Protest nach Räumung: Zurück im ganz großen Wohnzimmer
Die geräumten, überwiegend obdachlosen Kurzzeitbesetzer eines Hauses in Mitte fordern bei einem öffentlichen Mittagessen Unterbringung in Coronazeiten.
„Ich möchte eine Wohnung, weil ich nicht will, dass ständig meine Sachen geklaut werden“, sagte eine Frau. Wie die anderen BesetzerInnen beklagt sie, dass die Polizei nach der Räumung die Schlafsäcke der BesetzerInnen beschlagnahmte und fordert die sofortige Herausgabe. Auch einer der noch verbliebenen Mieter der Habersaathstraße 46 solidarisiert sich auf der Kundgebung am Donnerstag mit den BesetzerInnen.
Der Mitbegründer der Nachbarschaftsinitiative Habersaathstraße, die gegen den spekulativen Leerstand in dem Gebäudekomplex kämpft, verwies auf die Verantwortung der Politik. 2006 wurde das ehemalige Schwesternwohnheim der Charité vom Berliner Senat privatisiert. 2017 wurde es an die Arcadia Estates GmbH weiterverkauft, hinter dem Andreas Piechotta steht. Seitdem sei der 1983 errichtete Gebäudekomplex mit 106 gut erhaltenen Wohnungen systematisch entmietet worden, kritisiert der Mieter. Er unterstützt die Forderungen der BesetzerInnen nach Beschlagnahme des Wohnraums nach dem Gesetz zur Öffentlichen Sicherheit und Ordnung (ASOG). Schließlich sei es unzumutbar für Obdachlose, in der kalten Jahreszeit unter Coronabedingungen im Freien zu übernachten, während gleichzeitig Wohnraum leer stehe.
Die Initiative „Leerstand hab ich saath“ verwies auf einen Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Mitte, der eine Rekommunalisierung des Gebäudekomplex in der Habersaathstraße fordert. Mehrere RednerInnen monierten, dass es trotz der Verhandlungen mit dem Bürgermeister von Mitte, Stephan von Dassel (GRÜNE), zur Räumung kam. Gegenüber der taz betont von Dassel, nicht in die Entscheidung der Polizei zur Räumung einbezogen gewesen zu sein. Das Bezirksamt versuche, eine schnelle Wiedervermietung der Wohnungen zu erreichen. Die Entschließung der BVV zur Rekommunalisierung richte sich anders als ein Ersuchen nicht an das Bezirksamt, das deshalb aus formalen Gründen für die Umsetzung nicht zuständig sei, erklärt der Bürgermeister.
Einer Beschlagnahme der Wohnungen kann von Dassel politisch viel abgewinnen, verweist gegenüber der taz aber auf rechtliche Probleme: „Auf Basis des ASOG sind Beschlagnahmungen von Wohnraum nur zulässig, wenn die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, die Obdachlosigkeit darstellt, nicht durch eine andere Maßnahme abgestellt werden kann.“ Dazu zählen die von vielen Wohnungslose abgelehnten Gemeinschaftsunterkünfte.
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