Hamburger Debatte über Racial Profiling: SPD will keine Polizei-Studie

Grüne Jugend unterstützt Linken-Antrag, den Rassismus bei der Polizei zu untersuchen. Grüne stehen dem „positiv gegenüber“, SPD will keine Studie.

Behelmte Polizisten sprühen Flüssigkeit auf Demonstranten

Ende einer friedlichen Demo: rabiater Einsatz bei Anti-Rassismus-Demo am 6. Juni 2020 in Hamburg Foto: Christian Charisius/dpa

HAMBURG taz | Als CSU-Bundesinnenminister Horst Seehofer eine geplante Studie zu „Racial Profiling“ bei der Polizei absagte, zog er sich auf Bundesebene den Zorn von SPD und Grünen zu. Anlass für die Hamburger Linksfraktion, eine solche Studie auf Landesebene zu fordern. „Was Seehofer nicht will, sollte Hamburg jetzt tun“, sagt deren Innenpolitischer Sprecher Deniz Çelik.

In der Tat: Sein Antrag, eine externe Studie in Auftrag zu geben, die untersucht, „in welchen Ausprägungen, aus welchen Gruppen, durch welche Praktiken und gegenüber welchen Personengruppen“ die Hamburger Polizei ihr Agieren von äußerlichen Merkmalen der Menschen abhängig macht, wurde am Mittwoch in der Bürgerschaft nicht abgelehnt, sondern mit den Stimmen von SPD und Grünen in den Innenausschuss überwiesen.

Der Abendblatt-Titel „Linke bringt Rassismus-Studie auf den Weg“ scheint dennoch etwas optimistisch. „Normalerweise bedeutet Überweisung in den Ausschuss, dass etwas elegant beerdigt wird“, sagt Çelik zur taz.

Doch nun bekommt er Rückenwind von der Grünen Jugend, die seinen Antrag unterstützt. „Die Polizei Hamburg hat ein strukturelles Rassismusproblem“, sagt Sprecherin Madeleine Cwiertnia. „Wir haben die Sorge, dass die SPD eine unabhängige Studie im Innenausschuss blockiert“, ergänzt Co-Sprecher Leon Alam. Die Grüne Jugend werde die Entwicklung im Ausschuss „kritisch verfolgen“. Fatal wäre, wenn, wie von der SPD verlautbart, lediglich auf bisherige Bemühungen der Polizei verwiesen werde.

SPD nimmt Polizei in Schutz

Der innenpolitische Sprecher der SPD, Sören Schumacher, sagte denn auch zur taz: „Wir lehnen nicht das Thema an sich ab.“ Aber die von der Linken geforderte Studie werde es nicht geben. Er stört sich am Titel des Antrags, der unterstelle, dass struktureller Rassismus Grundlage polizeilichen Handelns sei.

Schumacher nahm in der Debatte am Mittwoch die Polizei in Schutz und verwies auf das Institut für transkulturelle Kompetenz der Akademie der Polizei Hamburg. Das führe schon seit Jahren Aus- und Fortbildungen durch, um zum Beispiel „die sozialen Kompetenzen der Polizistinnen und Polizisten im Umgang mit unterschiedlichen Menschen zu stärken“.

Im Innenausschuss könnten die Parlamentarier auch der Forschungsstelle für strategische Polizeiforschung lauschen. Die Polizei sei „schon seit Längerem auf dem richtigen Weg“.

Anders sieht dies die ­Grünen-Innenpolitikerin Sina Imhoff. Die Polizei habe das Gewaltmonopol, von daher obliege ihr die Pflicht, das eigene Handeln kritisch zu reflektieren. Die im Raum stehenden Vorwürfe strukturell rassistischen Handelns führten zu einem Vertrauensverlust in die Polizei. Imhoff steht der Studie „grundsätzlich positiv“ gegenüber. Denn um dieses Vertrauen zurückzugewinnen und hierüber in einen Dialog zu treten, sei die Erhebung empirischer Daten zu Werteeinstellungen und Einfluss auf Polizisten notwendig.

Nur: Wer setzt sich durch? Innensenator Andy Grote (SPD) zeigte in seiner Rede Problembewusstsein. In Hamburg habe die Hälfte der unter 18-Jährigen Migrationshintergrund, da dürfe es nicht passieren, dass diese in dem Bewusstsein leben, „dass dies vielleicht doch nicht ihre Gesellschaft ist“. Migranten-Organisationen berichteten von Diskriminierung in vielen Bereichen, auch bei der Polizei. Grote sagte, man versuche seit Jahren, dem entgegenzuwirken, zum Beispiel hätten 15 Prozent der Polizisten Migrationshintergrund. Zudem gebe es ein neues Beschwerdemanagement. Man brauche „keinerlei Nachhilfe“.

Indes hält Çelik den Blick einer externen Forschungsstelle für nötig. Das sieht auch die Grüne Jugend so. „Wir nehmen die Grünen-Fraktion beim Wort“, sagt Leon Alam. Die Studie müsse ermöglicht werden. Eine Ablehnung des Antrags sei „nicht tragbar“.

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