Kein-Kontakt-Sport Tischtennis: Die Platte bleibt besetzt
Tischtennis ist ein Gewinner der Pandemie. Die Geschichte eines Freizeitsports, der plötzlich wieder da ist – weil er nie wirklich weg war.
Kinder der 1990er bestaunen seit einiger Zeit, wie ein Sport ihrer Kindheit ein Comeback feiert. Oder war er überhaupt weg? Jedenfalls scharen sich in Parks und auf Spielplätzen bis spät in die Nacht Menschen um Steinplatten: Alle spielen Tischtennis.
Früher hatten wir, wie so viele andere, eine Platte zu Hause. Sie wurde beim ersten Sonnenschein aufgebaut und blieb auch bei Regen und Schnee zu oft draußen stehen. In der Schule gab es in jeder Pause Streit um die eine Tischtennisplatte, und irgendein Ball wurde immer über das Netz geschlagen. Darauf folgten die Jahre, in denen die kalten Betonplatten in der Öffentlichkeit vor allem genutzt wurden, um darauf Bier zu trinken. Das Spielerische des Sports, bei dem Technik vor Kraft geht, war nicht mehr cool.
Und heute? In der ganzen Stadt, im ganzen Land spielen die Leute seit Corona wieder den Kein-Kontakt-Sport. Selbst an einem regnerischen Tag stehen in Berlin-Neukölln Menschen mit Schläger in der Hand Schlange.
Darunter ist auch Christiane, sie trägt den Dresscode des Bezirks, einen klassischen Sportanzug, der an der Tischtennisplatte aber plötzlich professionell wirkt. Christiane ist langjährige Spielerin. Für sie hat Corona nur einen Trend verstärkt, den es schon vorher gab. Christiane muss jetzt öfter warten, bis die Platte frei wird. Das ist nicht ihr größtes Problem: „Im letzten Jahr war der Andrang auf jeden Fall nicht so schlimm wie das schlechte Wetter.“
Zwischen Retro-Charme und wachsendem Markt
Tatsächlich lässt sich eine steigende Beliebtheit nachweisen. Ein großer Onlinehändler verkaufte 65-mal mehr Schläger als im Vorjahr, der Absatz an Tischtennisplatten hat sich verdreifacht. Inzwischen sieht man zudem alle möglichen Gadgets an den Platten, etwa mobile Klemmlampen für nächtliche Partien. Der Weltverband reagiert auf den größeren Markt, indem er bunte Variationen des bisher einheitlich schwarz-roten Schlägerdesigns erlaubt. Und auch die brutalistischen Betonplatten versprühen schon lange einen Retro-Charme von Bodenständigkeit und inklusiver Stadtplanung.
In der Pandemie war die Tischtennisplatte ein öffentlicher Treffpunkt und eine Möglichkeit, Freunde zu sehen, sich etwas zu bewegen. Doch auch jetzt, da Biergärten und Cafés wieder öffnen, sind die Steinplatten ständig belegt.
Corona geht hoffentlich langsam vorbei. Die neue alte Freude am Tischtennis bleibt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!