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Todesfall nach Club-Besuch in Berlin„Stop taking G!“

Eine Frau stirbt nach einem Club-Besuch, GHB soll im Spiel gewesen sein. Eine Droge, die schon länger ein Problem in der Berliner Partyszene ist.

Dosierung per Pipette: Bei GHB können wenige Milliliter entscheidend sein Foto: Fulvio Ciccolo/unsplash

Berlin taz | Eine 25-jährige Frau ist vergangene Woche nach dem Besuch eines Friedrichshainer Clubs verstorben. Mit­ar­bei­te­r*in­nen fanden sie auf der Toilette des Suicide Club, bewusstlos. Sie kam ins Krankenhaus und starb dort zwei Tage später. Zu den genauen Umständen ermittelt die Polizei. Es ist ein tragischer, aber kein überraschender Todesfall, umso mehr, da er laut B.Z. mit der Droge GHB in Zusammenhang stehen soll. Denn GHB, Abkürzung für Gammahydroxybutyrat, oder „G“, ist schon länger ein bekanntes Problem in der Clubszene.

Von K.-o.-Tropfen haben viele schon einmal gehört – GHB ist das Gleiche. Manchmal wird es auch als „Liquid Ecstasy“ bezeichnet, was die Wirkung bereits umreißt. Potenzielle Ver­ge­wal­ti­ge­r*in­nen setzen es ein, um eine Person bewusstlos und gefügig zu machen. In Clubs nehmen das Menschen zum Spaß. Es wirkt euphorisierend und erzeugt ein angenehmes Körpergefühl. Die Gefahren aber sind die gleichen: Bewusstlosigkeit, Gedächtnislücken bis hin zu Atemlähmung.

Nur wenige Milliliter machen den Unterschied zwischen Rausch und Überdosierung aus. Einige Leute nehmen dafür extra Pipetten mit zum Feiern. Andere nicht. Alkohol dazu macht es noch gefährlicher. Bei rund einem Viertel der Krankenhausaufnahmen wegen Drogenüberdosierungen europaweit spielt GHB eine Rolle.

Für Club­be­trei­be­r*in­nen ist das ein Problem; sie wollen nicht, dass Menschen sich so rausschießen, dass der Notarzt kommen muss oder es im schlimmsten Fall sogar zu Todesfällen kommt. Davon abgesehen werfen solche Vorfälle aber auch ein schlechtes Licht auf den Club und die ganze Szene.

Null-Toleranz-Politik gegenüber GHB

Deswegen weckt einen das Clubpersonal unsanft, wenn man im Club einschläft. Deswegen werden Leute, die komplett drüber sind, rausgeworfen. Deswegen machen in einigen Clubs Schilder auf die Null-Toleranz-Politik gegenüber GHB aufmerksam. Deswegen bekommt mancherorts Hausverbot, wer mit der Substanz erwischt wird.

Und trotzdem ist GHB in den vergangenen Jahren stetig beliebter geworden. Das Partyvolk ist sich des Problems mit GHB bewusst; davon zeugen die Kommentare in den sozialen Netzwerken zur Meldung des Todesfalls: „stop taking G“, „GHB ist grade in Berlin ein großes Problem“. Dennoch ist die Sensibilisierung offenbar noch nicht weit genug. Die Null-Toleranz-Politik der Clubs ist ein gutes Zeichen, aber erreicht nicht alle.

Eine ohnehin illegale Substanz komplett zu verdrängen wird kaum möglich sein. Vielleicht würden einfache Dosierungsempfehlungen helfen. Für Ecstasy-Pillen etwa gilt der Spruch „Be smarter, take a quarter“. Mit einer Vierteltablette anfangen, weil man nicht weiß wie viel Wirkstoff drin ist. Womöglich ist dieser sinnlose Tod eines jungen Menschen vielleicht doch noch zu etwas gut: Aufmerksamkeit für ein Problem schaffen, das es schon lange gibt.

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6 Kommentare

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  • Willkommen im Suicide Club.

  • Der Staat verweigert sich, durch die kriminalisierung, seine Verantwortung wahrzunehmen! Durch das Verbot sind die Konsumenten auf einen Illegalen Markt angewiesen und so das Risiko von Schäden und Unfällen erst geschaffen. Das Verbot schafft in den meisten Fällen erst das Problem und ist nicht durchzusetzen!

  • Leider nicht die erste Verstorbene im Club-Zusammenhang!



    Sollte die Politik vielleicht doch mal genauer hinschauen: "Club-Kultur"!?

    • @Toni Zweig:

      Was offensichtlich fehlt ist Aufklärung und die Möglichkeit seine Drogen testen zu lassen. Das minimiert die Gefahr der Überdosierung und des Missbrauchs.

    • @Toni Zweig:

      Die Politik sollte das seit Jahren in Aussicht gestellte und nie umgesetzte Informations- und Beratungsangebot in Verbindung mit „Substanz-Checks“ auf den Weg bringen. Status jetzt : fail

      Davon mal abgesehen wäre es durchaus angebracht wenn die Autorin keine Unwahrheiten verbreitet. „G“ ist eben KEINE illegale Substanz sondern ein Industriereiniger, der unter gewissen Einschränkungen frei verkäuflich ist. Auch ihr Besitz ist nicht strafbar. Durch Ihren letzten Absatz könnte man glatt glauben diese Substanz würde unter das BTMG fallen. Status jetzt: fail

      • @Weniger_ist_mehr:

        Fast: GBL (Gamma-Butyrolacton) ist in der Tat nur handelsüberwacht, der Besitz legal. GHB (Gammahydroxybutyrat), die salzige Variante, ist im BtmG aufgeführt, der Besitz illegal.

        Aus längerer Erfahrung an der Tür von Berliner Clubs würde ich aber auch korrigieren, dass streng genommen GHB kein Problem ist Berliner Clubs ist. Kaum jemand macht sich die Mühe, diese Variante herzustellen.



        GBL dagegen ist sehr verbreitet, und hier ist die Dosierung aufgrund der Unverdünntheit nochmal potenziert schwieriger. Der Unterschied zwischen Spaß und Ohnmacht sind hier keine ganzen Milliliter, sondern Bruchteile davon.

        Es sei allerdings gesagt, dass selbst unter den eingefleischtesten "GBL-Heads" das Dosieren ohne Pipette stark verpönt ist. Oftmals handelt es sich um Erstuser und uninformierte Personen, die zu viel erwischen.