Kritik an Sparrunden im Haushaltsentwurf: „Das bisherige Niveau reicht nicht“

Gerade für benachteiligte Familien braucht es nach der Pandemie mehr finanzielle Hilfen, sagt die Grünen-Abgeordnete Marianne Burkert-Eulitz.

Viele Kinder haben nach 1,5 Corona-Schuljahren besonderen Unterstützungsbedarf Foto: picture alliance/dpa | Christoph Soeder

taz: Frau Burkert-Eulitz, im kommenden Doppelhaushalt steigt das Budget für die Bereiche Bildung, Jugend, Familie von etwa 4,3 auf rund 5 Milliarden Euro. Sind Sie zufrieden?

Marianne Burkert-Eulitz: Na ja, da muss man sich die Details ansehen. Zudem ist der Bedarf an Unterstützung in den Familien und bei Kindern und Jugendlichen in der zurückliegenden Pandemie insgesamt gewachsen. Da weiß ich, dass viele Träger aus dem Bereich Familienberatung die Finanzierung sehr kritisch sehen. Da wird das bisherige Niveau finanziert, aber das reicht nicht.

Das bekommen Sie aus den Beratungsstellen gespiegelt?

Genau. Sowohl was den Bereich Kinderschutz angeht als auch die Familienberatung, die eher präventiv arbeitet.

Die Rechtsanwältin ist seit 2011 Mitglied im Berliner Abgeordnetenhaus und dort Sprecherin für Bildung, Kinder und Familie der Grünen-Fraktion.

Wo schmerzt Sie der Rotstift des Finanzsenators noch?

Bei Projekten, die aus dem Parlament noch in den Haushalt reinverhandelt wurden. Die Elternbegleitung wird zum Beispiel komplett gestrichen. Da geht es darum, dass armutsbelastete Familien unterstützt werden während der Grundschulzeit ihrer Kinder. Wir hatten da bisher Projekte in Spandau und in Neukölln, für die es viel positive Rückmeldung gab. Das Programm passt eigentlich prima zum Familienfördergesetz, das die Koalition ja kürzlich erst noch verabschiedet hat. Und die Pandemie hat ja zudem auch gezeigt, dass benachteiligte Familien noch mehr ins Hintertreffen geraten sind und jetzt gerade Unterstützung bräuchten.

Mehr Geld gibt es allerdings für Lernstandserhebungen in den Schulen und für gezielte Nachhilfeprogramme. Das war ja eine zentrale Forderung von Lehrkräften nach 1,5 Corona-Schuljahren – gerade auch mit Blick auf benachteiligte Kinder und Jugendliche.

Das stimmt, das muss man auch im Kontext mit dem Aufholprogramm des Bundes sehen – da ist ja die Prämisse, dass die Bundesgelder für solche Maßnahmen eingesetzt werden.

Bringt es denn das Nachhilfeprogramm, wenn im Jugend- und Familienhilfebereich gekürzt wird?

Der Bund finanziert ja auch im Jugendhilfebereich dazu. Aber Sie haben Recht: Man muss sehen, dass wir mit den Nachwirkungen der Pandemie länger beschäftigt sein werden als ein, zwei Jahre, für die es diese befristeten Mittel gibt. Die psychosozialen Folgen sind schwerwiegender. Dass es den Kindern psychisch gut geht, ist zudem ja auch eine Voraussetzung dafür, überhaupt lernen zu können.

Sehen Sie es so, dass wegen der schwierigeren Haushaltslage nach der Coronazeit nun insbesondere im Bereich Jugend und Familie gespart wird?

Der Haushalt wird final erst durch eine neue Koalition nach der Abgeordnetenhauswahl im Herbst ausgehandelt werden müssen – aber wenn dem so wäre, denn ist es der falsche Bereich zum Sparen. Im übrigen haben wir ja gehört, dass die wirtschaftlichen Einschnitte für Berlin doch nicht so groß sind, dass wir das nicht mittelfristig auffangen könnten. Pandemiebedingt ist viel investiert worden. Es wäre fatal, jetzt damit aufzuhören – insbesondere wenn es auf Kosten derjenigen geschieht, die durch die Schulschließungen einen der größten Beiträge dazu geleistet haben, dass die Pandemie eingedämmt werden konnte. Das sind wir dieser Generation schuldig, dass wir sie jetzt unterstützen.

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