: Der Terrier unter den Initiativen
Debatte mit Tiefgang statt Argumenten-Hopping am Montag beim taz Talk zum Enteignen-Volksentscheid
Von Gareth Joswig
Deutsche Wohnen und Co. enteignen dürfte inzwischen die bekannteste Mieterinitiative der Welt sein. Oder, wie es ihr Sprecher, Rouzbeh Taheri, am Montagabend beim Talk in der taz-Kantine auf dem Podium mit dem Landeschef der Grünen, Werner Graf, und taz Berlin-Leiter Bert Schulz ausdrückte: „Es wird ein Signal um die ganze Welt gehen: Berlin ist riskant für Spekulanten.“
Ziel des Volksbegehrens sei es, große Player aus dem Markt zu nehmen, die sich aufgrund ihrer Übermacht kaum regulieren ließen, so Taheri. Man stelle erstmals die Eigentumsfrage von unten. Das sei zwar gewissermaßen revolutionär, aber man beziehe sich ausdrücklich auf das Grundgesetz. Deswegen sei es schon komisch gewesen, dass man im Wahlkampf das Grundgesetz gegen CDU und FDP habe verteidigen müssen.
Letzte Umfragen sahen eine knappe Mehrheit für Enteignungen. Obwohl auch Graf sagte, dass er für Enteignungen stimmen werde – anders als Annalena Baerbock, grüne Spitzenkandidatin im Bund – arbeitete sich das Podium permanent an Gegenargumenten ab.
Etwa am Mantra der SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey: „Von Enteignungen entsteht keine einzige neue Wohnung.“ Werner Graf sagte dazu: „Ich finde es falsch, das eine gegen das andere auszuspielen. Wir müssen bauen, weil Wohnungen fehlen, und wir müssen trotzdem die Mieten im Bestand senken.“ Taheri ergänzte: „Neubau und bezahlbare Wohnungen sind zwei Beine der sozialen Wohnraumversorgung – man kann nur auf zwei Beinen stehen.“
Dass die Finanzierung der Rekommunalisierung dank niedriger Zinsen langfristig haushaltsneutral möglich sei, unterstrichen Graf und Taheri. Argumentationshilfe lieferte dafür nicht zuletzt das jüngste Wahlkampfgeschenk der SPD an ihre Wähler:innen: Während die Sozialdemokraten das Enteignungsvolksbegehren ablehnen, hat sich Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) exakt dieses Finanzierungskonzept zu eigen gemacht, um im Wahlkampf 2,4 Milliarden Euro für knapp 15.000 Wohnungen in die Hand zu nehmen. Und – man ahnt es – auch durch diese nicht ganz geringe Investition ist keine einzige neue Wohnung entstanden.
Was allerdings werde man tun, falls die in den Umfragen führende Giffey, Volksbegehren hin, direkte Demokratie her, einen erfolgreichen Entscheid ignorieren würde? Man werde sich festbeißen, bekräftigte Taheri, sich weder mit Zeitschinderei noch absichtlich schlechten Gesetzesentwürfen abspeisen lassen: „Wir kennen die Tricks mittlerweile. Ein Terrier ist nichts gegen uns.“
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