Zentralisierung der Straßenverwaltung: Beraterinflation bei Autobahn GmbH

Die umstrittene Autobahn GmbH kostet schon vor Betriebsbeginn dreimal so viel wie geplant. Vor allem der Bedarf an Beratern ist hoch.

Eine Autobahn zerschneidet eine idyllische Landschaft

Wenige von 13.000 Autobahnkilometern in Deutschland: die A 96 bei Neuravensburg Foto: dpa

BERLIN taz | Fotos zeigen Herbstlaub und ein Schloss, ein Text berichtet über „800 Autobahner in der Meistersingerhalle“ – solche Informationen bei Instagram, Twitter und in der App „Meine Autobahn“ hat sich das Bundesverkehrsministerium seit März rund eine Viertelmillion Euro kosten lassen. Im Zuge der umstrittenen Zentralisierung der deutschen Autobahnverwaltung gibt der Bund nicht nur viel Geld für digitale Kommunikation aus, sondern auch stolze 86 Millionen Euro nur für externe Berater. Das geht aus der Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Frage des grünen Bundestagsabgeordneten Sven Kindler hervor. „Für Großkanzleien und Unternehmensberater ist die Autobahn-Reform bisher ein wahrer Goldesel“, sagt Kindler.

Die neue Autobahn GmbH soll ab 2021 die Autobahnverwaltungen der Länder ablösen. Sie wird dann nach eigenen Angaben für bis zu 15.000 Beschäftigte verantwortlich sein. Im März 2019 hat die Geschäftsführung die Arbeit aufgenommen. Das Projekt ist hochumstritten. KritikerInnen fürchten, dass über diesen Weg die Privatisierung der Fernstraßen kommen könnte. Sie warnen außerdem vor den hohen Kosten der Zentralisierung.

Jetzt sehen sich KritikerInnen in diesem Punkt bestätigt. Die voraussichtlichen Ausgaben für die Autobahn GmbH für 2019 haben sich gegenüber den ursprünglichen Plänen von 30 Millionen Euro auf 90 Millionen Euro verdreifacht. Mit 54,5 Millionen Euro entfallen mehr als die Hälfte der Kosten auf Berater. Das sind aber nicht alle angefallenen Beratungskosten. Nach Angaben des von Andreas Scheuer (CSU) geführten Bundesverkehrsministeriums hat es selbst entsprechende Leistungen für insgesamt 40 Millionen Euro eingekauft. „Bei der Autobahn GmbH werden bis Ende 2021 rund 46 Millionen Euro anfallen“, heißt es in der Antwort an Kindler.

Insgesamt liegen die Beratungskosten bis Ende 2021 also bei 86 Millionen Euro. „Verkehrsminister Scheuer sollte mehr auf die eigenen Fachleute und auch die Expertise im Haus vertrauen und weniger auf teure, private Berater von außen“, fordert Kindler. „Statt die Probleme bei der Autobahn-Reform mit teuren Beratern zu kaschieren, sollte Scheuer endlich zugeben, dass der Zeitplan nicht zu halten ist und sich das gesamte Projekt massiv verzögern wird.“ Das Bundesverkehrsministerium antwortete auf eine taz-Anfrage nicht.

App für die MitarbeiterInnengewinnung

Nicht nur die Kosten für die Berater sind in Kindlers Augen fragwürdig. Die App „Meine Autobahn“ informiert über den Aufbau der Autobahn GmbH und ist zur Gewinnung von MitarbeiterInnen gedacht. „Diese stehen derzeit vor der Entscheidung, entweder beim Land zu bleiben oder zur Autobahn zu wechseln“, so ein Sprecher der Autobahn GmbH. Die App wurde nach seinen Angaben bisher rund 3.500-mal heruntergeladen. Sie sei sehr beliebt, weil viele MitarbeiterInnen „dort zu Wort kommen“.

Das Verkehrsministerium hat die Entwicklung der App im Jahr 2018 in Auftrag gegeben und dafür knapp 200.000 Euro gezahlt. Die Betreuung kostet seit April 2019 monatlich 2.261 Euro, die seit Mai die Autobahn GmbH trägt. Da sie eine 100-prozentige Staatstochter ist, kommt weiterhin der Steuerzahler dafür auf. „Sparsame Haushaltsführung und eine richtige Prioritätensetzung scheinen Fremdworte für Andreas Scheuer bei der Autobahn-Reform zu sein“, kritisiert Kindler.

Für den Twitter- und Instagramkanal der Autobahn GmbH sind zwischen April und Oktober dieses Jahres Kosten in Höhe von 26.600 Euro von freien Mitarbeitern in Rechnung gestellt worden. „Statt sich auf die Kernprobleme der Reform zu fokussieren, hat der Minister für PR-Bilder auf den Twitter- und Instagram-Kanälen der Autobahn GmbH unnötig Geld verschwendet“, sagt Kindler. Dem Twitter-Kanal folgten am vergangenen Dienstag rund 500 NutzerInnen, bei Instagram waren es rund 750.

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