Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: EU gegen AstraZeneca vor Gericht

Die EU-Komission streitet mit dem Impfstoffhersteller wegen Lieferverzögerungen. Belgien verimpft das Johnson & Johnson-Vakzin nach einem Todesfall nur noch an Ältere.

AstraZeneca Impfstof-Fläschchen mit Kanüle auf EU Symbol

Vor Gericht: EU-Kommission gegen AstraZeneca wegen fehlender Impfstofflieferungen Foto: Dado Ruvic/reuters

Rechtsstreit um AstraZeneca vor Gericht

Nach der Klage der EU-Kommission gegen AstraZeneca wegen fehlender Impfstofflieferungen haben beide Seiten ihren Streit am Mittwoch vor einem Brüsseler Gericht ausgetragen. Die Richter sollen über eine von der EU-Kommission beantragte einstweilige Verfügung entscheiden. Ziel ist nach Angaben der Brüsseler Behörde die schnelle Lieferung von Millionen weiterer Impfdosen. Wann das Gericht entscheidet, war zunächst offen.

Die EU-Kommission hatte 300 Millionen Dosen Corona-Impfstoff von dem britisch-schwedischen Unternehmen bestellt und setzte auf Lieferungen bis Ende Juni. Doch gingen im ersten Quartal nur 30 Millionen statt 120 Millionen Impfdosen an die 27 EU-Staaten. Für das zweite Quartal werden anstelle der vereinbarten 180 Millionen nur 70 Millionen Dosen erwartet. Insgesamt käme man so nur auf ein Drittel der vereinbarten Menge. Die Firma macht Produktionsprobleme geltend.

Aus Sicht der EU-Kommission verstößt der Hersteller gegen einen Rahmenvertrag vom August 2020. Das Unternehmen weist dies zurück. Der Vertrag enthält die umstrittene Klausel, die Firma müsse „best reasonable efforts“ zur Erfüllung der Zusagen unternehmen – zu Deutsch in etwa „alle vernünftigen Anstrengungen“. AstraZeneca argumentiert, das habe man eingehalten; die EU-Kommission sieht das anders.

Der zweite Knackpunkt: AstraZeneca sichert im Vertrag zu, dass keine anderen Verpflichtungen gegenüber Dritten der Erfüllung entgegenstehen. Die EU-Kommission wirft dem Unternehmen jedoch vor, Großbritannien bevorzugt bedient zu haben. Großbritannien war von AstraZeneca-Lieferproblemen weniger betroffen. (dpa)

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Belgien stoppt Impfungen mit Johnson&Johnson-Vakzin

Belgien setzt die Corona-Impfung von Menschen unter 41 Jahren mit dem Vakzin von Johnson&Johnson nach einem Todesfall aus. Dies gelte, bis eine umfangreichere Nutzen-Risiko-Analyse der EU-Arzneimittelbehörde EMA vorliege, teilt das Gesundheitsministerium mit. Grund sei der Tod einer jüngeren Frau, die am vergangenen Freitag an einer schweren Thrombose nach einer Impfung mit dem Vakzin des US-Pharmakonzerns gestorben war.

Eine Frau zieht eine Spritze mit dem Johnson & Johnson Vakzin auf

Menschen unter 41 Jahren werden in Belgien nicht mehr mit dem Johnson&Johnson-Vakzin geimpft Foto: Virginia Mayo/ap

In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) den Einsatz des Vakzins ähnlich wie bei dem Mittel von AstraZeneca in der Regel nur für Menschen ab 60 Jahren wegen des Risikos sehr seltener, aber ernsthafter Hirnvenenthrombosen. Die EMA hatte dem J&J-Impfstoff nach einer Überprüfung wegen der Thrombosefälle und einer Risiko-Nutzen-Abwägung grünes Licht gegeben. Der Johnson&Johnson-Impfstoff wurde bisher in Deutschland kaum verbareicht. (rtr)

Weltärztebund-Chef eher gegen Corona-Impfung für Kinder

Weltärztebund-Präsident Frank-Ulrich Montgomery hat sich gegen eine Empfehlung für eine Corona-Impfung von Kindern zum jetzigen Zeitpunkt ausgesprochen. „Gegenwärtig gibt es noch zu wenig Daten, die Aussagen über das Risiko der Corona-Impfung bei Kindern zulassen“, sagt Montgomery den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Klar sei aber, dass der Krankheitsverlauf bei Kindern deutlich geringer und weniger gefährlich sei als bei Erwachsenen oder Betagten. Deswegen habe die Ständige Impfkommission (Stiko) Recht, wenn sie angesichts dieser beiden Fakten bisher keine Impfung bei Kindern empfehle. Letztlich könnte die Studienlage auch ergeben, dass das Risiko einer Impfung von Kindern größer sei als das einer Erkrankung in dieser Altersgruppe. „Dann wird man sogar von der Impfung abraten müssen.“ Im Gegenzug müsse der Impfschutz in allen anderen Altersgruppen verbessert werden. (rtr)

Viele Deutsche wollen im Homeoffice bleiben

Rund 58 Prozent der Deutschen plädieren für eine strenge Homeoffice-Pflicht für geeignete Tätigkeiten, bis die Coronakrise vorbei ist. Wie aus einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom weiter hervorgeht, möchten 51 Prozent der Berufstätigen auch nach der Pandemie gern ganz oder teilweise im Homeoffice arbeiten.

„Die Coronakrise hat gezeigt, dass flexibles Arbeiten die Qualität der Arbeitsergebnisse nicht schmälert – im Gegenteil“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. Unabhängig von Zeit und Ort zu arbeiten, könne allen Seiten Vorteile bringen. Arbeiteten 2020 rund 45 Prozent der Berufstätigen im Homeoffice, waren es laut Bitkom Ende Mai 58 Prozent. Etwa 62 Prozent der Befragten sagten, ihre Firma fördere mobiles Arbeiten. Jedes dritte Unternehmen übe jedoch auch Druck auf Angestellte aus, nicht ins Homeoffice zu gehen. (rtr)

Spahn für Impfung von Kindern

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn spricht sich für eine Einbindung von Kindern und Jugendlichen in die Impfkampagne auch ohne eine allgemeine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) aus. Die Stiko gebe eine Empfehlung, sagt der CDU-Politiker den Sendern RTL und ntv. „Im Lichte dieser Empfehlung können dann die Eltern mit ihren Kindern, den Ärztinnen und Ärzten die konkrete Entscheidungen treffen, ob jemand geimpft wird oder nicht.“ Dies sei eine individuelle Entscheidung.

Natürlich gebe es bei jungen Menschen seltener schwere Krankheitsverläufe, aber eben auch Fälle von Long Covid. Eine Frage sei auch, wie viel mehr Alltag möglich werde mit einer Impfung. Eine Impfung als Voraussetzung zur Teilnahme am Präsenzunterricht lehnt Spahn ab. „Ich sehe nicht, dass wir eine verpflichtende Impfung haben werden für den Schulbesuch.“ (rtr)

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Foto: Stefanie Loos/reuters

Inzidenz so niedrig wie seit Herbst nicht mehr

In Deutschland ist die Sieben-Tage-Inzidenz erstmals seit Oktober wieder unter den Wert von 50 gesunken. Sie liege nun bei 46,8, teilte das Robert-Koch-Institut (RKI) am Mittwoch mit. Am Vortag betrug der Wert noch 58,4. Binnen 24 Stunden meldeten die Gesundheitsämter 2.626 Neuinfektionen mit dem Coronavirus, das sind 8.414 Fälle weniger als eine Woche zuvor. 270 weitere Menschen starben in Zusammenhang mit dem Virus. Vor einer Woche waren es 284. Allerdings weist das RKI darauf hin, dass wegen des Pfingstmontags weniger Menschen einen Arzt oder eine Ärztin aufgesucht haben und damit weniger Tests vorgenommen wurden. Die Zahlen sind damit schwer vergleichbar.

Zuletzt hatte die Sieben-Tage-Inzidenz am 20. Oktober 2020 mit 48,6 unter der Marke von 50 gelegen. Sie gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Ein­woh­ne­r:in­nen sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben.

Thüringen ist mit einer Inzidenz von 70,3 das Bundesland mit dem höchsten Wert. Am niedrigsten ist sie in Mecklenburg-Vorpommern mit 23,5. Einen Wert von über 50 weisen Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Thüringen auf. Liegt die Inzidenz unter 50, dürfen weitere Corona-Beschränkungen gelockert werden. (rtr)

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Insider: Stiko eher gegen Kinder-Impfung

In der Ständigen Impfkommission (Stiko) wird derzeit wohl eher nicht damit gerechnet, dass das Gremium eine allgemeine Impfempfehlung für alle älteren Kinder und Jugendlichen abgeben wird. Das Kommissionsmitglied Rüdiger von Kries sagte am Dienstagabend in der Sendung „RBB-Spezial“, momentan wisse man kaum etwas über die Nebenwirkungen von Corona-Impfungen bei Kindern. „Bei unklarem Risiko kann ich zur Zeit noch nicht vorhersehen, dass es eine Impfempfehlung für eine generelle Impfung geben wird.“

Die Ge­sund­heits­mi­nis­te­r:in­nen von Bund und Ländern streben an, Kindern und Jugendlichen ab zwölf Jahren bis Ende August ein Impfangebot zu machen – über die Umsetzung wollen am Donnerstag auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen beraten. Der Hersteller Biontech/Pfizer hat eine Zulassung seines Präparats ab zwölf Jahren bei der europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) beantragt. Die Ständige Impfkommission (Stiko) behält sich aber eigene Klärungen für eine mögliche Impfempfehlung vor.

Das Ziel der Herdenimmunität sei zwar weiterhin vorhanden, erklärte Kries, der eines der 18 Stiko-Mitglieder und in München Professor für Kinderepidemiologie ist. Aber Herdenimmunität dürfe nicht das primäre Ziel für Impfungen von Kindern sein: „Kinderimpfungen macht man, damit die Kinder davon profitieren können, damit den Kindern schwere Krankheiten erspart bleiben, ohne dass sie ein Risiko eingehen.“ Man könne Herdenimmunität viel besser erreichen, wenn man sich um die 40 Millionen kümmere, die noch nicht geimpft seien. Diese würden zudem sehr viel mehr von den Impfungen profitieren als die Kinder.

Der Berlin-Reinickendorfer Amtsarzt Patrick Larscheid sagte dem RBB dazu: „Wer zwei und zwei zusammenzählen kann, rechnet damit, dass es keine allgemeine Impfempfehlung von der Stiko für diese Altersgruppe geben wird.“ Die derzeitigen Pläne von Massenimpfungen würden dadurch zerschlagen. Vielmehr werde es vermutlich eine Indikationsimpfung geben, bei der nur schwer kranke Kinder je nach individuellem Risiko geimpft würden. (dpa)

USA: Hälfte der Erwachsenen voll geimpft

In den USA ist inzwischen die Hälfte der rund 260 Millionen Erwachsenen vollständig gegen das Coronavirus geimpft. „Das ist ein großer Erfolg, Leute“, schrieb US-Präsident Joe Biden am Dienstagabend (Ortszeit) auf Twitter. Seine Sprecherin Jen Psaki verwies zudem darauf, dass bei Bidens Amtsantritt am 20. Januar erst ein Prozent der Erwachsenen vollständig geimpft gewesen sei. „Das ist auf jeden Fall eine bedeutende Entwicklung“, lobte Psaki. Die Corona-Impfkampagne hatte in den USA Mitte Dezember begonnen.

Die 50-Prozent-Marke wurde am Dienstag erreicht, wie Daten der US-Gesundheitsbehörde CDC zeigten. Knapp 62 Prozent der Erwachsenen im Land, rund 160 Millionen Menschen, haben bislang mindestens eine Impfdosis erhalten. Unter den Se­nio­r:in­nen liegt die Impfquote noch höher: Rund 85 Prozent der Menschen ab 65 Jahren haben mindestens eine Impfdosis bekommen, rund 74 Prozent sind vollständig geimpft. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung von 330 Millionen liegt die Quote der vollständig Geimpften in den USA nun bei rund 40 Prozent.

In den Vereinigten Staaten wird neben den Impfstoffen von Moderna und Biontech/Pfizer, bei denen zwei Dosen gespritzt werden, auch der Impfstoff von Johnson & Johnson eingesetzt, der bereits nach einer Dosis seine volle Wirkung entfaltet. Das Präparat von Biontech/Pfizer ist in den USA inzwischen auch für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren zugelassen, die übrigen Präparate dürfen bislang nur Erwachsenen verabreicht werden.

Biden hat das Ziel ausgegeben, bis zum Unabhängigkeitstag am 4. Juli sollten rund 70 Prozent aller rund 260 Millionen Erwachsenen im Land mindestens die erste Impfung erhalten haben. Die USA haben sich genügend Impfstoff gesichert. In Tausenden Apotheken und auch vielen kommunalen Stellen sind bereits Impfungen ohne Terminvergabe möglich. (dpa)

Lambrecht fordert schnelle Rückkehr zu Präsenzunterricht

Kurz vor dem Impfgipfel von Bund und Ländern mahnt Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht (SPD) eine schnelle Rückkehr zum Präsenzunterricht an den deutschen Schulen an. „Wir müssen alles dafür tun, damit Schülerinnen und Schüler so schnell wie möglich zum regulären Unterricht zurückkehren zu können“, sagt Lambrecht der Rheinischen Post (Mittwochausgabe).

Sie setze darauf, dass noch im Sommer ein Impfstoff für Kinder und Jugendliche zugelassen werde und den Schülern sehr schnell ein Impfangebot gemacht werden könne. Aktuelle Studien zeigten, wie sehr gerade Schulkinder durch die Pandemie psychisch belastet seien. (rtr)

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