Studien zu Klima und Regenwald: Die grüne Lunge kollabiert

Die Klimaschutz-Funktion des Amazonas-Regenwalds steht auf der Kippe, zeigen Studien. Landrechte für Indigene könnten die beste Strategie sein.

Ein Wald brennt in Brasilien

Übel fürs Klima: Brandrodung in Brasilien Foto: Fernando Bizerra Jr/EFE/imago

Berlin taz | Vorbei ist es mit dem natürlichen Klimaschutz: Der Amazonas-Regenwald heizt den Klimawandel wahrscheinlich mittlerweile an – statt ihn durch die Bindung von Kohlenstoff vor allem zu bremsen. Zu diesem Fazit sind Wis­sen­schaft­le­r:in­nen in einer Studie gekommen, die gerade im Fachmagazin Frontiers in Forests and Global Change erschienen ist. Die bisherige Erhitzung, Trockenheit, Schädlingsbefall, Waldbrände und Abholzung haben dem Regenwald so zugesetzt, dass seine Speicherfunktion für Kohlenstoff nachgelassen hat.

Auch andere Treibhausgase und Effekte auf dem Gebiet des Amazonas spielen aber eine Rolle: Bei Bränden geht nicht nur der vormals in den Bäumen gespeicherte Kohlenstoff als CO2 in die Luft, sondern es entsteht auch Ruß. Der führt zu einer stärkeren Absorption von Sonnenlicht und damit zu einer weiteren Erhitzung. Beim Trockenlegen von Feuchtgebieten wird zudem Lachgas frei. Und der Bau von Stauseen führt zu mehr Methan.

„Wir haben uns das gesamte System des Amazonas angeguckt und versucht, mehr als nur Kohlendioxid zu berücksichtigen“, sagt Leitautor Kris Covey, Umweltwissenschaftler am Skidmore College im US-Bundesstaat New York. „Wir haben erstmals die gemeinsame Wirkung dieser Faktoren ausgewertet und es wurde deutlich, dass der Amazonas-Regenwald nicht den Klimanutzen liefert, den wir vom weltgrößten Regenwald erwarten.“

Auch eine im Fachmagazin Nature Climate Change erschienene Analyse der bloßen CO2-Bilanz von Wäldern weltweit hatte allerdings kürzlich ergeben, dass zumindest der brasilianische Teil des Amazonas-Regenwalds schon mehr Kohlendioxid emittiert, als er bindet.

Um Ökosysteme im Sinne des Klimaschutzes und der Artenvielfalt intakt zu halten, will eine Gruppe von Staaten durchsetzen, dass 30 Prozent der Landmasse der Erde unter Naturschutz gestellt werden. Auch Deutschland ist darunter. Sogar 50 Prozent sollen es nach der Empfehlung von Wis­sen­schaft­le­r:in­nen um den Ökologen Eric Dinerstein vom US-Thinktank Resolve aus dem vergangenen Jahr sein.

Menschenrechtsorganisationen wie Survival International sind gegen solche Schritte. Sie warnen davor, dass ein formaler Schutzstatus oft zur Vertreibung indigener Bevölkerung führt.

Für Lateinamerika haben die Vereinten Nationen nun in einer Metastudie herausgefunden, dass die gegenteilige Strategie die bessere sein könnte: der indigenen Bevölkerung die Landrechte für die Waldflächen zugestehen, auf denen sie lebt und wirtschaftet – oder die Verwaltung der Gebiete zumindest mit ihr gemeinsam zu gestalten.

Dafür haben die Au­to­r:in­nen mehr als 300 Studien der vergangenen zwei Jahrzehnte ausgewertet. Das Ergebnis: Die Wälder in Lateinamerika, die von Indigenen verwaltet werden, sind in der Regel in vergleichsweise gutem Zustand.

Das zeigt sich zum Beispiel in geringeren Abholzungsraten und in der Klimabilanz. Zwischen 2003 und 2016 verloren indigene Gebiete des Amazonas-Beckens dem Bericht nach 0,3 Prozent ihres Kohlenstoffs. In anderen Waldregionen waren es 3,6 Prozent. Standen sie formal unter Schutz, waren es immer noch 0,6 Prozent.

„Die indigene Bevölkerung und die Wälder auf ihren Gebieten spielen eine wichtige Rolle beim globalen und regionalen Klimaschutz und bei der Bekämpfung von Armut, Hunger und Mangelernährung“, sagt Julio Berdegué, Vizechef der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) und deren Vertreter für Lateinamerika und die Karibik.

Laut dem UN-Bericht können 404 Millionen Hektar als indigenes Gebiet gelten, aber nur für zwei Drittel der Fläche ist ihr Status über Landrechte gesichert.

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