kunst zum hören
: Emeka Ogboh: Der Bass der Verheißung

Emeka Ogboh, „Beyond the Yellow Haze“, 2x12“ Vinyl und digital, Ostgut Ton / A-Ton LP11, Artwork: Emeka Ogboh; Layout: Yusuf Etiman Foto: A-Ton

Es war einmal, da machten wir uns an solch regenverhangenen Sonntagnachmittagen im Januar, wie der letzte einer war, auf in den Club. Durch den winterlichen Dunst, der Fernsehturm und Bauzäune gleichermaßen in ein Grau hüllte, in den noch dichteren Dunst des Berghains, der die vielen Menschen auf der Tanzfläche nur noch erahnen ließ. Den Rest überließen wir dann dem Zufall und dem Bass.

An diesem Sonntag im Pandemiewinter aber sind die Menschen weit auf dem neuen Schlossplatz verstreut und werden auf dem nassen Asphalt nur noch zu Strichen. Würde Emeka Ogbohs geplante Soundinstallation schon vom Dach des Humboldt Forums ein nigerianisches Volkslied leise hinunter zum neu-barocken Schlossplatz schallen, die Striche würden vielleicht verlegen zu tänzeln beginnen. Der in Berlin und Lagos lebende Ogboh, der ohne Berührungsängste Hoch-und Subkultur in seiner Installations- und Soundkunst verbindet, kann Orte unterwandern, sie mit (auch ungewollter) Erinnerung überlagern. Seine geplante Kunst am Bau für das Schloss wird womöglich ein akustischer Bruch, das Album hingegen, das Ogboh vor ein paar Tagen beim Berghain-Label A-Ton veröffentlichte, ist eine akustische Symbiose. Die Bässe und tiefen getragenen Synthies, die an anderen Tagen aus den ikonischen Funktion-One-Boxen des Clubs schallen könnten, vermengen sich darin mit dem atmosphären Wirbel der Megastadt Lagos. Hupen, Motorgeräusche, Handyklingeln, Verkaufsgespräche, das Tür­klacken der Minibusse arrangiert Ogboh zu der dunklen Verheißung des Berghain-Sounds.

Kopfhörer auf – und man meint, an diesem Sonntagnachmittag unter der akkurat kopierten Justitia des ­Schlüterhofes einen Danfo-Bus zu ­sehen, der einen über den Freeway von Lagos nach Lakki bringt – oder eben dahin, wo der Bass die Busfahrerin hintreibt. Sophie Jung