Corona in Friedrichshain-Kreuzberg: Wir brauchen sie nicht
In Berliner Gesundheitsämtern unterstützen Soldat:innen die Bekämpfung von Corona. Friedrichshain-Kreuzberg lehnt die Hilfe der Bundeswehr ab.
BERLIN taz | Gewissermaßen hat der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit seiner Weigerung, Soldat:innen im Gesundheitsamt zum Beispiel zur Corona-Kontaktnachverfolgung einzusetzen, zumindest auf den ersten Blick eine sonnig beschienene Bühne geschaffen. Nämlich für die Bundeswehr und ihre Befürworter:innen. In einer gesamtgesellschaftlichen Notsituation springt sie ein und rettet Leben – in besserem Licht könnte die Bundeswehr wohl kaum stehen.
„Mir fehlt jedes Verständnis“, sagte entsprechend erbost Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer über die Blockade des Bezirks. AKK kritisierte außerdem, die Gründe für die Ablehnung seien „ideologisch“. „Das ist kein Kampfeinsatz im Inneren“, sagte auch Michael Müller, der Regierende Bürgermeister, und sprach sich für die Hilfe der Bundeswehr aus.
Doch was sagen die Zahlen? Die fallen insbesondere in Friedrichshain-Kreuzberg hoch aus. Die Zahl der Infektionen pro 100.000 Einwohner an den vergangenen sieben Tagen liegt knapp unter dem kritischen Wert 50.
Neue Mitarbeiter:innen sollen kommen
Die Entscheidung des Bezirks aber hat auch pragmatische Motive: Weil die Soldat:innen nur wenige Wochen vor Ort seien, wolle der Bezirk lieber neue Mitarbeiter:innen befristet für ein ganzes Jahr einstellen, sagte eine Sprecherin.
Wenn die Entscheidung für oder gegen den Einsatz von Soldat:innen im Gesundheitsamt also gar keine für oder gegen die Behebung von Personalmangel sein sollte, dann ist Friedrichshain-Kreuzbergs Vorgehen nur nachvollziehbar. Absurd ist es, wenn Leute in Militäruniform, die gelernt haben, wie man am besten Menschen abknallt, nun ganz zivilisiert Menschenleben retten sollen.
Anders gesagt: Gute Gründe für den Erhalt der Bundeswehr kann wohl auch die Coronapandemie nicht liefern. Selbst wenn Stellen in Gesundheitsämtern nicht besetzt werden können: Warum können all die, die zu Soldat:innen ausgebildet werden, nicht von vornherein an sinnhafteren Stellen wie diesen eingesetzt werden? In unserer Gesellschaft gibt es Besseres zu tun, als Schießen zu lernen.
Leser*innenkommentare
berlinerlesen
Interessant finde ich, wie die Autorin fordert, dass Soldaten und Soldatinnen sinnvolleren Tätigkeiten nachgehen, den Einsatz gegen eine Ausbreitung des Corona-Virus grade dieser Soldaten und Soldatinnen aber ablehnt.
DiMa
Ja, Soldaten können nur schießen. Oder haben die nicht auch eine eigene Verwaltung mit viel Logistik und IT und so? Können Soldaten möglicherweise nicht auch Hilfsaufgaben erledigen? Und wer sagt eigentlich, dass die nur für ein paar Tage bleiben? Und wir wissen ja alle wie wahnsinnig schnell die bezirklichen Stellen besetztwerden können! Zumal befristete Verträge, das geht weg wie geschnitten Brot. Nein, das war ganz sicher keine ideologische Entscheidung.
96173 (Profil gelöscht)
Gast
Wer nicht die eigenen Soldaten füttert, füttert fremde Soldaten... .
4813 (Profil gelöscht)
Gast
Die militanten Pazifisten aus Kreuzberg leben also noch.
Aber scheinbar nix dazugelernt.
Fabian Wetzel
"Absurd ist es, wenn Leute in Militäruniform, die gelernt haben, wie man am besten Menschen abknallt, nun ganz zivilisiert Menschenleben retten sollen."
Nie beim Militär gewesen, was? Da lernt jeder Erste Hilfe z.B.
Wie kann man nur so einen Unfug schreiben?
Meiner Meinung nach lern(t)en viele junge Männer beim Bund wie man sich benimmt, wie es ist Verantwortung zu tragen und wie man sich durch unangehme Situationen beisst. Alles nichts verwerfliches.
Ich habe im Übrigen beim Bund nicht gelernt, wie man am besten Menschen "abknallt", sondern höchstens wie man runde Zielscheiben trifft. Und wie man die wichtigsten Teile an einem Auto wartet und repariert...
Suryo
"Absurd ist es, wenn Leute in Militäruniform, die gelernt haben, wie man am besten Menschen abknallt, nun ganz zivilisiert Menschenleben retten sollen."
Mal wieder ein Satz aus der Rubrik "Extrem dumm und menschenverachtend". HY lässt grüßen.
Devil's Advocate
"Absurd ist es, wenn Leute in Militäruniform, die gelernt haben, wie man am besten Menschen abknallt, nun ganz zivilisiert Menschenleben retten sollen."
Etwas vielfältiger ist das Training bei der Bundeswehr dann doch.