Wahlkampf in Bremen: Etwas Besseres als Schwarz-Rot?

In zwei Wochen wählt Bremen einen neuen Landtag. Die SPD blinkt in Richtung CDU, doch Rot-Grün-Rot ist die wahrscheinlichere Koalition

Etwas Besseres als Schwarz-Rot ist möglich. Sogar in Bremen! Foto: dpa

Wenn es bei der Bremer Bürgerschaftswahl am 26. Mai um Inhalte geht und nicht bloß um Machtoptionen, ist die Entscheidung klar: Es läuft auf Rot-Grün-Rot hinaus, eine Koalition aus SPD, Grünen und der Linken. Denn das Trio ist nicht nur das einzige Bündnis, das in allen Umfragen über eine sichere Mehrheit verfügt. Es ist auch das einzige, dessen Programme kompatibel scheinen.

Das überrascht vielleicht. Denn einerseits hat die SPD Henning Scherf als Posterboy wiederentdeckt, den Bürgermeister der Großen Koalition, der den Ausverkauf der Stadt betrieben hatte, und auch der amtierende Senatspräsident erinnert sich im taz-Interview (Seite 43) auf einmal recht rosig an diese Zeit: Ein kaum verbrämtes Koalitionssignal, das aber nur mit Einschränkung gilt. Als Juniorpartner will man in so ein Bündnis nicht eintreten: „Wir werden uns nicht zum Steigbügelhalter eines CDU-Bürgermeisters machen“, sagt die SPD-Landesvorsitzende Sascha-Karolin Aulepp.

Andererseits raunt die überregionale Presse seit Januar von der Möglichkeit eines bürgerlichen Bündnisses aus Grünen, CDU und einer FDP, die sich klar rechts von den Christdemokraten positioniert hat. Befeuert werden die Fantasien auch dadurch, dass die Grüne Spitzenkandidatin Maike Schaefer die Distanz zu den Sozialdemokraten betont und die Abnutzungerscheinung der zwölfjährigen gemeinsamen Regierungsarbeit, von „Wechselstimmung“ spricht und dröhnend zur Koalitionsfrage schweigt.

Schlechter als im Deutschlandtrend

Möglich, dass die Grünen deshalb in Bremer Umfragen aktuell schlechter dastehen als im Deutschlandtrend, und nicht wie sonst mehrere Prozentpunkte drüber. Denn inhaltlich würde ein Bündniswechsel schwierig. Da hatte Schaefer mehrfach betont, dass es ihr „um die Schaffung von preisgünstigem Wohnraum, um den Klima- und Umweltschutz als grünes Kernthema“ gehe „und darum, klare Kante gegen die AfD und den Rechtspopulismus zu zeigen“.

Union und FDP unterstützen beide ein Bürgerbegehren gegen die Bebauung einer ehemaligen Galopprennbahn, der innerstädtischen Brache, in der nahezu ohne ökologische Verluste schnell Wohnraum geschaffen werden kann. Was Bündnis90/Die Grünen an konkreten Projekten in Sachen Klimaschutz und Verkehrswende im Wahlprogramm auflisten, wird von den Freidemokraten vehement abgelehnt, und deren Frontfrau Lencke Steiner lässt dazu den BMW-Motor ex­tralaut aufheulen.

Vor allem aber hat die FDP in Bremen unter Steiners Führung eine bestürzende AfD-Nähe entwickelt: Das ist nicht nur ein subjektiver Eindruck aus – freilich subtil – rassistisch grundierten Wahlplakaten, die vor gewaltbereiten Familienclans warnen, und Initiativen in der Bremer Bürgerschaft. Diese Nähe ist messbar, am einfachsten derzeit durch die Tools Wahl-Swiper oder Wahl-O-Mat, die ja nicht nur helfen, die eigenen Vorstellungen mit denen der Parteien abzugleichen, sondern auch als Analysetool ideologische Verwandtschaften aufzeigen. Wer beim Bremer Wahl-O-Mat zu 100 Prozent im Sinne der AfD antwortet, hat 76,3 Prozent Übereinstimmung mit den sogenannten Liberalen und vice versa.

Heißt im Detail: Wie die AfD hält auch die FDP nichts von Frauenquoten, wie die AfD will sie nach Afghanistan abschieben, die Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer einstufen, die Kennzeichnungspflicht von Polizisten abschaffen, Schulnoten einführen und zur Frage, ob unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zusätzlich unterstützt werden sollten, teilt sie – ganz im Sinne der Rechten – mit, dass diese „keiner Sonderbehandlung“ bedürfen. Das Wording ist bestimmt nur ein Versehen.

Man muss nicht beste Freunde werden, um Politik zu gestalten. Aber mit einer angebräunten FDP in ein Jamaika-Bündnis, das wäre ein Kulturbruch in Bremen, das sich, wie der Sozialpsychologe Klaus Boehnke erläutert, durch Akzeptanz von Vielfalt und gesellschaftlichen Zusammenhalt auszeichnet – vermutlich infolge politischer Traditionen (Seite 44). Dem entspricht, dass die beliebteste Koalition einschlägigen Umfragen zufolge die rot-grüne ist, die keine Mehrheit bekommen wird, anders als das auf Platz zwei rangierende Dreierbündnis aus SPD, Grünen und Linken.

Dieser Schwerpunkt wirft einen Blick darauf, wie diese drei ihre Kernkompetenzen im aktuellen Wahlkampf ausspielen – mit und gegeneinander.

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