Jahresbericht Reporter ohne Grenzen: 50 Medienschaffende getötet

Reporter ohne Grenzen hat seinen Jahresbericht veröffentlicht. Gründe für die Morde seien Recherchen zu Themen wie Korruption und Umweltzerstörung.

Ruhollah Sam sitzt während des Prozesses hinter einem Mikrofon

Der Journalist und Blogger Ruhollah Sam wurde trotz internationalen Protests in Teheran hingerichtet Foto: Ali Shirband/dpa

BERLIN epd/afp | In diesem Jahr sind nach Angaben von „Reporter ohne Grenzen“ weltweit mindestens 50 Journalistinnen, Journalisten und andere Medienschaffende im Zusammenhang mit ihrer Arbeit getötet worden. Die meisten von ihnen seien gezielt ermordet worden, erklärte die Menschenrechtsorganisation zur Veröffentlichung des zweiten Teils ihrer Jahresbilanz 2020 in Berlin. Die Zahl bewegt sich auf ähnlichem Niveau wie 2019, als 53 Medienschaffende getötet wurden, obwohl aufgrund der Corona-Pandemie in diesem Jahr deutlich weniger Vor-Ort-Recherchen durchgeführt wurden.

Gründe für die Morde seien Recherchen zu Themen wie Korruption, organisiertem Verbrechen und Umweltzerstörung. Zudem seien mehrere Medienschaffende getötet worden, als sie über Demonstrationen berichteten. Die Zahlen beziehen sich auf den Zeitraum vom 1. Januar dieses Jahres bis zum Stichtag am 15. Dezember. Zwei Drittel der Medienschaffenden starben laut „Reporter ohne Grenzen“ außerhalb von Konfliktregionen.

Die diesjährigen Zahlen bestätigen einen Trend, der 2016 begann und sich in den vergangenen zwei Jahren verfestigt habe: Die Zahl der in Kriegs- und Krisenregionen getöteten Journalistinnen und Journalisten sinke weiter. Inzwischen zählten in erster Linie Länder, in denen offiziell Frieden herrscht, zu den weltweit gefährlichsten für Medienschaffende.

Nur eine Person sei im Ausland getötet worden, alle anderen in ihren Heimatländern. Zwei Opfer seien Frauen. Mit der Hinrichtung des regimekritischen Bloggers und Journalisten Ruhollah Sam im Iran Mitte Dezember sei zudem das erste Mal seit 30 Jahren die Todesstrafe an einem Medienschaffenden vollstreckt worden.

Mexiko wieder das gefährlichste Land

Insgesamt wurden den Angaben nach in den vergangenen zehn Jahren mindestens 937 Menschen wegen oder während ihrer journalistischen Arbeit getötet..Im laufenden Jahr seien zudem drei Medienschaffende wegen mangelnder ärztlicher Versorgung an Covid-19 gestorben, nachdem sie sich mutmaßlich in Gefängnissen in Ägypten, Russland und Saudi-Arabien infiziert hatten.

Das gefährlichste Land für Medienschaffende ist der Jahresbilanz zufolge zum fünften Mal in Folge Mexiko. In diesem Jahr seien dort acht Journalistinnen und Journalisten ermordet worden. Besonders gefährdet seien die Menschen, die zu den Verbindungen von Drogenkartellen und Politik recherchierten. Auf Mexiko folgen der Iran mit sechs und Afghanistan mit fünf getöteten Medienschaffenden. In Indien und Pakistan seien je vier Journalistinnen und Journalisten umgebracht worden.

Kritisch über Korruption, Mafia oder Umweltzerstörung zu berichten, sei in viel zu vielen Ländern lebensgefährlich, sagte „Reporter ohne Grenzen“-Vorstandssprecher Michael Rediske. Die Taten zielten niemals nur auf die unmittelbaren Opfer. „Jeder Mord an einer Journalistin oder einem Journalisten ist ein Anschlag auf das Recht aller Menschen, sich frei und unabhängig zu informieren“, sagte er.

Hohe Zahl der Inhaftierten kritisiert

Im ersten Teil der Jahresbilanz hatte „Reporter ohne Grenzen“ die hohe Zahl der inhaftierten Medienschaffenden kritisiert. Am Stichtag am 1. Dezember hätten mindestens 387 Medienschaffende wegen ihrer Arbeit im Gefängnis gesessen. Das waren nur zwei Medienschaffende weniger als zum selben Zeitpunkt 2019, als diese Zahl zum dritten Mal in Folge deutlich gestiegen war und mit 389 einen Höchststand erreichte.

Mehr als die Hälfte von ihnen seien in China (117), Saudi-Arabien (34), Ägypten (30), Vietnam (28) und Syrien (27) inhaftiert worden. Insgesamt 54 Journalistinnen und Journalisten gelten den Angaben zufolge derzeit als entführt, vier sind 2020 verschwunden.

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