Erstes Urteil gegen Polizist wegen G20: Polizeigewalt hat es doch gegeben

Weil er beim G20-Gipfel in Hamburg einen Kollegen verletzte, wurde ein Polizist verurteilt. Viele andere Verfahren wurden eingestellt.

Hinter einem Zaun mit Stacheldraht stehen Polizisten und ein Wasserwerfer

Polizisten vor der Gefangenensammelstelle am 24. Juni 2017 Foto: Markus Scholz/dpa

Hamburg taz | Zweieinhalb Jahre hat es gedauert. Nun ist am Freitag erstmals ein Polizist wegen seines Verhaltens beim G20-Gipfel in Hamburg verurteilt worden. Wegen Nötigung und fahrlässiger Körperverletzung im Amt sprach die Richterin eine Verwarnung unter Strafvorbehalt gegen Klaus M. aus. Wenn der Polizist aus Minden sich im nächsten Jahr etwas zu Schulden kommen lässt, muss er 3.200 Euro Strafe bezahlen.

M. stand allerdings nicht vor Gericht, weil er eine*n Demonstrant*in verletzt hat. Der Geschädigte ist ein Polizist. Hintergrund war ein Streit zwischen den beiden, der sich um die Frage drehte, wer in der Gefangenensammelstelle (Gesa) Neuland wo Waffen tragen darf.

Der geschädigte Hamburger Polizist trug eine große Pfeffersprayflasche bei sich und weil M. das nicht für rechtens hielt, drückte er W. an ein Auto und nahm ihm die Flasche ab. Dabei erlitt W. eine Bänderdehnung im kleinen Finger.

Der Angeklagte stritt die Tat nie ab. „Ich habe Verantwortung übernommen und wenn ich dafür Strafe erfahren sollte, fände ich das sehr traurig“, sagte er in seinem letzten Wort.

Viele Ermittlungsverfahren eingestellt

Auch sein Anwalt Raban Funk stilisierte M. in seinem Plädoyer als Opfer der chaotischen Zustände in der Gesa. Die „hamburgischen Verhältnisse“ seien ihm nicht richtig vermittelt worden. Er kritisierte außerdem, dass wegen dieser Bagatellverletzung überhaupt eine Hauptverhandlung stattfand und das Verfahren nicht eingestellt wurde. Tatsächlich hatte M. gegen einen Strafbefehl Einspruch eingelegt, deshalb kam es zum Prozess.

In ihrer Urteilsbegründung kritisierte die Richterin, dass M. sich nicht bei seinem Kollegen entschuldigt und in Erwägung gezogen habe, dass auch die andere Seite Recht haben könnte. „Dass sie das nicht sagen können, hängt vielleicht mit ihrer Persönlichkeit zusammen“, sagte sie. Sie milderte sowohl die mögliche Geldstrafe als auch die Bewährungszeit dafür im Vergleich zum Strafbefehl ab. Gegen das Urteil kann M. Berufung oder Revision einlegen.

Dass es demnächst weitere Prozesse gegen Polizist*innen geben wird, ist nicht abzusehen. Wie die Antwort auf eine Kleine Anfrage der Hamburger Linken zeigt, wurden im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel bisher keine Anklagen gegen Polizist*innen erhoben. Von den 168 Ermittlungsverfahren gegen Beamte wurden 107 bereits eingestellt.

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