Neue Regierung in Israel: Es muss funktionieren

Ein Bündnis von Ultrarechten, Feministinnen und Muslimen will Benjamin Netanjahu ablösen. Die neue Koalition könnte das Land endlich befrieden.

Jair Lapid unterhält sich in einem Raum mit Gardinen Naftali Bennett

Im Gespräch: Jair Lapid (r.) mit seinem neuen Partner Naftali Bennett in Ramat Gan am Donnerstag Foto: Yesh Atid Handout/dpa

Benjamin Netanjahu müssen die Nackenhaare stramm gestanden haben bei dem Anblick der drei Männer, die am Mittwochabend den Koalitionsvertrag unterzeichneten. Da sitzt Jair Lapid mit seinen neuen Partnern Naftali Bennett, ein ultrarechter Politiker, der wie kein anderer den Siedlungsbau im Westjordanland vorantreibt, und Mansour Abbas, streng religiöser Muslim und Antizionist, gemeinsam an einem Tisch.

Wie soll das nur funktionieren, fragt man sich. Nach all den Jahren der von staatlicher Seite forcierten Hetze gegen die Minderheit, nach all den Jahren wachsender Diskriminierung und nach den jüngsten Straßenkämpfen zwischen jüdischen und arabischen Israelis. Das schwierige Bündnis ist auf Netanjahus eigenem Mist gewachsen. Gerade jetzt muss es funktionieren. Gerade jetzt müssen sich die vernünftigen Kräfte zusammentun, um das Land zur Ruhe zu bringen. Wenigstens innenpolitisch.

Die gute Nachricht ist, dass Netanjahu sehr wahrscheinlich und diesmal endgültig von der politischen Landkarte verschwindet, dass er sich den RichterInnen stellen muss, um ein gerechtes Urteil zu bekommen. Die zweite gute Nachricht ist, dass in der nächsten Koalition die ultraorthodoxen Parteien – zwei Listen, die aus Prinzip keine Frauen aufstellen – sehr wahrscheinlich keine Rolle mehr spielen werden.

Das ist eine Chance, um der ungerechten Verteilung von Rechten und Pflichten im Land ein Ende zu machen, um auch die frommen Männer und Frauen zum Militärdienst und zur Integration in den Arbeitsmarkt zu verpflichten und damit dazu, ihren Teil in die staatlichen Kassen zu zahlen. Und sich an die Regeln zu halten, die für alle anderen auch gelten.

Zur Kooperation gezwungen

Die beste Nachricht aber ist, dass die bislang gegnerischen Lager zur Kooperation gezwungen sind, wenn das Projekt gelingen soll. Dazu müssen sie sich erst einmal kennenlernen und einander zuhören. Dem frommen Muslim Mansour Abbas dürfte es recht seltsam anmuten, wenn er Merav Michaeli reden hört. Die Chefin der Arbeitspartei gendert auf eigene Art: Sie spricht ausschließlich in der weiblichen Form, und das sind im hebräischen Substantiv, Verb und Adjektiv.

Auch umgekehrt wird es den ein oder anderen Lerneffekt geben. Mauern einreißen, stabile Regierungsverhältnisse schaffen, das ist das Ziel. Wenn Lapids PartnerInnen eine friedliche Zusammenarbeit gelingt, dann schaffen es die anderen Israelis vielleicht auch.

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1961 in Berlin geboren und seit 2021 Co-Leiterin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

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