piwik no script img

Angela Merkel verpasst G20-AuftaktRegierungsmaschine muss umkehren

Bundeskanzlerin Merkel verpasst den Auftakt des G20-Gipfels. Ihr Flugzeug musste wegen eines technischen Defekts umkehren.

Der Airbus der Kanzlerin hatte einen Defekt Foto: dpa

Bonn/Buenos Aires dpa | Als Krisenlöserin erwartet, von einer Panne ausgebremst: Kanzlerin Angela Merkel ist nach einem schwerwiegenden technischen Defekt an ihrer Regierungsmaschine auf dem Weg zum G20-Gipfel wohl nur dank des Können des Flugkapitäns vor Schlimmerem bewahrt worden. „Es war eine ernsthafte Störung“, sagte Merkel nach dem Zwischenfall und der Landung in Köln/Bonn.

Nach bisherigen Erkenntnissen der Luftwaffe ist die Panne nicht auf Sabotage zurückzuführen. „Es gibt überhaupt keinen Hinweis auf einen kriminellen Hintergrund“, sagte ein Sprecher der Luftwaffe am Freitagmorgen der Deutschen Presse-Agentur.

Man gehe von einem Fehler in einer elektronischen Verteilerbox aus, die sowohl die Funkanlage als auch das System zum Ablassen des Kerosins steuere. Wegen der Lage sei entschieden worden, nicht nach Berlin zurückzukehren, sondern auf dem Flughafen Köln/Bonn zu landen.

Am Freitagmorgen gegen 4.30 Uhr flogen Merkel und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD), der mit ihr reist, mit einer anderen Maschine der Flugbereitschaft der Luftwaffe weiter nach Madrid und von dort mit einem Linienflug nach Buenos Aires. Am Abend (Ortszeit) wollte Merkel dann – über zwölf Stunden später als geplant – in Buenos Aires eintreffen und zumindest noch am Abendessen mit den anderen Staats- und Regierungschefs in der argentinischen Hauptstadt teilnehmen.

Nicht die erste Panne in erster Zeit

Die Organisation des Linienflugs von Madrid aus gestaltete sich kompliziert, zusammen mit Entourage und Personenschützern musste Platz für mehr als ein Dutzend Personen an Bord besorgt werden. Für Freitag geplante bilaterale Treffen am Rande des Gipfels, etwa mit US-Präsident Donald Trump und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping, kommen wegen der verspäteten Anreise Merkels zunächst nicht zustande.

Offen war, ob die Termine während des G20-Treffens, das bis Samstag dauern soll, nachgeholt werden können. Vor Ort vertreten wurde Merkel von ihrem Gipfel-Sherpa Lars-Hendrik Röller und Finanz-Staatssekretär Wolfgang Schmidt. Wegen des Defekts verpasste Merkel auch das traditionelle G20-„Familienfoto“ sowie wichtige Beratungen der Staats- und Regierungschefs.

In Argentinien wurde die Frage aufgeworfen, wie es sein könne, dass das Technologieland Deutschland solche massiven Probleme habe, eine funktionierende Regierungsflotte zu unterhalten. Schließlich war es nicht die erste Panne in jüngster Zeit mit einer deutschen Regierungsmaschine. Zur Verwunderung gesellten sich Sorgen über den Gipfelverlauf, da Merkel in Zeiten von neuer Ukraine-Krise und Trumps Handelskonflikten in Buenos Aires viel zu besprechen hat.

Leichtfertig abgebrochen wurde Merkels Flug jedenfalls nicht. Die Lage war offenbar ernst. Die in Berlin gestartete Maschine des Typs A340-300 hatte nach etwa einer Stunde Flugzeit über den Niederlanden umkehren müssen. Nach Informationen des Spiegel fiel an Bord der „Konrad Adenauer“ das ganze System zur Kommunikation mit dem Boden aus. Ein solcher Komplettausfall der Kommunikation, die durch mehrere Ersatzsysteme abgesichert sei, gilt dem Magazin zufolge in der Luftfahrt als gefährlicher Notfall. Deswegen hätten sich die Piloten sofort entschlossen, den Flug abzubrechen.

Auch nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sollen weite Teile eines für den Flugbetrieb dringend benötigten Elektroniksystems ausgefallen sein. Über dem Atlantik sei Kerosin abgelassen worden, um das Gewicht des für den Langstreckenflug vollgetankten Airbus zu verringern. Zeitweise sei fraglich gewesen, ob überhaupt eine geordnete Landung möglich gewesen wäre.

Brenzlige Situation

Der Spiegel schreibt, nur mit dem Satellitentelefon an Bord sei es der Crew gelungen, Kontakt zur Flugleitstelle aufzunehmen und die Landung auf dem Flughafen in Köln-Bonn zu planen. Die Situation soll nach Spiegel-Informationen so brenzlig gewesen sein, dass Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) schon nach dem Komplettausfall der Funkanlage informiert wurde. Nach dpa-Informationen wurde auch versucht, mit der Lufthansa eine Lösung zu finden, aber so kurzfristig war keine Alternative für einen rund 14 Stunden langen Atlantikflug zu bekommen.

Regierungssprecher Steffen Seibert wollte sich zunächst nicht näher zu dem Defekt äußern. Er bitte um Verständnis, aber zu technischen Details und zur Fehleranalyse müssten sich die Flugbereitschaft und das Verteidigungsministerium äußern. Kanzlerin Merkel erwiderte auf die Frage, ob es nach mehreren Vorfällen mit Regierungsmaschinen notwendig sei, die Sicherheit der Flugzeuge in Frage zu stellen: „Ein einzelner Vorfall sollte uns nicht dazu bringen, das System zu verändern.“

Auf dem Flughafen Köln/Bonn erwarteten mehrere Feuerlösch-Fahrzeuge Merkels Flugzeug, das eine harte Landung hatte. Der Flughafen ist der Heimatstandort der Regierungsflugzeuge.

Unterdessen hat US-Präsident Trump ein geplantes Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin kurzfristig abgesagt. Damit kommt es umso mehr bei der aktuellen Krise zwischen Russland und der Ukraine auf Kanzlerin Merkel an, die nach derzeitigen am Samstag mit Putin zu einem Arbeitsfrühstück zusammenkommt. Die russische Küstenwache hatte den Patrouillenbooten der ukrainischen Marine die Durchfahrt in der Meerenge von Kertsch verweigert. Die Gewässer sind seit der Annektierung der Krim durch Russland zwischen beiden Staaten umstritten. Die ukrainischen Schiffe wurden in russische Gewalt genommen. Es fielen Schüsse. 24 Matrosen wurden festgesetzt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ich würde nicht voreilig „einen kriminellen Hintergrund“ ausschließen, auch wenn der Luftwaffen-Sprecher verständlicherweise keine Unruhe verbreiten wollte. Trotzdem: Nur zu gut hätte einigen Merkel-Gegnern, egal aus welchem poltischen Lager, eine beim Absturz umgekommene Bundeskanzlerin in den Kram gepasst!



    Und was die Feststellung betrifft, dass dies nicht die erste Panne ist: Das Flugzeug gehört zur Luftwaffe und diese zur Bundeswehr. Ebenso, wie bei der Polizei, wurde auch bei der BW in den letzten Jahren immer weiter gespart. Nicht ohne Grund wurde die Einsatzbereitschaft der BW in letzter Zeit zunehmend in Frage gestellt. Sowas kommt von sowas!

    • @Pfanni:

      Das waren bestimmt russische Hacker...

  • "Man gehe von einem Fehler in einer elektronischen Verteilerbox aus, die sowohl die Funkanlage als auch das System zum Ablassen des Kerosins steuere."



    Solche Verteilerboxen werden wohl nur in deutschen Redaktionsstuben gebaut. Wahrscheinlich ist, daß die für den Transatlantikflug vollgetankte Maschine zu schwer für die notfallmäßigen Wende- und/oder Landmanöver war und deshalb einen Teil Ihres Kerosins im Atlantik verklappen musste.

  • "In Argentinien wurde die Frage aufgeworfen, wie es sein könne, dass das Technologieland Deutschland solche massiven Probleme habe, eine funktionierende Regierungsflotte zu unterhalten. "

    Gute Frage. Und warum gibt es in einem der reichsten Länder der Erde kein Ersatzflugzeug? Wir geben uns wieder einmal viel Mühe, uns lächerlich zu machen.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      ... auf der anderen Seite sind Deutschland wegen der ausgefallenen Gespräche Merkels zu Beginn des Gipfels ein paar gute Gelegenheiten entgangen, sich international lächerlich zu machen.

  • Hm, wo sind denn jetzt wohl mehrere Tonnen Kerosin versprüht? Über dem Atlantik, wenn dieses Flugzeug schon über Holland umgekehrt ist?

    • @Juetting Michael:

      Über Holland dürfen nur die Bordtoiletten entleert werden.

    • @Juetting Michael:

      Man flog einen Bogen über die Nordsee. Die ist dort in der Nähe ;-)

  • Laut Rheinischer Post und FR soll dieselbe Maschine kürzlich technische Probleme aufgewiesen haben bei einer Steinmeier-Reise und in einem weiteren Fall bei Scholz.



    www.fr.de/politik/...tage-aus-a-1630161