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Open Data und FahrraddiebstähleDaten können nicht alles lösen

Kommentar von Svenja Bergt

Solange die Aufklärungsquote beim Fahrradklau gering ist, zeigen die wenigsten Bestohlenen an. Entsprechend nichtssagend sind die Daten.

Die Dunkelziffer ist bei Fahrraddiebstählen sehr hoch Foto: Karl-Heinz Sprembe/CHROMORANGE/imago

O pen Data, also das Bereitstellen öffentlicher, nicht persönlicher Daten, ist erst einmal etwas Gutes. Daten – etwa über die Pegelstände von Flüssen, den Stand des Breitbandausbaus oder Echtzeitdaten des öffentlichen Nahverkehrs – schaffen, in nutzerfreundliche Anwendungen gegossen, einen Mehrwert für Bürger:innen.

Dass in Berlin nun ein Pilotprojekt der Polizei startet und Daten zu Fahrraddiebstählen veröffentlicht, ist daher im Grunde eine gute Idee. So ließe sich zum Beispiel nicht nur polizeiintern, sondern auch öffentlich leicht erkennen, welche zeitlichen und örtlichen Dimensionen eine Rolle spielen und wie sich diese möglicherweise verändern. Wahrscheinlich gibt es noch mehr, was sich bei eingehender Analyse der Daten finden ließe.

Dennoch: Die desaströse Fahrraddiebstahlsituation kann so ein Projekt voraussichtlich kaum verbessern. Das hat diverse Gründe: Zum einen landen in der Übersicht nur die Diebstähle, die auch angezeigt werden. Das sind aber die wenigsten, und das hat mit der ebenfalls desaströsen Aufklärungsquote zu tun: Auf Berlin bezogen werden täglich im Schnitt über 70 Räder geklaut, die Aufklärungsquote liegt bei dreieinhalb Prozent. Wer statt dem eigenen Fahrrad nur noch ein geknacktes Schloss vorfindet, wird sich also ziemlich genau überlegen, ob es den Aufwand einer Anzeige lohnt – vor allem, wenn das Rad nicht versichert ist.

Andere Städte schaffen zwar bessere Aufklärungsquoten. Dennoch bleiben sie in der Regel hinter denen bei Pkw-Diebstählen zurück. Auch hat der örtliche und zeitliche Bezug nur begrenzten Nutzwert: Wer etwa in einem Viertel mit hohen Diebstahlquoten wohnt, kann sich zwar ein zweites Schloss zulegen – aber deshalb das Rad abends nicht im Nachbarviertel stehen lassen.

Der Fall zeigt: Digitalisierung kann helfen – aber eben nicht immer und überall. Damit so eine Datenbank nicht zu einer netten Spielerei ohne viel Mehrwert wird, ist vor allem eines wichtig: dass die Polizei selbst das Thema Fahrraddiebstahl mit einer deutlich höheren Priorität bearbeitet.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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6 Kommentare

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  • "Daten können nicht alles?"

    Das stimmt, aber sie könnten entschieden mehr, wenn man dazu überginge, Hotspots des Diebstahls kamerazuüberwachen, um dann Dieben (die ja aktuell auch wenn sie gefasst werden, wenig zu befürchten haben, und meist Serientäter sind) für die nächsten 6 Monate als einzige Strafe eine elektronische Fussfessel anzulegen. Dieser Zeitraum, in dem es keine weiteren Delikte geben dürfte, hätte sicher eine erzieherische Wirkung.



    Richtig eingesetzt, müssten wir wieder an den Punkt kommen, wo man auch ein teures Fahrrad wieder relativ unbesorgt abstellen kann.

  • Ich Stelle mir schon den Aufschrei vor wenn die Polizei im großen Umfang Fahrradfahrer anhält um zu kontrollieren ob das Rad gestohlen ist.

    Auf der einen Seite ruft man nach den starken Staat, wenn er dann loslegt ist es auch nicht gut.

    Zu erwähnen ist noch, so ein Fahrrad ist leichter im Schrott zu Geld gemacht als ein Auto

    • @Gretchen Müller:

      So ist es.

      Zumal kaum ein Wort an die (ex-)BesitzerInnen gerichtet wurde.

      Man kann Räder auch versichern und dann eben den Diebstahl auch anzeigen. (Woher weiss die Autorin eigentlich, dass die wenigsten Diebstähle angezeigt werden? Gibt es da eine anonyme Meldestelle?)

      Es ist sicher um jedes Rad schade, aber nicht versicherte Räder sind doch oft auch so, das sich weder Versicherung lohnt, noch anzeigen. Wobei das ein Teufelskreis ist. Da man mit Diebstahl rechnen muss, fährt man eher ein nicht so hochwertiges Rad in der Stadt, was man auch mal nachts öffentlich abstellen kann.

      Vielleicht erlauben GPS tracker irgendwann eine höhere Aufklärungsquote, ansonsten sind Räder nun mal schneller entwendet und schwerer wiederzufinden, als zB Autos.

  • Tja wenn grundsätzlich fremdes Eigentum infrage gestellt wird ist das halt auch bei Fahrrädern so…….. hinzu kommt das der Wert der meisten Fahrräder eine intensive Nachverfolgung nicht rechtfertigt. (andere Städte haben evtl durchschnittlich höherwertige Fahrräder wer sein Fahrrad bloss auf der Straße/Innenhof abstellen kann wird kaum ein teures kaufen).

  • Polizei soll repressiv arbeiten? Das von der taz!

    • @Andi S:

      Na ja, bedenken Sie: Es geht immerhin um FAHRRÄDER!