Abschluss des US-Republikaner-Parteitags: Trumps uninspirierte Düsternis

70 Minuten lang spricht US-Präsident Donald Trump zum Abschluss des Parteitags der RepublikanerInnen. Seine Message: Angstmache vor Joe Biden.

Donald Trump vor dem Weißen Haus am 27. August

Wahlkampf vor dem Weißen Haus – für Donald Trump kein Tabu Foto: Alex Brandon/ap

NEW YORK taz | Es war eine der längsten Reden, mit denen je ein Präsidentschaftskandidat in den USA seine Nominierung angenommen hat. Aber was Donald Trump am Donnerstag Abend zum Abschluss des Republikanischen Parteitags inhaltlich geliefert hat, lässt sich in wenigen Worten zusammenfassen: Er machte Angst.

Das tat er zwar schon bei seiner ersten Wahl vor vier Jahren. Aber im Gegensatz zu den ausländischen Kriminellen, Vergewaltigern und Dealern, vor denen er damals warnte, schürte er dieses Mal die Angst vor inneren Feinden – vor „gewalttätigen Anarchisten, Agitatoren und Kriminellen“, die angeblich seinen Herausforderer, den demokratischen Zentristen Joe Biden unter Kontrolle haben.

In seiner mehr als 70-minütigen Rede warnte Trump davor, dass die USA mit der Wahl von Biden in die Gewalt und das Chaos versinken würden, in denen sich nach seiner Beschreibung schon jetzt die demokratisch regierten Großstädte befinden.

Wenig überraschend beschrieb Trump sich selbst als den größten US-Präsidenten seit Abraham Lincoln. Aber die großen Themen, die in diesem Jahr weite Teile der US-Öffentlichkeit umtreiben, kamen bei ihm gar nicht erst vor. Er sagte nichts über die Massenarbeitslosigkeit und nichts über die Verarmung von Dutzenden Millionen seiner Landsleute, brachte ausschließlich Erfolgsmeldungen über seinen Umgang mit dem Corona-Virus, an dessen Folgen in den USA bereits mehr als 180.000 Menschen gestorben sind, kein Wort über den Rassismus und die Polizeigewalt und schwieg komplett über die Klimakrise.

Amtssitz für Wahlkampfzwecke missbraucht

Die seltsam uninspirierte Rede, bei der Trump sich auf die Anklage gegen Biden konzentrierte, als wäre er der Herausforderer und nicht der Amtsinhaber, beendete einen bizarren viertägigen republikanischen Parteitag. Trump hielt seine Rede vor rund 1.500 Gästen, die dicht beieinander saßen und von denen fast niemand eine Maske trug. Das Finale spielte komplett im Garten des Weißen Hauses. An einem Schauplatz, der seit den Anfängen der US-Geschichte für überparteiliche Politik-Geschäfte reserviert ist.

Nie zuvor hat ein US-Präsident seinen Amtssitz, der ein bundeseigenes Gebäude ist, für eine Wahlkampfveranstaltung benutzt. Aber Trump hat sich im Laufe des Parteitags immer wieder mit Video-Clips von dort eingeblendet. Unter anderem begnadigte er einen verurteilten Bankräuber und überreichte an fünf Immigranten die Dokumente der US-Staatsangehörigkeit. Von den Fünf wussten laut New York Times mehrere nicht, dass Trump sie für seinen Wahlkampf vereinnahmte.

Zum Abschluss seines Parteitags organisierte Trump – auch das ein Bruch mit den Usancen und ein Stinkefinger für die ganz überwiegend demokratische Bevölkerung der US-Hauptstadt – ein Feuerwerk über der Mall im Zentrum von Washington, die ebenfalls Bundesbesitz ist. Inmitten seiner Wahlkampfrede an seinem offiziell überparteilichen Amtssitz sagte Trump am Donnerstag: „Wir sind hier – sie nicht“. Viele Demokraten interpretierten das als neuerliche Drohung, dass Trump bei einer Wahlniederlage im November nicht bereit ist, freiwillig zu gehen.

Schon am Dienstag hatte die First Lady den Rosengarten des Weißen Hauses für ihren Auftritt auf dem Parteitag genutzt. Sie erschien in einem hautengen militärgrünen Kostüm und versuchte, ihren Mann als „einfühlsam“ und „liebend“ darzustellen.

Zielgruppe der Rede: die eigene radikale Basis

Auch der US-Außenminister verletzte die Regeln seines eigenen Ministeriums, das parteipolitisches Engagement im Dienst ausdrücklich verbietet. Mike Pompeo schaltete sich von einer Dienstreise nach Israel in den Parteitag ein. Auf einem Dach in Jerusalem pries er Trumps Verdienste um den „Frieden im Nahen Osten“. Seine Begründung: Trump habe den Atomvertrag mit dem Iran aufgekündigt, habe die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt und einen Vertrag zwischen Israel und den Arabischen Emiraten angebahnt. Anschließend erklärte die Pressestelle des Ministeriums, Pompeo habe in seiner Freizeit gesprochen und dem Ministerium seien dadurch keine Kosten entstanden.

Es war eine „düstere, wütende Rede“, sagte der demokratische Präsidentschaftskandidat Biden am Donnerstag Abend über Trumps Ansprache. Die demokratische Chefin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, erklärte am Donnerstag, sie würde es nicht befürworten, dass Biden Trump durch eine Fernsehdebatte aufwerten würde.

In seiner Rede richtete Trump sich wie bei sonstigen Wahlkampfauftritten vor allem an seine radikale Basis. Er jonglierte auch erneut mit rassistischen Andeutungen. Darunter mit der Drohung, Biden würde ihre Vororte zerstören – was auf ein Programm der DemokratInnen anspielt, Wohnungen für arme und afroamerikanische Familien in weißen Mittelschichtvororten zu bauen.

Für Trump ist Biden einer, der „auf der falschen Seite der Geschichte“ stehe. Als Beispiele zählte Trump Dinge auf, mit denen er auch schon in seinem ersten Wahlkampf gegen Hillary Clinton angetreten ist. Darunter die Freihandelsabkommen. Dieses Mal fügte er mahnend China hinzu. Laut Trump werden die USA China gehören, falls Biden gewählt wird.

Während Trumps Rede fand in den Basketball- und Baseballstadien der USA ein historischer Streik von SportlerInnen statt. Sie protestierten damit gegen die Polizeigewalt und den Rassismus, den Trump bestreitet. Von dem Vorplatz des Weißen Hauses schallten der Lärm einer Demonstration in den Garten. Unter anderem ertönte vor dem Weißen Haus der Slogan: „Sperrt ihn ein“.

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Am 3. November 2020 haben die USA einen neuen Präsidenten gewählt: Der Demokrat Joe Biden, langjähriger Senator und von 2009 bis 2017 Vize unter Barack Obama, hat sich gegen Amtsinhaber Donald Trump durchgesetzt.

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