TV-Ausstrahlung der Leichtathletik WM: Was kommt nach den Kameras?

Bei der letzten WM in Doha gab es Kritik an den Startblockkameras. Da das TV auf Sportereignisse angewiesen ist, könnte noch Kurioseres folgen.

Läuferinnen beim Start

Leichtathletik WM in Doha: Die Kameras am Startblock nehmen den Schritt der Läuferinnen auf Foto: Mary Gash/ap

Die Leichtathletik WM in Doha ist nun auch schon wieder vorbei. Schön war’s gewesen, zumindest schön warm. Davon zeugen ja allein die zahlreichen AthletInnen, die gar nicht ins Ziel kamen, weil sie wegen der Hitze vorher aufgeben mussten.

Im Fernsehen beziehungsweise gestreamt war’s trotzdem Bombe, diese Bilanz ziehen jedenfalls Veranstalter und Verbände. Sie können ja auch gar nicht anders. Ihre Einnahmen hängen mehr denn je von der medialen Vermarktung ab (und vielleicht im Fall bestimmter Austragungsorte auch von sehr zahlungswilligen Mächten im Hintergrund). Doch es ist die Medienkohle, die den ganzen Betrieb unter Strom hält. Und das klassische Fernsehen braucht die Live-Sportereignisse, weil sie die letzten großen Lagerfeuer sind, um die sich die Menschen scharen. Und bei denen zeitunabhängiger Abruf on demand ausnahmsweise mal nicht die erste Geige spielt: Live ist live. Da werden dann auch Streamingdienste und andere Online-only-Angebote wieder zu ganz normalen Sendern.

Dieser Teufelskreis der gegenseitigen Abhängigkeit ist alles andere als neu. Er treibt nur immer kuriosere Blüten – die viel diskutierte Startblockkamera bei den Laufwettbewerben passt da voll ins Bild. Gebracht hat’s, da sind sich so ziemlich alle einig, nichts. Schon gar nicht die groß angekündigten, „bahnbrechenden“ Perspektiven und Bilder, „die das Publikum noch nie zuvor gesehen hat“. Wobei: doch. So manches jetzt zu besichtigende halbe Bein war vorher nicht im Bild. Toll!

Im Sport und den internationalen Verbänden gilt im Zweifel ja sogar noch mehr als in DAX-Vorständen: It’s a man’s world. Bei den Sendern – auch den Öffentlich-Rechtlichen, wenn es um die Rechte-Dealer geht – ebenfalls. Und so spielen sie als immer noch sehr potente Geldgeber brav mit. Anstatt mal ihren mit der Rechtekohle kommenden Einfluss geltend zu machen.

Was sind schon ein paar wacklige Bilder?

Wenn sich Veranstalter und Sender hier künftig noch gegenseitig weiter raufschaukeln wollen, sind Kameras aber ziemlich von gestern. Helmkamera, Fußkamera, Gewehrlaufkamera beim Biathlon, diese friedliebende Wintersportperversion – alles machbar. Aber was bringt’s? Noch ein paar wacklige Bilder mehr.

Der Trend aus Doha, der sich mit der Schrittkamera andeutet, könnte noch in ganz andere Richtungen gehen. Wie wäre es denn ab sofort mit sportlichem super scoring nach chinesischem Vorbild? Alle Körperfunktionen und das Sozialverhalten der letzten sechs Monate penibel erfasst in Echtzeit als Zusatzinfo eingeblendet, von KollegIn Algorithmus unbestechlich ausgelesen und in die Bewertung einbezogen. Lässt sich bei autoritären Regimes, wo sportliche Großereignisse aktuell irgendwie ja bevorzugt stattzufinden scheinen, bestimmt easy durchsetzen. Und das Fernsehen hätte echt mal was Neues.

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2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"

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