Gewalt in Nahost: Netanjahu hat sich verrechnet

Israel kann sich nicht länger darauf verlassen, dass die Palästinenser gespalten sind und damit der Friedensprozess nicht möglich. Abbas lässt wählen.

Ein Demonstrant verbrennt Reifen

Zusammenstöße zwischen Palästinensern und israelischen Soldaten am Checkpoint Huwwara Foto: dpa

Wer die Gewalt schüren will zwischen Israel und den PalästinenserInnen, der greife sich Jerusalem. Die „ewig ungeteilte jüdische Hauptstadt“, so der amtierende Regierungschef Benjamin Netanjahu, muss nicht zum ersten Mal herhalten für politische Interessen, die weit über die Stadtgrenzen reichen.

In Jerusalem, im von der Fatah kontrollierten Westjordanland und im von der Hamas regierten Gazastreifen wird gekämpft. Anlass war vermutlich die Schließung des Damaskustors, des Haupttors zur Jerusalemer Altstadt, ausgerechnet an Ramadan. Hinzu kommt ein weiterer Rechtsruck bei den jüngsten Wahlen in Israel.

Entscheidend dürfte jedoch die Ansage Israels gewesen sein, dass die im Mai geplanten palästinensischen Wahlen nicht auch in Ostjerusalem stattfinden dürfen. Grund dafür wiederum ist nicht nur das Argument der „ewig ungeteilten, jüdischen Hauptstadt“, sondern mit dem Verbot der Wahlen in Ostjerusalem verschafft Israel Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ein Alibi, um die Wahlen erneut aufzuschieben. Überall oder gar nicht, wäre sein Argument. Nur zu gern würde Abbas gerade jetzt, wo seine Fatah in drei separate Listen zerfällt, zum Rettungsring greifen.

Für Israel ist die aktuelle palästinensische Spaltung von Vorteil. Zwei – noch dazu miteinander verfeindete – Gegner sind leichter zu kontrollieren als einer. Dazu kommt, dass man der internationalen Forderung, den Friedensprozess wiederaufzunehmen, mit der Frage begegnen kann, mit welchem der beiden kleinen Palästinas man denn nun Frieden verhandeln solle. Eine palästinensische Regierung, möglicherweise gar eine Große Koalition mit Mandat für das Westjordanland und den Gaza­streifen, würde dem Argument den Garaus machen.

Netanjahus Plan scheint dieses Mal nicht aufzugehen. Palästinenserpräsident Abbas kann sich eine Verschiebung der Wahlen nicht leisten, sie käme einer Kapitulation gleich – zumal die Hamas Wahlkampf mit Raketen führt. Und jeder weitere Tag gewalttätiger Zusammenstöße bringt die Hamas einem Wahlsieg näher.

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1961 in Berlin geboren und seit 2021 Co-Leiterin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

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