Übergangsregierung im Sudan: Ein langer, kurviger Weg

Militär und zivile Opposition machen den Weg für eine Übergangsregierung frei. Auf den Straßen feiern die Menschen. Aber es gibt auch Skepsis.

Sudanesische Demonstrantinnen feiern das Abkommen im Sudan

Auf den Straßen Khartums wurde gefeiert Foto: ap

NAIROBI taz | Nach monatelangen Protesten und Verhandlungen müssen die Putschisten aus dem Militär und die oppositionelle Demokratiebewegung im Sudan jetzt richtig an die Arbeit, um das steuerlose Land auf Kurs zu bringen. Am Samstag wurden in Anwesenheit von Regierungschefs aus der Region alle Vereinbarungen für eine gemeinsame Übergangsregierung ratifiziert. Auf den Straßen wurde gefeiert, aber die Freude war etwas gedämpft.

Im April hatte Sudans Armee den autoritär herrschenden Staatschef Omar Hassan al-Bashir nach dreißig Jahren an der Macht gestürzt. Schon seit Ende 2018 hatten Demonstranten im ganzen Land seinen Rücktritt gefordert. Ihre Hoffnung auf den Übergang zu einer zivilen Regierung wurden niedergeschlagen, als die hochrangigen Militärs einen Regierungsrat bildeten und die Macht nicht aufgeben zu wollen schienen. Erst nach starkem Druck aus dem Ausland nahmen sie am Verhandlungstisch Platz, um einen Kompromiss mit den Forces of Freedom and Change (FCC), der wichtigsten zivilen Oppositionskoalition, zu erzielen.

Der katholische Bischof Yunan Andali von El Obeid, einer Stadt, in der im vergangenen Monat sechs protestierende Studenten von einer paramilitärischen Gruppe erschossen wurden, misstraut insbesondere weiter dem Militär. „Die Situation ist so fragil, die Zukunft so ungewiss. Dies ist ein Land mit einer langen Geschichte von Staatsstreichen. Hier ist alles möglich.“

Die Studentin Amani Razik aus der Hauptstadt Khartum hofft nun, dass sie sich nach Monaten der Demonstrationen jetzt wieder ganz ihrem Studium widmen kann. „Wir müssen dieses Land aus der Misere holen. Das ist nur möglich, wenn wir gemeinsam an die Arbeit gehen“, sagt Razik.

Die FCC setzt auf den Ökonomen Abdalla Hamdok als Premierminister. Die Regierung wird aus Zivilisten bestehen, mit Ausnahme der Verteidigungs- und Innenministerien, in denen Militärangehörige die Oberhand haben werden. Mit der Wahl von Hamdok, der unter anderem für die Afrikanische Entwicklungsbank gearbeitet hat, scheint die FCC sich auf die wirtschaftliche Erholung des Landes konzentrieren zu wollen.

Die Einheit innerhalb der FCC bröckelt

Der zivile Aufstand gegen al-Bashir begann im vergangenen Dezember, nachdem die Preise für Brot und Benzin erhöht worden waren. Aufgrund der Demos und Streiks in den letzten neun Monaten kam die wirtschaftliche Entwicklung fast zum Stillstand. Darüber hinaus verfolgte der Militärrat nicht wirklich eine Politik des wirtschaftlichen Aufschwungs.

Die Ernennung von Hamdok muss noch vom sogenannten souveränen Rat genehmigt werden, der zur höchsten Macht des Landes wird. Das Gremium wird fünf Zivilisten und fünf Militärs umfassen, die einvernehmlich ein elftes Mitglied ernennen müssen. Bis alle Kandidaten für Rat, Regierung und Parlament ernannt worden sind, dürfte es turbulent bleiben. Innerhalb der Armee gibt es Rivalitäten zwischen den verschiedenen Abteilungen, die al-Bashir im Sinne einer Teile-und-herrsche-Taktik so aufgestellt hatte, dass ihm keine zu mächtig und zur Bedrohung werden konnte. Die Frage ist, welche dieser Divisionen nun im souveränen Rat vertreten sein wird.

Aber auch die Einheit innerhalb der FCC bröckelt. Das gemeinsame Streben nach einer zivilen Regierung ist teilweise verwirklicht worden – aber jetzt, wo es um die Postenverteilung geht, werden die Spaltungen deutlich. Dabei scheint es Brüche zu geben zwischen den zumeist intellektuellen Führern des Bürgeraufstands in Khartum und den Regionen im Sudan, die sich nicht ausreichend vertreten fühlen.

„Wir haben so lange auf die Änderung gewartet, und viele glauben, dass sich mit den Abkommen alles innerhalb eine Woche zum Positiven ändert“, sagt Professor Mohamed Almustafa, Mitglied der FCC. „Aber es liegt noch ein langer und kurviger Weg vor uns.“

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