Organspende, aber nur mit Zustimmung

Ein alternativer Gesetzentwurf zur Organspende setzt ein aktives Ja zu Lebzeiten voraus

Der Entwurf steht im Gegensatz zur „Widerspruchs-lösung“ von Minister Spahn

Aus Berlin Barbara Dribbusch

In der Debatte über die Erhöhung der Organspenderzahlen in Deutschland hat am Montag eine Abgeordnetengruppe einen alternativen Gesetzentwurf vorgelegt. Die Gruppe um die Bundestagsabgeordneten Annalena Baerbock (Grüne), Katja Kipping (Linke) – beide auch Parteivorsitzende –, Hilde Mattheis (SPD), Christine Aschenburg-Dugnus (FDP) und Karin Maag (CDU) setzt mit ihrem Entwurf auf eine aktive Entscheidung der BundesbürgerInnen zur Organspende.

Die Organspende müsse eine „bewusste, freiwillige Entscheidung“ bleiben, sagte Karin Maag. Laut Entwurf sollen BürgerInnen künftig bei Beantragung eines Ausweises oder dessen Verlängerung nach ihrer Zustimmung zur Organspende befragt werden. Auch der Hausarzt soll PatientInnen regelmäßig darauf hinweisen, dass sie sich als Organspender registrieren lassen können.

Nur wer aktiv zustimmt, soll als OrganspenderIn in einer zentralen, gesicherten Datenbank beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information gespeichert werden. Ärzte in Kliniken hätten Zugang zu dieser Datenbank, sodass mögliche SpenderInnen schnell identifiziert werden könnten. Eine Pflicht zur Registrierung in der Datenbank gebe es allerdings nicht. Wer sich zum Thema Organspende überhaupt nicht äußern will, würde nicht registriert und dann auch nicht als Spender betrachtet.

Der Entwurf steht im Gegensatz zur „Widerspruchslösung“, die eine andere Abgeordnetengruppe mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und dem SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach kürzlich präsentierte. Danach soll es ein zentrales Register geben für diejenigen, die aktiv einer möglichen Organspende widersprechen. Automatisch gelten dann alle anderen als SpenderInnen, auch wenn sie sich nie in ihrem Leben zu diesem Thema geäußert haben.

Die Abgeordnetengruppe um Baerbock lehnt diese Widerspruchslösung ab. Menschen etwa mit Depressionen und Angststörungen, die sich mit dem Thema Organspende nicht beschäftigen wollen, gelten nach der Widerspruchslösung automatisch als Organspender, rügte Katja Kipping. Über die beiden gegensätzlichen Gesetzentwürfe solle bis Herbst entschieden werden, sagte Baerbock.

In Deutschland haben nur 36 Prozent der BürgerInnen einen Organspendeausweis – aber 84 Prozent befürworten laut Umfragen Organspenden. Voraussetzung zur Spende ist der Hirntod. Das ist ein Stadium, das aber weniger als ein Prozent der Sterbefälle überhaupt durchlaufen und das aufwendig zu diagnostizieren ist. In Deutschland warten rund 10.000 Schwerkranke auf ein Organ, meist auf eine Niere. Im vergangenen Jahr wurden 3.100 Organe von 955 Hirntoten gespendet.

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