Scholz und Springer gegen Schulzes CO2-Preis

Die SPD-Umweltministerin will vielleicht Benzin teurer und Strom billiger machen. Die konservative Presse macht dagegen mobil. Und der SPD-Finanzminister will auch nicht

Der Vorschlag ist nicht neu. Aber er reicht „Bild“, „Welt“ und „Focus“ für Skandalgeschichten

Aus Berlin Bernhard Pötter

Je ökologischer die Forderung, desto größer die Zustimmung. Das war am Samstag beim „Debattencamp“ der SPD in Berlin überall dort die Stimmung, wo die Basis mit der Parteiführung über die Themen Energie, Klima und Verkehr diskutierte. Abschaffung umweltschädlicher Subventionen? Zustimmung. Kostenloser Nahverkehr? Großer Beifall. Klimaziele ernst nehmen? Applaus. Und immer wieder von allen Seiten: „Wir brauchen einen CO2-Preis“ – Jubel im Publikum.

In der realen Welt der Großen Koalition sieht das anders aus. Da hatte einen Tag zuvor Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz seine Parteifreundin, Umweltministerin Svenja Schulze, abgewatscht, weil die ganz vorsichtig in diese Richtung denken wollte – und sich prompt einen Proteststurm der konservativen Presse einfing. Scholz schrieb eine knurrige E-Mail an Schulze und ließ einen Sprecher den Vorschlag zurückweisen: „Es gibt keine Überlegungen, eine neue CO2-Bepreisung einzuführen“, hieß es.

Dabei hatte Schulze nur gewagt, laut zu denken. Bei einer Grundsatzrede an der Humboldt-Universität in Berlin am Mittwochabend hatte sie einen alten Vorschlag wieder aufgewärmt, der es nicht in den Koalitionsvertrag der Großen Koalition geschafft hatte: die Stromsteuer senken und dafür die Steuern auf fossile Brennstoffe erhöhen, um die Energiewende hin zu mehr Öko-Strom voranzubringen. „Es darf dabei keine Mehrbelastung der Menschen geben“, untere Einkommen sollten im Zweifel entlastet werden, betonte Schulze. Das Umweltministerium sei mit dem Finanzministerium „auf dem Weg“, ein solches Konzept zu erstellen.

Journalisten, die bei der Rede anwesend waren, fanden daran nichts Neues. Aber der Bild-Zeitung reichte es für einen Aufschrei auf Seite eins: „SPD-Ministerin plant Sondersteuer auf Benzin und Heizöl!“, hieß es: „Liter Sprit bald 2 Euro?“ Es drohe ein „Steuer-Hammer“. Die Welt sprach von einem „Selbstmordversuch der SPD mit neuen Benzinsteuern“ und der Focus warnte: „Bezahlen sollen Mieter und Autofahrer“. Bundesfinanzminister Scholz fürchtet offenbar eine Wiederauflage der „Benzinwut“-Kampagne. Mit der hatte die Bild-Zeitung 2005 gegen die Ökosteuer Stimmung gemacht.

Beim SPD-„Debattencamp“ grummelten viele GenossInnen deshalb gegen den Finanzminister. Svenja Schulze erklärte, sie fände es „ausgesprochen ermutigend, wie intensiv inzwischen über die Einführung einer CO2-Bepreisung diskutiert wird“. Die Parteibasis erwarte offenkundig, dass die SPD noch stärker nach Lösungen beim Klima suche und „dass wir dabei auch keine Kontroversen scheuen“. Man werde weiter an dem Konzept arbeiten, hieß es aus dem Ministerium.

Die Umweltminister der Länder hatten Schulze am Freitag den Rücken gestärkt: Sie forderten die Bundesregierung einstimmig auf, ein Konzept für eine CO2-Bepreisung jenseits des Emissionshandels zu erarbeiten. Und Zuspruch gab es auch vom Chef des Deutschen Naturschutzrings DNR, Kai Niebert. Der forderte, die SPD müsse im Umweltbereich „endlich wieder Eier haben“.