EU-Grenzschutzagentur Frontex: Hilfe beim Abschieben

Frontex zahlt auf Wunsch Charterflüge, um Flüchtlinge in ihre Herkunftsländer zurückzubringen. Deutschland macht davon regen Gebrauch.

Ein Mann wird von Polizeibeamten in ein Flugzeug geführt

Bezahlt von Frontex? Abschiebung per Charter-Flieger vom Flughafen Leipzig/Halle Foto: picture alliance/Michael Kappeler/dpa

BERLIN taz | Die EU-Grenzschutzagentur Frontex spielt eine immer wichtigere Rolle bei Abschiebungen aus Deutschland. Seitdem Frontex 2016 die Möglichkeit bekam, für Charter-Abschiebeflüge aus Deutschland zu bezahlen, ist die Häufigkeit dieser Flüge im Verhältnis zu den Flüchtlingszahlen stark angestiegen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervor.

2016 hoben 214 solcher Abschiebecharter von deutschen Flughäfen ab, in den Folgejahren waren es 159, 169 und 168, zuletzt also etwa an jedem zweiten Tag ein Flug. Die Flüchtlingsankünfte in Deutschland sanken aber zwischen 2016 und 2019 um etwa vier Fünftel. Die deutschen Behörden machen also proportional deutlich häufiger von den Charterflügen Gebrauch.

„Return Support“ nennt Frontex seine Unterstützung dabei – und übernimmt auf Wunsch die Kosten für das gecharterte Flugzeug, Unterkunft von Begleitpersonen, Verpflegung am Boden, Kosten für medizinisches Personal und Dolmetscher. Zudem kann die Agentur auch die Kosten für die Beschaffung von Pässen für Abzuschiebende finanzieren – alles Aufgaben, die die Mitgliedstaaten bis 2016 selbst übernehmen mussten. 63 Millionen Euro durfte Frontex dafür 2019 ausgeben.

Sammelcharter dürften deutlich teurer sein als Abschiebungen per Linienflug. Sie bieten aus Sicht der Behörden aber einen entscheidenden Vorteil: Anders als im Linienflug gibt es keine Dritten, die sich einmischen oder hinterher als Zeugen aussagen könnten. Und so geht es dabei wohl deutlich robuster zu, auch das geht aus den Zahlen der Bundesregierung hervor: 2019 wurde rund ein Viertel der Abschiebungen mit Charterflügen vollzogen. Auf diese Sammelabschiebungen entfielen aber nur 0,3 Prozent der Abschiebungen, die wegen Widerstand der Betroffenen abgebrochen wurden.

Pool von „Abschiebe-Experten“

„Immer wieder werden Berichte über massive Gewaltanwendung im Zuge von Abschiebungen veröffentlicht“, sagt dazu die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke. Doch so gut wie nie gelinge es im Nachhinein, solche Taten aufzuklären und die Verantwortlichen zur Verantwortung zu ziehen. Um wirksam gegen Polizeigewalt auf Abschiebeflügen vorzugehen, müssten insbesondere Sammelabschiebungen flächendeckend durch unabhängige Stellen beobachtet werden, fordert sie.

Frontex hat dafür gesorgt, dass heute nicht mehr alle Abschiebeflüge aus Deutschland von der Bundespolizei begleitet werden müssen. Denn die EU-Agentur finanziert im Schnitt alle drei Wochen einen Flug, bei dem Herkunftsländer ihre aus Deutschland abzuschiebenden Bürger mit eigenen Flugzeugen und Polizisten abholen. Bei diesen „collecting return operations“ genannten Aktionen bezahlt Frontex den Herkunftsländer nicht nur die Flugkosten, sondern teils auch Tagegelder für die Polizisten. Seit 2017 wurden mit 59 solcher Flüge rund 2.800 Menschen abgeschoben, vor allem nach Georgien, aber auch Montenegro, Serbien und die Ukraine.

Gleichzeitig baut Frontex einen Pool von sogenannten Rückkehrbegleitern (»forced return escorts«) auf. Dabei handelt es sich um Polizisten und Grenzschutzbeamte der EU-Staaten, aus denen die Abschiebungen starten und die innerhalb der EU flexibel einsetzbar sind. Mittlerweile gibt es 690 solcher „Experten“. Derzeit sind vier Beamte der Bundespolizei als „Escort Officer“ auf Lesbos in Griechenland eingesetzt – offenbar um von dort Abschiebungen in die Türkei durchzuführen.

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