Birnenschnaps im Syndikat: Striptease eines Immobilienriesen

Stückweise werden das Immobilien-Geflecht um Pears Global und dessen Steuertricks entblößt. Das Syndikat hat inzwischen eine Räumungsklage.

Eine zerdrückte Birne auf einer Tischplatte

Serviervorschlag Pears Global Foto: Markus Spiske/Unsplash

BERLIN taz | Vom Mieterprotest einer einzelnen Kneipe bis zur Aufdeckung eines großen Skandals ist es manchmal gar nicht so weit. Zweifelsohne bleibt es eine erstaunliche Geschichte in Zeiten von Verdrängung: Der linken Szenekneipe Syndikat droht nach 30 Jahren Politik, Saufen und Kicker die Räumung, nachdem eine eher unbekannte Immobilien-GmbH ihr Haus gekauft hatte. Gewerbemietverträge sind jederzeit kündbar, inzwischen liegt die Räumungsklage gegen die Kneipe vor – dennoch wollte das Syndikat nicht einfach kapitulieren, sondern den Protest zu den Besitzern tragen.

Und tat das es durchaus erfolgreich: Auf der Suche nach dem Eigentümer stieß das linke Kneipenkollektiv auf ein Netzwerk vieler GmbHs, die alle zur selben Adresse im Steuerparadies Luxemburg führten. Eine dieser Briefkastenfirmen, die auch in Dänemark ihr Unwesen treibt, ließ schließlich über das strengere dänische Handelsregister Rückschluss auf die wahre Identität der Eigentümer zu: die britische Milliardärsfamilie Pears, die weltweit ihren Reichtum verschleiert und seit einiger Zeit auch in Deutschland mit Wohnraum spekuliert.

Ihre Recherche dazu hatte das Syndikat bereits vergangenen November erstmals veröffentlicht und Anfang April bei Birnenschnaps (Englisch pear, höhö) nochmal mit allen Details vorgestellt.

Nun haben Tagesspiegel und Correctiv mit einer Recherche weitere interessante Erkenntnisse über den dubiosen Immobilienriesen gewonnen: Nachweislich 3.000 Wohnungen besitzen allein rund 25 von 76 Firmen, die sich einen Briefkasten in Luxemburg mit recht großem Namensschild teilen. Das geht aus 110 Grundbuchakten vor. Die Dunkelziffer dürfte noch höher liegen: Pears hatte auf ihrer inzwischen vom Netz genommenen Website selbst geschrieben, dass sie rund 6.200 Wohnungen besitzt, den Großteil davon in Berlin.

Hübsch ist in der Recherche noch einmal das Immobiliengeflecht aufgedröselt: Angefangen bei den Briefkästen in Luxemburg, die wiederum Holdings in Zypern gehören, welche ihrerseits Eigentum von Firmen auf den britischen Jungferninseln sind. Profite schiebt die Milliardärsfamilie so lange hin und her, bis kaum noch Steuern anfallen.

535 Euro Steuern

Und so hat der Briefkasten, dem das Syndikat gehört, im Jahr 2017 schlappe 1,2 Millionen Euro verdient und dafür nur 535 Euro Steuern gezahlt. Und wenn man angesichts dieser Zahlen noch die schönen Yachten und Anwesen im Hinterkopf hat, die das Syndikat in seiner Präsentation zeigte, ja, dann kann das Gebaren der britischen Milliardärsfamilie schon ein wenig wütend machen.

Ähnlich dürfte es der Steuerfahndung, Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) und auch der linken Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gehen. Denn was folgt eigentlich auf den ungewollten Striptease des unlauteren Finanzriesen? Genau: erst mal wenig.

Denn während Kollatz von einer ländergenauen Gewinnabrechnung (Country-by-Country-Besteuerung) träumt, dafür aber internationalen Rückhalt bräuchte, der nicht einmal auf Bundesebene in der Groko besteht, kann die linke Senatsverwaltung für Stadtentwicklung nicht mit Sicherheit sagen, wie viele Wohnungen Pears Global eigentlich besitzt. Auf der Senatsliste der Unternehmen, die von dem Enteignungs-Volksbegehren betroffen wären, ist Pears jedenfalls noch immer nicht vertreten.

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