, und es ist auch unklar, was sie noch in Schwung bringen könnte. Es ist also eine Frage der Solidarität mit denjenigen, die sich nicht schützen können, die verfügbaren Stellschrauben wieder anzuziehen.

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Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.

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