Antisemitischer Shitstorm auf Facebook: Opfer statt Täter gesperrt

Hamburger Mitglieder der Deutsch-Israelischen Gesellschaft wurden Opfer eines antisemitischen Shitstorms. Facebook half zunächst nicht – im Gegenteil.

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg spricht bei einer Entwicklerkonferenz

Shit happens: Facebook-Gründer Mark Zuckerberg bei einer Entwicklerkonferenz 2017 Foto: dpa/Andrej Sokolowdpa | Andrej Sokolowdpa | Andrej Sokolow

HAMBURG taz | Nach einem antisemitischen Shitstorm sind die Facebook-Profile von Mitgliedern der Deutsch-Israelischen Gesellschaft am 2. April deaktiviert worden. Diese hatten zusammen mit anderen auf Facebook die Seite „Emanzipatorische Linke.Shalom Hamburg“ betrieben und dort zu einer Online-Veranstaltungsreihe aufgerufen. Diese richtete sich gegen Verschwörungstheorien und Antisemitismus und behandelte den gesellschaftlichen Umgang damit. Sie wurde in Kooperation mit dem Jüdischen Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus organisiert.

Der Verschwörungstheoretiker Atilla Hildmann wurde auf die Veranstaltungsreihe aufmerksam und griff die In­itia­to­r:in­nen in seinem Telegram-Kanal antisemitisch an. Dabei leugnete er die Schoah, bezeichnete die Emanzipatorische Linke als „Juden-Jugend“ und behauptete, das verdeckte Ziel der Coronapandemie sei die Errichtung einer jüdischen Weltdiktatur. Er verlinkte die Seiten der In­itia­to­r:in­nen und der Emanzipatorischen Linken und rief zu einem „Blitzkrieg gegen diese Untermenschen“ auf. Hildmanns Hetze führte zu einem Shitstorm seiner Fol­lo­wer:­in­nen auf den verlinkten Seiten.

Überraschenderweise sperrte Facebook dann nicht Hildmanns Seite, sondern die der „Emanzipatorischen Linken.Shalom Hamburg“ sowie die Seiten der vom Shitstorm betroffenen Initiator:innen. Darunter waren Sarah Rambatz und Alexander Will. Rambatz war 2017 in Hamburg durch radikal antideutsche Äußerungen aufgefallen und im Zuge dessen von ihrem Listenplatz für die Bundestagswahl bei der Linken zurückgetreten.

Facebook nannte zunächst keine Gründe für die Sperrungen. Rasch mobilisierten die Betroffenen online Proteste dagegen. Vier Tage später waren die Seiten wieder zugänglich. Für Facebook-Verhältnisse ist das zügig. Facebook räumte den Betroffenen gegenüber Fehler ein. Das Netzwerk wolle zukünftig Vorkehrungen treffen, dass ein derartiger Vorfall sich nicht wiederhole.

Die Emanzipatorische Linke ging davon aus, dass der Facebook-Algorithmus „einknickte“, nachdem die Seiten vom Shitstorm der zahlreichen Anhängern Hildmanns aufgesucht wurden. Der taz sagte Facebook, dass es an einem False-Positive-Fehler gelegen habe: Der Algorithmus der Plattform habe aufgrund von Schlagworten in der Veranstaltungsbeschreibung diese als verschwörungstheoretischen Inhalt eingeordnet.

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