Protest gegen „Black Friday“ in New York: Schweigen statt shoppen

Meditation gegen zu viel Konsum und die Klimakrise: Extinction Rebellion rief in New York am „Black Friday“ zu „direkten Aktionen“ auf.

Viele junge Leute

Auch Olivia Wohlgemuth (1.v.r.) ist bei der Meditation für das Klima Foto: Dorothea Hahn

NEW YORK taz | „Sparsamkeit“ steht auf einer der bunten Fahnen, die über den mehreren Hundert Menschen flattert, die sich bedächtig und schweigend durch das dichte Gedrängel auf den Straßen im Zentrum von Manhattan bewegen. „Demut“ und „Mitgefühl“, auf anderen. An der Spitze der Gruppe geht ein buddhistischer Mönch in einer braunen Kutte. Rund um die Schweigenden hasten mit Plastiktüten beladene SchnäppchenjägerInnen von einem Geschäft zum nächsten.

Es ist „Black Friday“, der Tag des größten Kaufrauschs in den USA und der Tag, an dem das Weihnachtsgeschäft beginnt. Die Schweigenden folgen einem Aufruf von „Extinction Rebellion“. Sie meditieren gegen den Konsum und gegen die Klimakrise. Und sie wollen ihre MitbürgerInnen, von denen viele bestreiten, dass es überhaupt eine Klimakrise gibt, darüber aufklären, dass Konsum und Wegwerfgesellschaft die Krise beschleunigen.

„Wir wollen niemanden beschämen“, versichert der 79-jährige Psychologe Bob Kolodny, „wir wollen lediglich einen Kontrast zum Nachdenken anbieten“. Wenn PassantInnen nervös auf den Schweigeprotest reagieren, sagt er, dass ihm die Störung „leid“ tue. Auch die 17-jährige Schülerin Olivia Wohlgemuth hat „nichts gegen Einkaufen. Wir wollen die kapitalistische Zerstörung stoppen“.

An der Kreuzung von 34th Street und Broadway teilt sich die Gruppe in drei Teile und die „gewaltfreie direkte Aktion“ beginnt: Ein paar Dutzend Klimaaktivisten gehen auf die Mitte der dicht befahrenen Straßenkreuzung. Die anderen bleiben an den Straßenrändern stehen. Alle schweigen.

„Dies ist unser Moment“, hat „Brother Man“, der buddhistische Mönch zu Beginn des Schweigemarsches von den Stufen der Zentralbibliothek am Bryant Park gesagt. „Spürt das Gewicht Eures Körpers, spürt Eure Füße auf dem Boden.“ Auf der Straßenkreuzung ist er einer der ersten, dem wenige Minuten später die Hände auf den Rücken gelegt und mit Plastikhandschellen gefesselt werden.

Zusammen mit mehreren Dutzend weiteren Festgenommenen muss er in den weißen Gefangenenbus der New Yorker Polizei steigen, der fast gleichzeitig mit den Schweigenden an der Kreuzung angekommen ist. Aus einem Lautsprecher kommt in Endlosschleife die polizeiliche Durchsage: „Sie sind rechtswidrig auf der Straße. Wenn Sie jetzt gehen, geschieht Ihnen nichts.“ Aber die Meditierenden trotzen der Aufforderung.

„Eine andere Welt ist möglich“

Unterdessen steht der Rest der Schweigenden am Straßenrand. Als der Gefangenenbus abfährt, ist das Schweigen vorbei. Es ertönen Applaus und Rufe wie „We love you“ und „Eine andere Welt ist möglich.“

Für viele ist es bereits die zweite meditative „direkte Aktion“ an diesem Black Friday. Am frühen Morgen waren sie in einem Kaufhaus der Kette „Bed Bath & Beyond“ und haben lange Ketten mit leeren Einkaufswagen gebildet, die sie schweigend in einer „Non-Shopping-Wirbel-Meditation“ durch das Kaufhaus schoben.

Unterdessen verteilten andere „Gutscheine“ für garantiert nachhaltige Geschenke an PassantInnen. Darunter „eine Wanderung mit mir“ und „eine halbstündige Massage“. In der Vorwoche fanden Hungerstreiks statt – darunter in der New Yorker Universität Columbia und im Washingtoner Büro der Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Von der Universität verlangten die Hungerstreikenden, dass sie Investitionen in Mineralölfirmen zurückzieht, von Pelosi, dass sie den Green New Deal zur offiziellen Politik der Demokratischen Partei macht.

Die Klimabewegung in den USA ist nach der mehr als 400.000 Menschen starken Demonstration im September in New York wieder radikal geschrumpft. Aber zugleich hat sie sich diversifiziert. Eltern und Großeltern haben sich von Teenagern überzeugen lassen, mitzumachen. Andere setzen ihre langjährigen Umweltproteste nun unter dem Banner Extinction Rebellion fort.

An diesem Black Friday sind auch AktivistInnen dabei, die seit Jahren für eine andere Umwelt- und Klimapolitik aktiv sind. Die 54-jährige Trellan Smith ist eine von ihnen. Vor Jahren haben sie und andere eine Schlacht gegen das Fracking gewinnen und den Bundesstaat New York dazu gedrängt, diese besonders klimabelastende Gasförderungsmethode zu verbieten. Doch jetzt baut der Staat New York jede Menge Pipelines, um das Gas, das in Nachbarstaaten per Fracking gefördert wird, zu holen. „Jedes Mal, wenn man sich umdreht, passiert etwas Neues“, beschreibt Trellan Smith ihren nicht enden wollenden Einsatz: „Kraftwerke. Verdichterstation. Pipelines.“

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