Anstehende Intendanten-Wahl: Flaschengeister beim ZDF
Am Freitag wählt das ZDF eine neue Intendantin oder einen neuen Intendanten. Was das mit Parteifarben und alten Ritualen zu tun hat.
B eim ZDF wird am Freitag einE neueR IntendantIn gewählt. Solche Wahlen um den höchsten Posten in Mainz sind eine heikel. Weshalb das ZDF wahrscheinlich ganz froh ist, dass es nicht so viele mitkriegen und die Berichterstattung eher dünne ist.
Eigentlich schien die Sache so haus- wie ausgemacht. Wie im Märchen soll in anstaltsdynastischer Folge Programmdirektor Norbert Himmler neuer Chef werden. Schließlich war schon der amtierende Thomas Bellut, bevor er Intendant wurde, Programmdirektor und bei seinem Vorgänger Markus Schächter wiederum war es auch schon so.
Das ZDF als gelebtes Erbkaisertum mit dem Fernsehrat als Senat, der den Cäsaren kürt. „Doch das von Männern regierte Römische Reich ist längst untergegangen!“, verkündet die Mitbewohnerin. Wenn das mal kein Omen ist. Und schon das Märchen um den tapferen Ritter Markus Schächter war eher von der traurigen Gestalt. Schächter schaffte es erst im fünften Wahlgang. Denn er ritt auf einem CDU-Ticket, wurde von seiner eigenen Partei aber gar nicht gewollt.
Womit wir bei Tina Hassel wären. Die Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios tritt am Freitag gegen den Favoriten Himmler an. Sie kam wie der Geist aus der Flasche, an der der SPD-nahe Freundeskreis im ZDF-Fernsehrat rieb. Doch auch bei der SPD gibt es prompt Gemurre. Hassel sei ja eher grün, heißt es zum Beispiel. Außerdem ist noch zu hören, dass sie ja gerne noch andere KandidatInnen präsentiert hätten. Die wären aber nur bei Gewinngarantie angetreten. Ansonsten bleibt alles schön intransparent.
Wie im Märchen
Drüben beim WDR-Rundfunkrat übrigens wollten einige Mitglieder diese Woche genau damit aufräumen. Sie hatten am Dienstag eine Sondersitzung durchgesetzt, über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und seinen Auftrag. Sondersitzungen sind sehr ungewöhnlich in dieser Gremienwelt. Sie bedeuten eigentlich immer, dass es gewaltig knirscht.
Die InitiatorInnen der Veranstaltung stehen weder dem CDU- noch dem SPD-Freundeskreis im Rundfunkrat nah, sondern wenn schon, dann den Grünen. Und haben harsche Kritik am – nach ihrer Sicht – zu sehr auf schnellen Netzerfolg schielenden digitalen Kurs von WDR-Chef Tom Buhrow. Doch der Hofstaat der CDU- und SPD-nahen Truppen hielten der Chefetage die Treue. Die Debatte wurde eher abgeblockt. Doch der Geist ist aus der Flasche, und das ganz öffentlich.
Womit wir wieder bei Tina Hassel wären. Sie soll beim ZDF vor allem antreten, um zu zeigen, dass sie der Intendantinnen-Krone würdig ist. Um dann 2025 beim WDR Tom Buhrow abzulösen. „Abgekartete Sache“, meint die Mitbewohnerin, „ganz wie im Märchen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei