Regierungskrise in Ecuador: Schuld sind immer die anderen

Statt zu seiner Sparpolitik zu stehen, wendet Präsident Moreno Gewalt an und macht sich aus dem Staub. Leider hat das in Südamerika Tradition.

Protestierende mit erhobenen Fäusten vor Wandgemälde, das Hände zeigt

In der Hauptstadt Quito protestieren EcuadorianerInnen gegen Morenos Sparpolitik Foto: Carlos Garcia Rawlins/reuters

Da sind sie wieder, die Bilder, die ein südamerikanisches Land wie eine Bananenrepublik aussehen lassen: Eine Regierung macht das Gegenteil dessen, was sie im Wahlkampf verspricht. Die Unzufriedenheit mündet in Massenprotesten. Ein Präsident schickt knüppelnde Sicherheitskräfte, verhängt eine Ausgangssperre, flüchtet aus der Hauptstadt – und schwafelt vom Putschversuch mit ausländischer Hilfe.

Was derzeit in Ecuador zu beobachten ist, hat in Südamerika leider eine lange Tradition. Ähnlich wie zuletzt Argentinien bekommt das Andenland den harten Bruch von linker Umverteilungs- zu neoliberaler Sparpolitik zu spüren. Weil Ecuadors Präsident Lenín Moreno einen Milliardenkredit vom Internationalen Währungsfond (IWF) möchte, hat er weitgehenden Reformen zugestimmt.

Und diese Reformen treffen – wen sonst? – vor allem die ärmeren indigenen Bevölkerungsschichten, die Morenos Vorgänger Correa noch massiv entlastet hatte. Doch nun sollen unter anderem die Subventionen für vergünstigtes Benzin wegfallen. Das hatte Präsident Moreno vergangene Woche angekündigt und damit die Proteste ersten ausgelöst.

Immer ist der politische Gegner Schuld am Chaos – das Muster ist in Lateinamerika bekannt

Dass die Ecuadorianer*innen nicht die neoliberale Sparpolitik ihrer Regierung bezahlen möchten, leuchtet ein. Dass sich Präsident Moreno aber aus der Verantwortung für den ersten Toten und die bisher rund 70 Verletzten der Polizeigewalt stiehlt, hingegen nicht. Stattdessen macht er, ohne mit der Wimper zu zucken, seinen Amtsvorgänger – und dessen angeglichenen Komplizen Venezuela – für den Aufruhr verantwortlich. Immer ist der politische Gegner Schuld am Chaos – dieser Reflex mündet zwangsläufig in einer Gewaltspirale, mit immer heftigeren und blutigeren Protesten. Siehe Venezuela oder Nicaragua.

Besser wäre es, Moreno würde politisch zu seinen Reformen stehen und sie ehrlich als das benennen, was sie sind: eine Umverteilungspolitik von unten nach oben.

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Seit 2013 für die taz tätig, derzeit als Bildungsredakteur sowie Redakteur im Ressort taz.eins. Andere Themen: Lateinamerika, Integration, Populismus.

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