piwik no script img

Noch besser: abrüsten

Der Anwaltsverein lobt das rot-rot-grüne Polizeigesetz. Und fordert dennoch Nachbesserungen

Von Gareth Joswig

Nach einer Anhörung im Innenausschuss zum neuen Polizeigesetz in Berlin will die rot-rot-grüne Koalition noch einmal Nachbesserungen vornehmen. Verschiedene Expert:innen hatten das rot-rot-grüne Polizeigesetz im Abgeordnetenhaus am Montag gelobt und kritisiert.

Erwartungsgemäß gab es von Polizeiseite Kritik daran, dass der Senat der Polizei zu wenig neue Befugnisse einräume und zudem die kriminalistische Arbeit erschwere. Der Bund der Kriminalbeamten hatte bereits im Vorfeld kritisiert, dass es schwerer werde, Menschenhandel und Zwangsprostitution zu bekämpfen, wenn Kontrollmöglichkeiten in Bordellen beschränkt würden.

Lob gab es hingegen vom Deutschen Anwaltsverein: Die Expertin für Gefahrenabwehrrecht, Lea Voigt, lobte, dass Berlin sich nicht am Wettrüsten um das schärfste Polizeigesetz beteiligt – hatte aber auch noch Detailkritik. So sieht der rot-rot-grüne Entwurf vor, dass die durch die Kennzeichnungspflicht gespeicherten Daten über Polizist:innen wie bisher nach nur drei Monaten wieder gelöscht werden sollen. Bis dahin hätten Betroffene von unverhältnismäßiger Polizeigewalt häufig noch nicht einmal Akteneinsicht, so Voigt. Viele Verfahren gegen Polizist:innen liefen so ins Leere. Erforderlich sei eine Speicherung von mindestens drei Jahren, sagte Voigt.

Des Weiteren sollten sich in kriminalitätsbelasteten Orten Polizeikontrollen nicht am Erscheinungsbild, sondern nur am Verhalten orientieren, forderte Voigt. In diesen Zonen darf die Polizei bisher anlasslos kontrollieren. Auch weil das laut Senat Racial Profiling begünstigt, soll das neue Polizeigesetz dies einschränken. Voigt hält zudem nach Bremer Vorbild eine Quittierungspflicht von Polizeikontrollen für sinnvoll. So könne man Maßnahmen evaluieren und rassistische Kontrollen dokumentieren.

Allerdings dürften weitere Änderungen an dem Entwurf nicht leicht werden: Grüne, Linke und SPD verhandeln seit mehr als drei Jahren hart um das neue Polizeigesetz und einen Polizeibeauftragten. Die SPD hatte dabei Letzteren blockiert und im Gegenzug Zugeständnisse gefordert. Am Dienstag sagten die Innenpolitiker von SPD, Grünen und Linken auch nur vage, dass sie offen seien für Verbesserungen. Grüne und Linke hatten bei der Anhörung Sympathien für die Vorschläge von Voigt geäußert.

Unterdessen hat das Gesetz für den Polizeibeauftragten den Innenausschuss passiert. Auch dort hatte die Koalition nach einer Anhörung noch einige Details verändert: Der Polizeibeauftragte wird dem Parlament unterstellt sein; auch werden anonyme Eingaben möglich sein. Dazu wurde die Beschwerdefrist verlängert auf vier Monate. Beide Gesetze sollen Anfang 2021 in Kraft treten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen