Studie zu Diskriminierung beim Film: Belästigung als Normalzustand
Die Initiative „Vielfalt im Film“ hat Filmschaffende zum Thema Diskriminierung befragt. Das Ergebnis ist erschreckend.
„Ein Arbeitsklima, in dem Frauen kategorisch nicht ernst genommen und verniedlicht werden.“ „Meine Agentur hat gesagt, ich bekomme viele Rollen nicht, wenn ich öffentlich schwul bin.“ Oder: „Solche Jungs wie du werden sowieso nur als Gangster, Mullahs, Terroristen oder Drogendealer besetzt.“ All das sind diskriminierende Erfahrungen, die Filmschaffende vor und hinter der Kamera gemacht haben.
Die Zitate stammen aus der am Donnerstag veröffentlichten Studie der Initiative „Vielfalt im Film“ zu Diskriminierung in der deutschsprachigen Film- und Fernsehbranche. Über 6.000 Menschen aus 440 Berufen haben an der Befragung teilgenommen, über die Hälfte der Befragten gab an, dass sie schon einmal Diskriminierung im Arbeitskontext erlebt haben.
Demnach haben 81 Prozent der befragten cis Frauen in den vergangenen zwei Jahren sexuelle Belästigung erlebt. Das reicht von unangemessenen Kommentaren bis zu sexueller Nötigung. 13 Prozent sagten, dass sie schon rassistisch in Form von Kommentaren oder stereotypen Rollen diskriminiert wurden.
Fast die Hälfte aller LGBTIQ-Filmschaffenden behält ihre sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität aus Angst vor negativen Konsequenzen lieber für sich. Auch Benachteiligung aufgrund von Alter, sozialer Herkunft oder Körpergewicht kommt in der Branche häufig vor.
Wer hat Gestaltungsmacht?
Das Beschriebene ist dramatisch, aber wenig überraschend. Diskriminierende Strukturen sind in unserer Gesellschaft tief verankert, in der Filmbranche werden sie durch bestehende Hierarchien verstärkt. So zeigt die Studie auch, dass die Besetzungs- und Gestaltungsmacht zu einem großen Teil bei weißen cis Männern liegt. Für alle anderen heißt das meist weniger Lohn und keine Festanstellung. Das gilt besonders für Frauen, die von Rassismus betroffen sind.
Besonders erschreckend ist, dass die Betroffenen ihre Diskriminierungserfahrungen nur selten melden. Geht es dabei um sexuelle Belästigung, wird nur jeder 200. Fall zur Anzeige gebracht. Daran scheint auch die #MeToo-Bewegung nichts geändert zu haben.
Die Studie hält nicht nur den Status quo fest und macht intersektionale Diskriminierung sichtbar, sondern liefert Forderungen mit. Sie reichen von klaren Konsequenzen für die Täter:innen über Verhaltenskodizes bis zu Sensibilisierungsworkshops.
Leser*innenkommentare
Winnetaz
Klaren Konsequenzen für die Täter:innen werden nur kommen können, wenn konsequent zur Anzeige gebracht wird. Dass MeToo daran nichts geändert hat, ist mir ehrlich gesagt schon ein Rätsel. Wo kein:e Kläger:in, da kein:e Richter:in!