Steffen Grimberg
Flimmern und Rauschen
: Da waren’s nur noch drei: Die „FAZ“ trennt sich von Herausgeber Holger Steltzner

Foto: Regentaucher

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) ist einen Kopf kürzer, im wörtlichen Sinne: Im Kopf der „Zeitung für Deutschland“ fehlt einer. Holger Steltzner, bislang Herausgeber für Wirtschaft und Sport, ist nicht mehr. Jedenfalls Herausgeber, was bei der FAZ eine im deutschen Mediengeschäft einmalige Position darstellt: Diese sind schließlich autonome Chefredakteure für ihren Bereich und sogar mit ein paar Prozentbruchteilen Mitbesitzer des Titels, wenn auch ohne Gewinnbeteiligung.

Davon kann bei der FAZ aber ohnehin nicht mehr so dolle die Rede sein. Steltzner wird seinen Abgang vermutlich trotzdem nicht leichter verschmerzen. Drei Sätze Pressemitteilung nach rund 25 Jahren bei der FAZ (davon über 16 als Herausgeber) und darin die Kernbotschaft: „Die Grundlage für eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den anderen Herausgebern war nicht mehr gegeben.“ Das beweist vom Stil her einmal mehr die Parallelen zwischen FAZ und taz – hier beschränkt man sich beim Kegeln von ChefredakteurInnen ja auch kurz und knapp aufs rustikal Notwendigste. Letztlich ist damit ja auch alles gesagt.

Mehr Informationen gibt’s auch nicht, weshalb sich so mancher kluger Kopf jetzt seinen Teil denkt. „Das wäre mal was ganz Neues, das die @faznet den wahren Grund nennt, wenn sie einen Herausgeber feuert“, twitterte jedenfalls Hugo Müller-Vogg. Er kennt das Gefühl, schließlich musste er 2001 als FAZ-Herausgeber für den Rhein-Main-Teil und die damals nur regionale Sonntagszeitung gehen. Während Müller-Vogg als Opfer der Modernisierer um den viel zu früh verstorbenen Frank Schirrmacher (1959–2014) stilisiert wurde, ist das Bild bei Steltzner diffuser: Er soll ebenfalls einen „zu konservativen Kurs“ im Wirtschaftsteil gefahren haben, der nicht mehr zur gemäßigten Pro-Merkel-Haltung des politischen Teils gepasst habe. Doch das war a) schon seit Jahren so – schließlich ist Merkel schon ein bisschen länger Kanzlerin, und Steltzner war selbst unter Kohl ein klarer Verteidiger der D-Mark gegen den Euro. Und b) hat die FAZ solche Binnenpluralität im eigenen Blatt eigentlich nie gestört, sondern lesenswert gemacht. Auch wenn Steltzners Kommentare zum Klimawandel zuletzt grenzwertig waren („Warum rückt man Kritiker in die Nähe von Holocaust-Leugnern“, fragte er Mitte Februar.)

Bei anderen heißt es, Steltzner sei einfach zu „kantig“ geworden und in Sachen Haltung unberechenbar. Dass aber ausgerechnet in der FAZ die Chefs aus der Brigade „Nett“ kommen müssen, hatte man so auch nicht gehört. Klar ist nur: Nun muss es zum Kurswechsel kommen, für die FAZ als Gesamtkunstwerk. Sonst wird es eng für die Zeitung für Deutschland. Von daher sind die Gerüchte, nun könnte eine Nachfolgerin Steltzner beerben, eine gute Nachricht.

Medienprofi Steffen Grimberg

(früher taz, NDR und ARD, jetzt

MDR) bringt jeden Mittwoch

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