Mutmaßlicher Rechtsterrorist vor Gericht: Franco A. gesteht Waffenbesitz

Der Ex-Offizier gibt zu, dass er drei weitere Waffen illegal besaß, darunter ein Sturmgewehr. Mit Anschlagsplänen habe das aber nichts zu tun gehabt.

Franco A. im Gerichtssaal

Franco A. vor Beginn der Verhandlung am Oberlandesgericht Frankfurt am Dienstag, 8. Juni Foto: Thomas Lohnes/dpa

FRANKFURT A. M. taz | Der wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat angeklagte Bundeswehroffizier Franco A. hat den illegalen Besitz von drei weiteren Waffen eingeräumt. Unter diesen Waffen sei auch das von der Bundeswehr verwendete Schnellfeuergewehr G3 gewesen, sagt A. vor dem Strafsenat des Oberlandesgerichtes in Frankfurt am Main. Franco A. sagte weiterhin, er habe sich der Waffen „entledigt“ und er wolle „über den weiteren Verbleib nichts sagen.“

Franco A. hatte sich 15 Monate lang als syrischer Geflüchteter ausgegeben. Die Ermittler werfen A. vor, er habe diese Identität benutzen wollen, um unter falscher Flagge einen Terroranschlag zu begehen, der den Hass gegenüber Geflüchteten weiter anstacheln sollte.

Sein Doppelleben war aufgeflogen, als er im Februar 2017 am Wiener Flughafen festgenommen wurde. Er hatte bei einem vorherigen Besuch dort eine Pistole in einer Toilette versteckt, die jedoch von einer Putzkraft entdeckt wurde. Die Polizei installierte daraufhin eine Falle, die A. auslöste, als er versuchte, sich die Waffe wieder zu beschaffen.

Diese Pistole mit sieben Schuss Munition war bisher die einzige Waffe, deren Besitz die Ermittler Franco A. zweifelsfrei nachweisen konnten. Auch A. selbst hat dies eingestanden. Für den Besitz des G3 und Waffen der Marken Browning und Landmann Preetz gab es keine wasserdichten Belege. Umso relevanter ist das Eingeständnis im Prozess. Darauf folgten Wortgefechte zwischen dem Vorsitzenden Richter und Franco A., in dem der Richter Zweifel an der Glaubwürdigkeit zentraler Aussagen von A. äußerte.

Was wollte A. bei der Amadeu-Antonio Stiftung?

Franco A. hatte keine Erlaubnis, die von ihm am Donnerstag genannten Waffen privat zu besitzen. Auf mehrfache Nachfragen des Gerichts, seit wann er diese Waffen besessen habe, wollte oder konnte sich Franco A. erst nicht erinnern, sagte aber dann, dies sei spätestens Mitte 2016 der Fall gewesen.

Auf diese Weise kam auch heraus, dass Franco A. diese drei Waffen besaß, als er im Sommer 2016 in der Tiefgarage des Gebäudes auftauchte, in dem die in Berlin ansässige Amadeu-Antonio Stiftung ihren Sitz hat. Die Stiftung setzt sich unter anderem gegen Rechtsextremismus und Rassismus ein.

Franco A. blieb bei seiner Darstellung, er habe das Gebäude aufgesucht, um mit Anetta Kahane, der Vorsitzenden der Stiftung, zu reden. Zwei Frauen hätten ihm gesagt, Kahane wäre nicht da. Daraufhin sei er in die Tiefgarage gegangen, um sie eventuell dort abzupassen.

Der Name von Kahane steht auf einem Zettel, der bei Franco A. gefunden wurde, zudem finden sich dort die Namen anderer Personen des öffentlichen Lebens wie der des heutigen Bundesaußenministers Heiko Maas (SPD) und der der Grünen-Politikerin Claudia Roth. Die Bundesanwaltschaft hält diese Personen für potenzielle Anschlagsziele. Als der Vorsitzende Richter nachfragte, wo die Waffen zu diesem Zeitpunkt waren, sagte Franco A: „Woanders. Nicht in Berlin.“

Die Waffen will A. als Krisenvorsorge verstanden wissen

Das Gericht versuchte durch Nachfragen auch herauszufinden, wo Franco A. das G3 und die anderen beiden Waffen gelagert hat. Er sagte, er habe Teile der Waffen im Keller seines Wohnhauses in Offenbach gelagert. Und: „Normalerweise lagert man Waffen und Munition nicht zusammen“

In eben jenem Keller hatten die Ermittler über 1.000 Schuss Munition und Sprengsätze gefunden. Franco A. war es wichtig, festzustellen, dass „75 Prozent der Munition nicht lethal“ waren. Die Sprengsätze sind zudem meist solche für Übungs- und Vernebelungszwecke. Damit bleiben allerdings noch über 200 Schuss tödliche Munition. Unter diesen Patronen waren, wie A. am Donnerstag zugab, auch solche für das G3.

Zu den Gründen für das Horten von Waffen und Munition sagte A., er habe im Wesentlichen das Zuspitzen zweier Krisen befürchtet und sich darauf vorbereiten wollen: Erstens einen Konflikt zwischen westeuropäischen Staaten und Russland. Zweitens einen Konflikt mit vom Islamischen Staat angeheuerten islamistischen Kämpfern. A. zitierte im Gerichtssaal Pressetexte unter anderem des Spiegel und des britischen Telegraph, um zu belegen, dass seine Befürchtungen nach der Ankunft vieler Geflüchteter aus Syrien in Deutschland und Westeuropa weit verbreitet waren.

Um sich auf solche Krisen vorzubereiten, habe er sich auch der Chatgruppe Süd angeschlossen. Diese Gruppe war Teil eines Netzwerks, in dem sich unter anderem auch Soldaten und Polizisten zusammenfanden, um sich auf den Tag X vorzubereiten. Gegründet hat dieses Netzwerk der ehemalige KSK-Soldat André S., Deckname Hannibal.

A. scheint andere zu schützen

Der Vorsitzende Richter fragte nach, ob Franco A. die Sichtweisen von damals immer noch teile. A. sagte, das könne er in dem Maße nicht mehr, weil sich die Voraussagen nicht bewahrheitet hätten, aber völlig ausgeräumt seien seine Befürchtungen auch heute nicht.

Die Waffen will Franco A. „teilweise vor Wien, teilweise danach“ wieder losgeworden sein, also vor seiner Festnahme auf dem Flughafen. Was damit geschehen sei, könne er nicht sagen. „Wollen Sie nicht oder können Sie nicht“, fragte der Vorsitzende Richter. A. antwortete, er wolle nicht.

Die Aussagen von Franco A. könnten drauf hinweisen, dass er versucht, andere Personen, die Waffen für ihn beschafft haben, zu schützen. Das gilt auch für die Pistole vom Flughafen, die er in Wien beim Pinkeln in einem Busch gefunden haben will. Diese Erklärung steht jedenfalls im Vernehmungsprotokoll der österreichischen Polizei, das der taz vorliegt.

Vor Gericht versucht A. eine Wiederholung dieser Erklärung zu vermeiden. Er gibt vor Gericht auch zu, dass diese Schilderung unglaubwürdig erscheint, er führt aber auch nicht aus, wie er sonst zu der Pistole gekommen ist. Die Bundesanwaltschaft glaubt, er habe sie in Paris gekauft und nach Wien gebracht, um dort eventuell einen Anschlag unter seiner falschen Identität als syrischer Geflüchteter zu begehen.

Franco A. versuchte am Donnerstag, die Rich­te­r:in­nen des Strafsenats davon zu überzeugen, er habe Waffen und Munition allein in Vorbereitung auf eine der von ihm geschilderten Krisen gehortet und nicht für Anschläge.

Seine Anwälte schritten auch bei verbalen Scharmützeln mit dem Vorsitzenden Richter kaum ein, um ihren Mandanten zu schützen. Als der Vorsitzende Richter Franco A. fragte, ob die drei Waffen und die vergleichsweise wenige tödliche Munition nicht zu wenig sei, um eine Invasion von Islamisten abzuwehren und eher dafür geeignet, einen Anschlag durchzuführen, sagte A. beispielsweise: „Für einen Anschlag brauche ich doch nur eine Pistole.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Mit der taz Bewegung bleibst Du auf dem Laufenden über Demos, Diskussionen und Aktionen gegen rechts.

Hier erfährst du mehr

Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.