Große Koalition nach der Bayernwahl: SPD-Vize stellt Fortbestand infrage
Nach der Niederlage der bayerischen Sozialdemokraten richtet sich der Blick auf die Bundesebene. Parteivize Ralf Stegner sieht nun auch die Große Koalition in der Pflicht.
BERLIN dpa/rtr/taz | Die Wahlniederlage der SPD in Bayern sitzt tief. Dabei sind die Blicke nicht nur auf die künftige Rolle der SPD im bayerischen Landtag, sondern auch auf die in der Bundesregierung gerichtet. SPD-Vize Ralf Stegner äußerte sich über den Fortbestand der Großen Koalition auf Bundesebene kritisch. „Da muss sich etwas gravierend ändern, wenn diese Regierung Bestand haben soll“, sagte er am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Die Wähler in Bayern hätten „zur Arbeit der Berliner GroKo ein sehr negatives Urteil gesprochen“.
Die SPD-Chefin selbst, Andrea Nahles, will kurz nach der Wahl keine Bedingungen für den Verbleib in der großen Koalition nennen. „Rote Linien jetzt zu definieren, das halte ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht für angesagt“, sagte Nahles am Montag in Berlin. „Die Frage, ob diese große Koalition funktioniert auch im Sinne dessen, was wir gemeinsam verabredet haben im Rahmen des Koalitionsvertrags, entscheidet sich nicht alleine vom Ergebnis – so schmerzlich es ist – einer Landtagswahl“, betonte sie. Die Funktionsfähigkeit des Bündnisses werde sich in den nächsten Monaten erweisen. Es gehe auch darum, wie weit die SPD ihre Themen durchsetzen könne.
Auch einen Rücktritt von CSU-Chef Horst Seehofer wollte Nahles nicht fordern. Das Wahlergebnis zeige aber, dass sich der „ganze Stil der Zusammenarbeit“ ändern müsse. Sie hoffe, dass dies als Botschaft verstanden werde, denn auch das Ergebnis der CSU sei ja sehr schlecht gewesen.
Bayerns Spitzenkandidatin Natascha Kohnen positionierte sich hinsichtlich Seehofer deutlicher. Mit Blick auf den derzeitigen Bundesinnenminister und CSU-Chef sagte sie: „Ein solcher Mann ist für mich in Bayern nicht mehr tragbar.“ Seehofer spalte das Land, anstatt es zusammenzuführen.
Die SPD hatte bei der Landtagswahl am Sonntag ihr Ergebnis von 2013 halbiert und mit 9,7 Prozent so schwach abgeschnitten wie bundesweit noch nie bei einer Landtagswahl.
Leser*innenkommentare
noevil
Wenn ich von der Bayernwahl zur Deutschlandpolitik, und von da aus über CDU/CSU die SPD streifen darf, dann:
1. Eurotopics vom 17.10.2018:
Contrepoints (FR): „Die Ergebnisse verdeutlichen insbesondere das Scheitern der Strategie eines Teils der Rechten, die darin besteht, die angeblich populistisch-orientierte Wählerschaft zu umgarnen. Diese Strategie wurde jedoch von den Wählern, die dieser politischen Spielchen überdrüssig sind, abgestraft und durch das gute Abschneiden der Freien Wähler widerlegt. Ihnen ist es gelungen, ein Programm und einen Diskurs mit konstruktiven Zügen zu entwickeln, anstatt nur auf Austausch von Köpfen und Demagogie zu setzen. Dieses Fazit stärkt vor allem Angela Merkels Position, denn sie kann ihren lästigen Innenminister Horst Seehofer für das Debakel verantwortlich machen.“ Wobei - meine Meinung zu den FW, die jetzt schon diensteifrig der CSU zu Füßen liegen, habe ich an anderer Stelle schon verdeutlicht.
Und ausserdem:
2. Es ist für die blasse SPD z.B. auch mit ihrem blassen und geräuschlosen Aussenminister noch lange nicht zu spät, Martin Schulz von den hinteren Bänken wieder nach vorn zu holen und ihn ohne ihm wieder dreist dreinzuquatschen und vorzubeten, was er gefälligst nachzuplappern habe, mit der Möglichkeit auszustatten, das zu vertreten was er kann - Aussen- und Europapolitik, und zwar gut. 'Neubau' kann ich da nur beipflichten.
Jaja, der richtige Katzenjammer wird noch kommen...
970 (Profil gelöscht)
Gast
Die SPD hätte so schöne Oppositionsarbeit machen können. Vier Jahre der Erneuerung unter Martin Schulz. Stattdessen hat sie sich selbst erniedrigt. Warum hat man Merkel nicht zu einer Minderheitenregierung gezwungen?
Gerhard Krause
Wer hier noch rätselt, der sollte einen Blick in den aktuellen "Hartmann" (Prof. [em.] Michael Hartmann) werfen.