: „Unteilbar“ hält Abstand
Das Unteilbar-Bündnis bringt Tausende Protestierende für Klimaschutz, Antirassimus, Mieterschutz auf die Straße. Eine Wahlempfehlung gibt es nicht
Von Hanno Fleckenstein
Mehr Klimaschutz, bezahlbare Mieten, Solidarität mit Geflüchteten, mehr Pflegepersonal: Das sind nur einige der Forderungen, die die Teilnehmer:innen der Unteilbar-Demonstration am Samstag in Berlin auf die Straße getragen haben. Kurz vor der Bundestagswahl war die Demonstration für die Mitglieder des Unteilbar-Bündnisses ein wichtiger Anlass, um sich zu vergewissern: Unsere Kämpfe gehören zusammen und wir lassen uns nicht gegeneinander ausspielen. Nicht die Arbeitslosen gegen die Geflüchteten, nicht die Gewerkschaften gegen die Klimaschützer:innen.
„Wir wollen alle daran erinnern, wie wichtig es ist, zusammenzustehen – und füreinander da zu sein, auch wenn wir selbst nicht betroffen sind“, forderte Alfonso Pantisano vom Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) auf der Auftaktkundgebung. Der LSVD ist Teil des Unteilbar-Bündnisses und hatte gemeinsam mit rund 350 weiteren Organisationen, Vereinen und Initiativen zu der Demo am Samstag aufgerufen. Tausende waren dem Appell gefolgt, die Zahl der Teilnehmer:innen war geringer als bei den früheren Demonstrationen, was von den Veranstalter:innen wegen Corona aber auch so geplant war. Sie sprechen von den erwarteten 30.000 Teilnehmenden, die Polizei geht von rund 10.000 Demonstrant:innen aus.
Obwohl der Termin absichtlich in die heiße Phase des Wahlkampfs fällt, hält sich das Unteilbar-Bündnis selbst mit konkreten Forderungen an die künftige Bundesregierung zurück. Das sei Teil der Strategie, erklärt Unteilbar-Sprecher Georg Wissmeier gegenüber der taz: „Wir fordern ganz allgemein eine gerechte und solidarische Gesellschaft. Die Bündnisorganisationen konkretisieren das dann für ihr jeweiliges Themengebiet.“
Und das gelingt: Am Samstag begegnet man etwa Katharina von den „Omas for Future“, die ihre Generation für Klimaschutz begeistern will. Man trifft Alaa, die mit ihren Freundinnen gegen die Diskriminierung von Frauen mit Kopftuch protestiert.
Es demonstriert die Krankenhausbewegung für bessere Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen, und der antirassistische „Power Block“ beklagt in einem eindringlichen Banner die Opfer rechter Gewalt in Deutschland. Diese Vielfalt an Themen und Forderungen sei kein Ausdruck von Beliebigkeit, sondern der erfolgreiche Versuch, emanzipatorische Kräfte zu bündeln, meint Georg Wissmeier von Unteilbar: „Unser Ansatz ist, dass Akteure, die ansonsten vereinzelt laufen, stärker aufeinander Bezug nehmen. Dadurch entsteht eine gemeinsame Kraft und wir zeigen: Die solidarische Zivilgesellschaft hat all diese Forderungen und steht einig dahinter.“
Gerade in Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen machten die Redner:innen und Teilnehmer:innen immer wieder deutlich: Ob Afghanistan oder Armutsbekämpfung, ob Mieten oder Pflege – es darf auf keinen Fall so weitergehen wie bisher. Der Ruf nach einem Politikwechsel hin zum Progressiven scheint der gemeinsame Nenner zu sein, der das Bündnis zusammenhält.
Doch wer soll diesen Politikwechsel umsetzen? SPD, Grüne und Linkspartei? Die Unteilbar-Bewegung wirkt ein wenig wie der außerparlamentarische Arm von Rot-Rot-Grün – nicht nur, weil die Parteien in der Demonstration mitlaufen. Auch die Bündnispartner von Unteilbar lassen sich durchaus dem Spektrum der drei Parteien zuordnen.
Natürlich stünden SPD, Grüne und Linke den Positionen von Unteilbar näher als andere Parteien, sagt Sprecher Georg Wissmeier der taz. Eine Vermögensteuer etwa sei mit Union oder FDP nicht zu machen. „Wir haben aber auch schlechte Erfahrungen mit Rot-Grün gemacht. Ich würde deshalb nicht sagen, dass wir große Hoffnungen in diese Parteien setzen. Aber es besteht die Möglichkeit, dass sie mehr von unseren Forderungen umsetzen“, fügt er hinzu.
Die Demonstration am Samstag war damit kein Heimspiel für SPD, Grüne und die Linke. Schon zu oft habe man erlebt, dass Politiker:innen vor Wahlen stärker auf die Unteilbar-Bewegung zukommen, erzählt Wissmeier. Aber was zählt, passiere nun einmal nach der Wahl. „Deshalb müssen wir als Bündnis weiter Druck aufbauen. Wir können nicht darauf vertrauen, dass die Parteien das schon von allein lösen.“
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