Rechtsextremismus in Deutschland: Schwelbrände sind gefährlich

Es ist Sommer in Deutschland. Wie ein Feuer an einer Synagoge und die Wahl in Sachsen-Anhalt zeigen, besteht nicht nur in Wäldern erhöhte Brandgefahr.

Verkohlte Bäume vor einer kargen Berglandschaft

Kleiner Waldbrand in der Nähe von McHugh Creek in Alaska im Jahr 2016 Foto: Imago

Es ist wieder Sommer in Deutschland, endlich. Es ist ein paar Wochen her, als ein Meteorologe im Fernsehen vor dem Wetterbericht von „Zombiefeuern“ in der Arktis erzählt. Das sind Bodenbrände, die den ganzen Winter weiterschwelen, sogar unter Schnee und Eis.

Wenn der Schnee schmilzt, brechen die Feuer an der Oberfläche wieder aus, oft an ganz anderen Stellen, als dort, wo sie ursprünglich wüteten. Diese Feuer sind gefährlich. Sie entstehen nicht einfach so, „es muss bereits große Brände in den vergangenen Jahren gegeben haben und die müssen sich tief in die Böden eingebrannt haben“, sagt eine Forscherin dazu.

Es ist wieder Sommer in Deutschland und es brennt auf der Haut, der Sonne wegen, vielleicht werden die Schultern doch etwas zu rot, zum Glück gibt es Sonnenmilch mit Lichtschutzfaktor 30, „crem dich gut ein und setz dir eine Kopfbedeckung auf“, sagt Ma dazu.

Außerdem brennen im Kiez wieder mehr Zigaretten, der guten Gesellschaft wegen, vielleicht sind die Gemüter noch etwas zu erschöpft, zum Glück gibt es Außengastro und laue Abende, „man muss das Leben genießen, solange man kann“, sagte einer dazu, als er noch konnte. Ich habe mir die ersten Mückenstiche mit Tigerbalsam eingerieben, aus Versehen reibe ich mir danach die Augen, auch das brennt, vielleicht ist die Konzentration weiterhin im Eimer, zum Glück gibt es Tränen, „wie dumm bist du eigentlich“, sage ich zu mir selbst.

Kleine Brände entstehen aus großen

Es ist wieder Sommer in Deutschland und in Ulm hat am Samstag eine Synagoge gebrannt, ganz kurz, nur an einer Ecke, die Polizei nennt das einen „geringen Schaden“, es brannte wegen eines Unbekannten, der eine Flüssigkeit an das Gebäude gekippt und angezündet hat, vielleicht wurde der Rußfleck schon entfernt, zum Glück gab es einen Zeugen, der die Feuerwehr rief und zum Glück gibt es die Feuerwehr, die das Feuer löschte, „Brandsätze gegen Synagogen zu werfen ist widerwärtig“, sagte der Innenminister von Baden-Württemberg.

Es ist wieder Sommer in Deutschland, in Sachsen-Anhalt kommt eine Partei von Rechtsextremen auf ein Ergebnis von 20,8 Prozent, 23 Mandate, weniger als befürchtet, vielleicht atmen jetzt manche beruhigt aus, „hätte schlimmer kommen können“, sagen sie im Internet. Zum Glück gibt es eine widerständige Demokratie, zum Glück gibt es das Streben nach vollständiger Entnazifizierung, zum Glück gibt es den Verfassungsschutz, die Polizei und einen Rechtsstaat, den Satz „Nie wieder!“ und einen Konsens, dass Rassismus und Antisemitismus in Deutschland keinen Platz haben. Oder?

Vor dem Bücherstapel neben meinem Bett brennt abends ein Teelicht, das dritte Buch von oben ist „Little fires everywhere“ von Celeste Ng. Es ist Sommer in Deutschland und manche Feuer entstehen nicht einfach so. Es muss bereits große Brände gegeben haben, tief eingebrannt in die Böden.

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Lin Hierse ist Redakteurin der wochentaz und Schriftstellerin. Ihr erster Roman 'Wovon wir träumen' erschien 2022 bei Piper. Zuletzt wurden ihre Kurzgeschichten in Das Wetter Buch für Text und Musik und Delfi Zeitschrift für Neue Literatur veröffentlicht.

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