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Miese Bilanz der G20 beim KlimaschutzDie dreckigen zwanzig

Eine neue Analyse zeigt: Trotz aller Klima-Versprechen steigen in den G20-Staaten die Emissionen von Klimagasen weiter an.

Klimasünder China ist von der eigenen Verschmutzung besonders schlimm betroffen Foto: reuters

Berlin taz | Vier Wochen vor der nächsten UN-Klimakonferenz in Madrid stellt eine Initiative von Experten und Umweltschützern den 20 größten CO2-Verschmutzern unter den Ländern ein vernichtendes Zeugnis aus. „Die CO2-Emissionen aus den 20 größten Volkswirtschaften steigen an“, heißt es im diesjährigen Bericht „Brown to Green“, den das internationale Forschungsnetzwerk Climate Transparency am Montag veröffentlicht. „Keines der Länder hat Pläne für einen Pfad, der die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzt, obwohl die meisten dafür die technischen Möglichkeiten und ökonomischen Anreize haben.“

Der jährliche „Brown to Green“-Report verfolgt die Fort- und Rückschritte der Industriestaaten auf dem Weg zu einer „grünen“ Weltwirtschaft. Zusammen sind die Staaten der G20 für etwa 80 Prozent der weltweiten Treibhausgase verantwortlich. Für jedes der G20-Länder wie USA, China, Indien, Japan, Russland, Brasilien, Indonesien oder die EU stellen sie Daten zusammen, wie sich die CO2-Emissionen, die Hilfen zur Anpassung an den Klimawandel und die finanziellen Zusagen an arme Länder entwickeln.

Im Rückblick auf 2018 sehen die Autoren fast überall Probleme: Sie monieren steigende Emissionen im Energiebereich (um 1,8 Prozent), weil trotz billiger Erneuerbarer der Energiemix kaum grüner wird. Immer noch 82 Prozent der Energie kommen aus Kohle, Gas oder Öl. Bei den Gebäuden stiegen die Emissionen sogar um mehr als 4 Prozent. Indonesien und die Türkei verfeuern mehr statt weniger Kohle, Staaten wie Australien, China, Indien, Indonesien, Russland, Südafrika und die USA steigerten insgesamt ihren Einsatz von Öl, Gas und Kohle. Die Emissionen aus dem Flugverkehr stiegen in den G20-Staaten steil an. „Der Einsatz von Treibstoffen mit niedrigem CO2-Fußabdruck im Verkehr liegt bei 6 Prozent“, heißt es. „Das muss sich für die Einhaltung der Klimaziele bis 2050 verzehnfachen.“ Neue Autos mit Verbrennungsmotor müssten bis 2035 verboten werden.

Der Klimawandel geht allerdings auch an den G20-Staaten nicht spurlos vorüber. Extreme Wetterlagen kosteten in den Ländern im Schnitt jährlich 16.000 Menschenleben und 142 Milliarden Dollar an Schäden, heißt es im Bericht. Positiv wird vermerkt, dass sich die direkten staatlichen Subventionen für Fossile von 248 Milliarden Dollar in 2013 bis 2018 auf 127 Milliarden praktisch halbiert haben. Teilweise wurden die Vergünstigungen tatsächlich gestrichen, teilweise wurden Öl, Gas und Kohle einfach billiger. 70 Prozent aller CO2-Emissionen in den G20 unterliegen keinem CO2-Preis.

Auch Deutschland schneidet schlecht ab

Etwa die Hälfte der G20-Staaten, darunter China, die EU, Indien und Saudi-Arabien, werden nach dieser Analyse trotz mageren Resultaten bei den CO2-Reduzierungen ihre Klimaziele aus dem Pariser Abkommen erreichen. „Das zeigt, dass diese Ziele noch nicht die höchstmögliche Ambition zeigen“, heißt es diplomatisch im Bericht. Denn viele Länder haben nur leicht erfüllbare Ziele ausgegeben.

Und das ist auch einer der wenigen Lichtblicke, die die Autoren der Studie sehen: „Wir haben die Hoffnung, dass sich die Staaten 2020 zu höheren Zielen verpflichten“, sagt Avlaro Umana, einer der Autoren. „Viele Ziele sind so schwach, dass sie leicht zu steigern sind“, sagt auch Jan Burck von der Entwicklungsorganisation Germanwatch, die am Bericht mitarbeitet. Oft seien sogar einfach Maßnahmen noch nicht ergriffen. Für Deutschland kritisiert Germanwatch, die Klimaziele für 2030 erfüllten nicht das Pariser Abkommen, „und das Klimapaket der Regierung verpasst sogar dieses schwache Ziel“.

Der Bericht will die G20 zu mehr Ehrgeiz bewegen, weil 2020 international wichtige Entscheidungen fallen: Im November nächsten Jahres sollen die UN-Staaten fünf Jahre nach Paris ihre Klimapläne zum ersten Mal verschärfen. Allerdings ist die Lage dafür denkbar ungünstig: Den Vorsitz bei G20 und G7 haben 2020 zwei bekennende Klimasünder: Saudi-Arabien und die USA.

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4 Kommentare

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  • Warum wohl, weil man nicht bei den wirklich Großen anfängt, sondern bei den Kleinsten?

    Denn die ca. 750 Mio. Autos haben gerade einmal einen Anteil von ca. 1 % in Worten einem Prozent!

    Ähnlich bei dem weltweiten Flugverkehr, deren Anteil liegt bei unter 3% in Worten drei Prozent.

    Will man wirklich etwas verändern, muss man bei den großen anfangen, die Bauindustrie hat einen Anteil von über 50%, oder die Industrielle Landwirtschaft, oder die Textilindustrie die sind schmutziger als alle 750 Mio. Autos und Flüge zusammen?

    Oder die weltweit ca 90 000 Frachtschiffe, die fahren alle mit Schweröl, ein dreckiges und giftiges Abfallprodukt der Öl Industrie.

    Alleine die 15 größten Frachtschiffe sind schmutziger als alle 750 Mio. Autos zusammen?

    vom militärischen Komplex wird geschwiegen. Aus gutem Grund, es gibt keine größere Militärische Organisation, wie die US Armee, aber natürlich gilt das auch für kleinere Armeen auf dieser Erde.

    Die einzige Zahl die bekannt ist, ist die7000 Militärbasen der US Armee, täglich dreihundertzwanzigtausend Barrel (1 Barrel ein Fass 158,9 Liter )Öl verbrauchen. Jetzt muss man sich vorstellen, 320 Tausend mal 159 Liter Öl da kommen wir in die Größen Ordnungen von 50 Millionen Liter Öl täglich.

    Also das ist so eine riesen Menge, das ist so gigantisch, dass es nahezu lächerlich ist, daneben über Elektromobilität zu reden. Warum reden wir darüber nicht?

    Es hat im Jahr 1998 einen Beschluss des US Kongress gegeben, da haben die fest gelegt, Pentagon, US Armee ist vom Kyoto Protokoll, von allen Umwelt Protokollen, Umwelt Maßnahmen, Berichten, ausgeschlossen. Das sollte auch einem Kind verständlich sein, warum.

    • @Illoinen:

      "Denn die ca. 750 Mio. Autos haben gerade einmal einen Anteil von ca. 1 %"

      Von wem haben Sie diese Zahl? Etwa von einem bestimmten Lungenarzt a.D.?

      • @tomás zerolo:

        Diese Zahl stammt ursprünglich vom Nabu, wird aber insbesondere von Gegnern des E-Automobils gerne in einen falschen Zusammenhang gestellt, z.B. hier:



        www.mopo.de/hambur...tastrophe-32024852

        Bei der Nabu-Studie ging es nicht ums Klima, sondern um die Luftverschmutzung mit gesundheitsschädlichen Abgasen.

        Was Fakt ist: 750 Mio. Autos stossen so viele SCHWEFELOXIDE aus wie die größten 15 Containerschiffe. Das hat unter anderem damit zu tun, dass ein Auto so gut wie keine Schwefeloxide ausstößt. Hat mit Klima-relevanten Abgasen (Kohlendioxid, Methan, Lachgas) überhaupt nichts zu tun.

        Ist also ein völlig sinnfreien Vergleich. Genausogut könnte man argumentieren: Eine alte Elektroheizung enthält mehr Asbest als 1 Mrd. Autos. Stimmt auch, macht aber Autos nicht umweltfreundlicher...

  • TL;DR: den Reichen geht Klima am Arsch vorbei. Sie drehen einfach die Klimaanlage auf.

    2050 steht halb Mumbai unter Wasser (Climate Central). Ratet mal, welche Hälfte davon: die arme, oder die reiche?