Infektionsschutzgesetz im Bundestag: Opposition im Dilemma

Linke und Grüne haben gute Argumente gegen die Bundes-Notbremse. Um aus der Defensive zu kommen, sollten sie konkrete Forderungen formulieren.

Bundesadler im Bundestag. Davor eine TV-Kamera.

Noch hat die Neufassung des Infektionsschutzgesetzes den Bundestag nicht passiert Foto: Christoph Soeder/dpa

Die Opposition steckt bei der Änderung des Infektionsschutzgesetzes in einem Dilemma. Genauer gesagt: der Teil der Opposition, der neue Maßnahmen zur Kontakteinschränkung eigentlich für richtig hält, namentlich Linkspartei und Grüne. Einerseits ist ihnen klar, dass schnelles Handeln wichtig ist, da beim exponentiellen Anstieg der Infektionszahlen jeder Tag zählt.

So gesehen wäre es richtig gewesen, wenn sie diese Woche ein beschleunigtes Verfahren im Bundestag mit der dafür nötigen Zweidrittel-Mehrheit auf den Weg gebracht hätten. Und so gesehen wäre es richtig, wenn sie nächste Woche auf etwaige Verzögerungen über den Bundesrat – dessen Mitspracherecht weiterhin umstritten, damit aber zumindest nicht ganz ausgeschlossen ist – verzichten würden.

Andererseits halten die beiden Oppositionsparteien die Ausgestaltung der neuen bundesweiten Regeln, wie sie sich die Bundesregierung wünscht, für falsch – und das mit guten Argumenten. Zu spät würde die sogenannte Notbremse greifen, zu früh würde sie wieder gelockert, zu stark während der Freizeit in Grundrechte eingreifen, zu schwach dagegen ins Wirtschaftsleben. Würden Grüne und Linke nun die Verabschiedung einer Notbremse beschleunigen, obwohl sie davon überzeugt sind, dass die gar nicht richtig funktionieren kann, wäre das auch wieder schräg.

Welchen Ausweg kann es aus diesem Dilemma geben? Eine Möglichkeit: Die eigenen Druckmittel realistisch einschätzen (Einfluss ist da, exorbitant ist er aber nicht) und gezielt einsetzen. Eine konkrete Forderung formulieren, zum Beispiel eine wirkliche Testpflicht für Arbeitgeber, und im Gegenzug anbieten, im Bundesrat die Füße still zu halten. Die verbale Reaktion der Regierungsparteien wäre zwar absehbar. Sie würden der Opposition vorwerfen, Maßnahmen fahrlässig zu verzögern.

Dieser Vorwurf ließe sich aber leicht umdrehen: Würden nicht vielmehr diejenigen fahrlässig handeln, die einen Kompromiss zur Mehrheitsfindung in den Parlamenten ablehnen? Das Risiko dieses Verdachts wollen Union und SPD sicherlich nicht eingehen.

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Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.

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