Organisierte Kriminalität in Berlin: Zweite-Reihe-Parken ist nicht OK

Erstmals legt das LKA ein „Lagebild Organisierte Kriminalität“ für Berlin vor. Beim Thema Clankriminalität aber wird es schwammig.

Andreas Geisel, Barbara Slowik, Sebastian Laudan auf einer Pressekonferenz

Leute, die auf Rolex starren: Senator Geisel (SPD), Polizeichefin Slowik und LKA-Mann Laudan Foto: dpa

BERLIN taz | Blutrünstige Tschetschenen, martialische Rockerbanden, rivalisierende Araberclans: Wer an Organisierte Kriminalität (OK) denkt, hat sofort ein paar Schlagworte im Kopf. Das konkrete Wissen über dieses Phänomen aber ist in der Öffentlichkeit gering. Am Mittwoch haben Innensenator Andreas Geisel (SPD) und Polizeipräsidentin Barbara Slowik nun erstmals ein „Lagebild Organisierte Kriminalität Berlin 2018“ präsentiert, das ein paar Einblicke in den Kriminalitätsbereich und die Arbeitsweise der Polizei gibt. Bislang gab es solche Lagebilder nur vom Bundeskriminalamt für ganz Deutschland.

Interessant sind vor allem die „Schwerpunktbetrachtungen“ zu einzelnen OK-Gruppen: Das Lagebild nennt konkret Rockerkriminalität, Russisch-Eurasische Organisierte Kriminalität und „Kriminalität durch Angehörige aus ethnisch abgeschotteten Subkulturen“. Gemeint ist mit letzterem die so genannte „Clankriminalität“ genau einer „Subkultur“: der arabischen.

Obwohl der Begriff seit Jahren im „Fokus von Politik und Medien“ stehe, so der Bericht, sei er erst jetzt – für den Bundeslagebericht – definiert worden. Und zwar sei diese Form der Kriminalität bestimmt durch „verwandtschaftliche Beziehungen“, „Abschottung der Täter“, „patriarchalisch-hierarchisch geprägte Familienstruktur“, „mangelnde Integrationsbereitschaft“.

Weiter heißt es im Bericht: „Der Phänomenbereich ist von einer in weiten Teilen der arabischstämmigen Community bestehenden Parallelgesellschaft geprägt und geht einher mit einer mangelnden Akzeptanz oder sogar Ablehnung des in Deutschland vorherrschenden Wert- und Normensystems.“

Rolex tragen und Hochzeitskorsos höhlen den Rechtsstaat aus

Auf Nachfrage der taz betonten Innensenator und Polizeichefin, dass man damit nicht den Großteil der arabischen Community meine, sondern nur die Clan-Familien. Überhaupt sei das Phänomen komplex, so Geisel: Eigentlich gehörten nur Teile der „Clans“ zur OK. In diesen Großfamilien von 100 bis 1.000 Personen „sind nicht alle kriminell, aber es gibt eine hohe Zahl von auffälligen Personen“. Einige davon seien „im Bereich OK“ unterwegs, andere „parken in der zweiten Reihe, tragen Rolex. Das ist nicht kriminell, höhlt aber auch den Rechtsstaat aus.“

Slowik ergänzte, Clankriminalität habe auch damit zu tun, „dass wir gegen ein Dominanzverhalten vorgehen wollen“, sie nannte ebenfalls das Parken in der zweiten Reihe, aber auch Hochzeitskorsos als Beispiele. Das sei zwar nicht kriminell, aber „da fängt es an“, so die Polizeipräsidentin. Auch die Großrazzien in Neuköllner Shisha-Bars und Geschäften seien kein Vorgehen gegen OK, sondern gegen „Regelverstöße“ wie Verletzung des Immissionsschutzes oder Tabakschmuggel, „die wir nicht akzeptieren wollen“.

Innensenator Geisel kündigte für kommendes Frühjahr ein eige­nes Lagebild für „Clankriminalität“ an.

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