AfD Berlin: Allemal verdächtig weit rechts
Die AfD, ein möglicher Verdachtsfall überall. Und in Berlin kandidieren von Storch und Pazderski für den Landesvorsitz.
Kann doch weg, oder? Foto: picture alliance/dpa
Für viel Hickhack hat diese Woche die drohende Einstufung der AfD als rechtsextremer Verdachtsfall durch den Verfassungsschutz gesorgt. Zunächst wurde die Partei gegen alle Widerstände, Eilklagen und in Berlin mit dem Durchstechen von Zwischenberichten sogar Schützenhilfe aus dem Verfassungsschutz selbst zum bundesweiten Verdachtsfall eingestuft. Am Freitag wurde die durch Medienberichte bekannt gewordene Einstufung dann vom Verwaltungsgericht vorerst wieder kassiert, diese Entscheidung ist wiederum anfechtbar.
Die Einstufung des Verfassungsschutzes dürfte auf lange Sicht dennoch aufrecht erhalten bleiben: Allen Mimikry-Versuchen des Meuthen-Lagers zum Trotz gebe es „gewichtige Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen“ in der Partei, wie es diese Woche hieß. Auch nachrichtendienstliche Mittel wie V-Leute oder Telekommunikationsüberwachung wären dann gegen die AfD einsetzbar.
Schuld daran ist natürlich die AfD selbst. Sie strebt durch rassistische Aussagen, parlamentarische Blockaden, Schmutzkampagnen und Verflechtungen mit rechtsextremen Organisationen seit ihrer Gründung eine rechte Diskursverschiebung an und nähert sich immer mehr dem Label NPD 2.0 an.
Im seit 2015 anhaltenden gesellschaftlichen Rechtsruck ist sie allerdings deutlich gefährlicher, als es die NPD je war: Denn die AfD verfügt immer noch über eine im Verhältnis zu anderen rechts außen stehenden Parteien eine größere Wählerschaft, die zwar schrumpft (in Berlin: 9 Prozent), aber sie auf absehbare Zeit in den Parlamenten halten wird – und das nicht trotz, sondern wegen der rechtsradikalen Ausrichtung. Im Zuge des Rechtsrucks steht Deutschland europaweit an der Spitze, was rechten Terror und Gewalt angeht.
Problem für Beamte
Die drohende Einstufung basiert laut Spiegel auf einem rund tausendseitigen Gutachten, das der Verfassungsschutz seit Anfang 2019 zusammengetragen hat. Es dürfte sich auf das stützen, was ohnehin durch die Arbeit von investigativen Recherchekollektiven und Journalist:innen bekannt ist.
Probleme könnten durch die Einstufung künftig vor allem Beamte in der AfD bekommen: Polizist:innen, Lehrer:innen, Staatsanwält:innen, Richter:innen oder sonstige Staatsbedienstete mit Verfassungstreuepflicht.
Einstufung Am Mittwoch wurde die AfD bundesweit vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft. Die Berliner AfD hatte noch mit einem vom Berliner Geheimdienst durchgesteckten Gefälligkeitsgutachten versucht, eine verschärfte Einstufung abzuwenden. Der laut Innenverwaltung unfertige Zwischenbericht ließ dabei vieles unter den Tisch fallen.
Skandale Während der letzten Legislaturperiode schloss die AfD Rechtsextreme immer erst nach bekannt gewordenen Ausfällen und öffentlichem Druck aus. Beispiele aus der AfD-Fraktion: Andreas Wild (Nazi-Kornblume am Revers, mittlerweile Parteiausschluss), Kay Nerstheimer (Volksverhetzung, zur NPD übergelaufen), Jessica Bießmann (Hitler-Wein, noch Mitglied). (gjo)
Allerdings hängt dies individuell davon ab, inwiefern sich Beamt:innen aktiv in der Partei oder an verfassungsfeindlichen Bestrebungen mitwirken, wie aus EU-Urteilen nach Einschätzungen von Staatsrechtlern zum Radikalenerlass hervorgeht. Überzeugte und verbeamtete AfDler:innen wird dies kaum bekümmern, zumal die Partei die Einstufung weiter juristisch anficht.
Wo genau die Berliner AfD zu verorten ist, ist indes umstritten. Der erneut mit Beatrix von Storch für den Landesvorstand kandidierende Pazderski hatte stets auf einen bürgerlichen Anstrich gesetzt. Allerdings hatte er selbst zuvor die liberaleren Lucke-Anhänger:innen mit Hilfe des Flügels von der Landesspitze weggerechtsruckt. Pazderskis Social-Media-Postings und parlamentarische Reden erschöpfen sich in rassistischen Ausfällen, Law-and-Order-Rhetorik sowie Rot-Rot-Grün-Bashing. Beatrix von Storch steht für radikalchristliche und erzkonservative Familienpolitik und für Aussagen, die bis an den äußersten rechten Rand anschlussfähig sind.
AfD Berlin: Allemal verdächtig weit rechts
Die AfD, ein möglicher Verdachtsfall überall. Und in Berlin kandidieren von Storch und Pazderski für den Landesvorsitz.
Kann doch weg, oder? Foto: picture alliance/dpa
Für viel Hickhack hat diese Woche die drohende Einstufung der AfD als rechtsextremer Verdachtsfall durch den Verfassungsschutz gesorgt. Zunächst wurde die Partei gegen alle Widerstände, Eilklagen und in Berlin mit dem Durchstechen von Zwischenberichten sogar Schützenhilfe aus dem Verfassungsschutz selbst zum bundesweiten Verdachtsfall eingestuft. Am Freitag wurde die durch Medienberichte bekannt gewordene Einstufung dann vom Verwaltungsgericht vorerst wieder kassiert, diese Entscheidung ist wiederum anfechtbar.
Die Einstufung des Verfassungsschutzes dürfte auf lange Sicht dennoch aufrecht erhalten bleiben: Allen Mimikry-Versuchen des Meuthen-Lagers zum Trotz gebe es „gewichtige Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen“ in der Partei, wie es diese Woche hieß. Auch nachrichtendienstliche Mittel wie V-Leute oder Telekommunikationsüberwachung wären dann gegen die AfD einsetzbar.
Schuld daran ist natürlich die AfD selbst. Sie strebt durch rassistische Aussagen, parlamentarische Blockaden, Schmutzkampagnen und Verflechtungen mit rechtsextremen Organisationen seit ihrer Gründung eine rechte Diskursverschiebung an und nähert sich immer mehr dem Label NPD 2.0 an.
Im seit 2015 anhaltenden gesellschaftlichen Rechtsruck ist sie allerdings deutlich gefährlicher, als es die NPD je war: Denn die AfD verfügt immer noch über eine im Verhältnis zu anderen rechts außen stehenden Parteien eine größere Wählerschaft, die zwar schrumpft (in Berlin: 9 Prozent), aber sie auf absehbare Zeit in den Parlamenten halten wird – und das nicht trotz, sondern wegen der rechtsradikalen Ausrichtung. Im Zuge des Rechtsrucks steht Deutschland europaweit an der Spitze, was rechten Terror und Gewalt angeht.
Problem für Beamte
Die drohende Einstufung basiert laut Spiegel auf einem rund tausendseitigen Gutachten, das der Verfassungsschutz seit Anfang 2019 zusammengetragen hat. Es dürfte sich auf das stützen, was ohnehin durch die Arbeit von investigativen Recherchekollektiven und Journalist:innen bekannt ist.
Probleme könnten durch die Einstufung künftig vor allem Beamte in der AfD bekommen: Polizist:innen, Lehrer:innen, Staatsanwält:innen, Richter:innen oder sonstige Staatsbedienstete mit Verfassungstreuepflicht.
Verdachtsfall Alternative für Deutschland
Einstufung Am Mittwoch wurde die AfD bundesweit vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft. Die Berliner AfD hatte noch mit einem vom Berliner Geheimdienst durchgesteckten Gefälligkeitsgutachten versucht, eine verschärfte Einstufung abzuwenden. Der laut Innenverwaltung unfertige Zwischenbericht ließ dabei vieles unter den Tisch fallen.
Skandale Während der letzten Legislaturperiode schloss die AfD Rechtsextreme immer erst nach bekannt gewordenen Ausfällen und öffentlichem Druck aus. Beispiele aus der AfD-Fraktion: Andreas Wild (Nazi-Kornblume am Revers, mittlerweile Parteiausschluss), Kay Nerstheimer (Volksverhetzung, zur NPD übergelaufen), Jessica Bießmann (Hitler-Wein, noch Mitglied). (gjo)
Allerdings hängt dies individuell davon ab, inwiefern sich Beamt:innen aktiv in der Partei oder an verfassungsfeindlichen Bestrebungen mitwirken, wie aus EU-Urteilen nach Einschätzungen von Staatsrechtlern zum Radikalenerlass hervorgeht. Überzeugte und verbeamtete AfDler:innen wird dies kaum bekümmern, zumal die Partei die Einstufung weiter juristisch anficht.
Wo genau die Berliner AfD zu verorten ist, ist indes umstritten. Der erneut mit Beatrix von Storch für den Landesvorstand kandidierende Pazderski hatte stets auf einen bürgerlichen Anstrich gesetzt. Allerdings hatte er selbst zuvor die liberaleren Lucke-Anhänger:innen mit Hilfe des Flügels von der Landesspitze weggerechtsruckt. Pazderskis Social-Media-Postings und parlamentarische Reden erschöpfen sich in rassistischen Ausfällen, Law-and-Order-Rhetorik sowie Rot-Rot-Grün-Bashing. Beatrix von Storch steht für radikalchristliche und erzkonservative Familienpolitik und für Aussagen, die bis an den äußersten rechten Rand anschlussfähig sind.
Fehler auf taz.de entdeckt?
Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!
Inhaltliches Feedback?
Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.
Schwerpunkt AfD in Berlin
Kommentar von
Gareth Joswig
Redakteur
Inland und taz Berlin. Themenschwerpunkte: soziale Bewegungen, AfD, extreme Rechte
Themen
mehr von
Gareth Joswig