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Ergebnis der bayerischen LandtagswahlEs ist kompliziert

CSU und SPD verlieren, Grüne und AfD gewinnen. Für Schwarz-Grün reicht das Ergebnis wohl, für eine Mitte-rechts-Koalition vielleicht auch.

In Zukunft wohl mit sechs Parteien oder mehr: der Bayerische Landtag Foto: dpa

Berlin taz | Gewonnen und doch verloren: Die CSU ist am Sonntag bei der bayerischen Landtagswahl erneut stärkste Partei geworden, allerdings mit herben Verlusten. Was sich in Umfragen lange andeutete, bestätigten die ersten Hochrechnungen: Dieser zufolge verlor die CSU ein Viertel ihres Wähleranteils im Vergleich zur letzten Wahl. 2013 erreichte die Partei noch knapp 48 Prozent und damit die absolute Mehrheit im Landtag. Diese ist nun Geschichte. Eine Doppelschlappe also für das Duo Markus Söder (Ministerpräsident) und Horst Seehofer (Parteivorsitzender).

Die zweite große Wahlverliererin ist die SPD. Die Sozialdemokraten mit Spitzenkandidatin Natascha Kohnen halbierten ihr Ergebnis. Nur knapp zehn Prozent der WählerInnen stimmten für die SPD, vor fünf Jahren reichte es noch für 20,6 Prozent und den Status als zweitstärkste Partei. Damit schlägt der bundesweite Abwärtstrend der Sozialdemokraten in Bayern voll durch.

Den Platz als zweitstärkste Partei in Bayern übernehmen wohl die Grünen. Die Partei mit den beiden Spitzenkandidaten Katharina Schulze und Ludwig Hartmann konnte ihren Stimmanteil mehr als verdoppeln. Vor fünf Jahren erreichten die Grünen noch knapp 9 Prozent.

Im neuen Landtag werden auch die Freien Wähler und erstmals die AfD vertreten sein. Ob die FDP einziehen wird, steht noch nicht eindeutig fest. Die Linke ist laut Hochrechnung ziemlich sicher draußen. Die Bundesvorsitzende der Linken, Katja Kipping, ist dennoch zufrieden: Sie sieht das Wahlergebnis als ermutigendes Signal gegen den Rechtsruck. „Krasse Watschen für Söder und Seehofer“, sagte sie gegenüber der taz. „In Bayern wurde heute eine Volkspartei abgestraft, die im Wahlkampf auf rechte Hetze gesetzt hat.“

CSU braucht Koalitionspartner

Klar ist, dass die CSU sich nun Partner suchen muss, wenn sie erneut regieren will. Die Freien Wähler mit Hubert Aiwanger stünden bereit, noch steht aber nicht fest, ob es für eine knappe Mehrheit reicht. Falls die FDP die Fünf-Prozent-Hürde nach Auszählung aller Stimmen nimmt, stünde sie für eine Dreierkoalition bereit, wie Spitzenkandidat Martin Hagen am Freitag im Interview mit der Welt erklärte.

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Eine Koalition von Grünen und CSU wäre rechnerisch wohl ebenfalls möglich. Die Grünen haben auch mehrfach deutlich gemacht, dass sie unbedingt regieren wollen. Der Erfolg bei der Landtagswahl gibt ihnen Recht, Ministerpräsident Markus Söder hatte jedoch das Programm der Grünen als „nicht koalitionsfähig“ bezeichnet. Die nächsten Tage werden zeigen, ob ihn das CSU-Ergebnis demütiger gemacht hat.

Falls die FPD in den Landtag einzieht, könnte es theoretisch auch für eine Viererkoalition gegen die CSU reichen: Mit einem Grünen Ministerpräsidenten und den Juniorpartnern SPD, Freien Wählern und der FDP. Diese Konstellation hat Freie Wähler-Chef Aiwanger aber bereits ausgeschlossen.

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20 Kommentare

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  • Das Problem ist, dass die Grünen wirtschaftspolitisch viel zu nah an den anderen etablierten Parteien dran sind.

    Also hat sich insgesamt gesehen fast nixxx geändert.



    M. E. ist wirtschaftspolitisch ein Umsteuern dringend nötig.



    So lange der Kapitalismus in seiner derzeitigen Form bzw. überhaupt aufrecht erhalten wird, wie von allen im neuen Bayerischen Landtag vertretenen Parteien vertreten, ist in Bayern (und das gilt nat. auch bundesweit) sowieso keine sinnvolle Änderung zu erwarten.

    Dass die AfD weniger Stimmen als von mir befürchetet erhalten hat, ist mir nur ein sehr schwacher Trost.

    Die SPD schafft sich ganz hervorragend selbst ab.

    Wäre es parteiübergreifend bei den Grünen, der SPD und der Linken zur Einsicht gekommen, dass eine wie auch immer geartete Abschaffung des Kapitalismus möglich und vor allem überlebenswichtig wäre, wären auch unsere Umweltprobleme durch die dadurch andere Prioritäten-Setzung schnell gelöst. Ist natürlich von Bayern ausgehend auch nicht zu erwarten.

    Und eine prestomäßige Reaktion auf den Klimawandel sollte doch unser aller oberstes Ziel sein.

    Welche Partei da jetzt wie viel Prozent erhalten hat: geschenkt – alles e i n e Sauce im Endeffekt.

  • Warum ist die AfD in der Grafik eigentlich braun dargestellt und nicht blau? :D

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Januß:

      Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik. Vielleicht fragen Sie da mal nach.

  • Wahlsiege sollen gefeiert werden. Trotzdem ist die Euphorie der Grünen ein wenig peinlich. Erinnert an die 18%-FDP.

    17,5% im Parlament sind noch kein Garant für zukünftiges oder gar gutes Regieren. Zum Glück müssen Habeck und Co. ja noch nicht in eine Regierung. Die Ministerien in Bund und Ländern sind voll mit Beamten der SPD (und CDU) - und die werden sich bedanken, wie einst bei der FDP.

  • Hi, in welchem Bundesland hat die größte Partei mehr als 37.4 %? So schlecht ist das Ergebnis , wie man glauben machen will, Relativ zu anderen Bundesländern, ist das super.



    Die CSU und SPD müssen begreifen, dass die Infrastrukturprobleme in den Städten so groß sind, dass die Wähler aus Protest andere wählen ( Kein Wohnraum, wenn dann sehr teuer, zu viel Verkehr mit Abgasen und Fahrverbot, Zeitverlust für Pendler aus dem Umland (bis 50 km) in Staus und vollen Zügen) . Das ist keine Lebensqualität!

  • Dass die Anti-AfD-Strategie nicht funktioniert und bei der Bevölkerung in Bayern nicht ankommt, hat eine Kettenreaktion von zahlreichen Demos – neben #Ausgehetzt – in mehreren bayerischen Städten gezeigt.

    Selbst in Bayern nehmen viele Menschen die Politik der CSU der letzten Zeit mit Angst wahr.

    Und eine Koalition mit der CSU werden die Grünen nicht eingehen. Dazu haben sie sich im Vorfeld dieser Landtagswahl ausgesprochen.

    Würden Grüne nur um mitzuregieren nach rechts rücken wollen?

    Nein!

    „Grün“ und „braun“ passen nicht zusammen!

  • Du liebe Güte, da haben wir ja wieder voll in die Kacke gelangt!

    Die AfD kommt rein, immerhin nicht so stark wie ich es erwartet hätte. Dafür ist es bei den freien Wählern gewesen. Die sind nicht so verhasst wie die AfD, teilen aber dennoch einige Standpunkte mit der AfD. Von daher auch nicht viel besser.

    Und dann wird das linke Lager maßgäblich von den Grünen repräsentiert, mit fast doppelt so vielen Stimmen wie die SPD. Klingt wie ein schlechter Witz.

  • 9G
    91672 (Profil gelöscht)

    Ich finde es superanständig von der CSU, daß sie bereit war, den Wählerkuchen nun einmal anders aufzuteilen. Die Durchschnittsmenschen geben ja nie gern was ab. Die CSU jedoch hat es getan. Danke CSU.



    Eine Partei, die selbstlos nun auch andere an die Regierung läßt. Ein Vorbild für die CDU.

    • @91672 (Profil gelöscht):

      Ihr Sarkasmus geht fehl:



      Die CDU ist längst überall gezwungen, die Macht zu teilen und hat gerade im Bund auch keine Machtgarantie mehr.

      Dagegen wird realistisch betrachtet die CSU in jedem Fall weiter den bayerischen Ministerpräsidenten stellen. Denn um gegen sie zu regieren, wären einzig die Stimmen der FDP verzichtbar. Eine Koalition aus Grünen, Freien Wählern, AfD und SPD aber wird es nicht geben. Dagegen kann die CSU mit jeder dieser vier allein koalieren und wäre jeweils eindeutiger Seniorpartner.

      • 9G
        91672 (Profil gelöscht)
        @Normalo:

        Ich wollte nicht sarkastisch sein, sondern einfach der CSU danken, daß sie dem Motto von Willy Brandt gefolgt ist: 'Mehr Demokratie wagen'.



        Jetzt kommt warscheinlich die Schatten-CSU des Herrn Aiwanger zum Zuge und wird dem Söder das Halsband anlegen. Vielleicht entpuppt sich die CSU als gutes Arbeitstier, das nur einfach bisher keine Orientierung hatte.

        • @91672 (Profil gelöscht):

          Immer diese wirre Hoffnung, der Schwanz könnte mit dem Hund wackeln! Es bleibt dabei, dass keine andere Partei auch nur halb so viele Stimmen hat wie die CSU. Und wer glaubt, dass ihr das nicht mehr klar würde, spätestens nachdem sie sich über das Wahlergebnis einmal geschüttelt und den Frustbier-Kater ausgeschlafen hat, der lebt in einer rosaroten Parallelwelt.

          Die "mehr gewagte" Demokratie hat halt bei den übrigen Parteien auch gleich ihre Kehrseite mitgebracht, nämlich die Aufsplitterung. Söder hat - als einziger - die Wahl. Er kann jedem Juniorpartner das Damoklesschwert über den Kopf hängen. Aiwanger muckt? Schnell mal lecker mit Schulze und/oder Hartmann mittagessen und gut hörbar über gemeinsame Herzensangelegenheiten reflektieren - schon weiß der Aiwanger wieder, wer Junior- und wer Seniorpartner ist.

          Die kleinen Parteien - in Bayern also alle außer der CSU - haben untereinander zu wenig gemein, als dass sie Söder gemeinschaftlich verhungern lassen könnten. Eine wird zugreifen, wenn der Markus mit einem Blumenstrauß (und wenig mehr) im Gepäck vor der Tür steht.

  • Die Überschrift kann wohl überarbeitet werden. Stand jetzt haben CSU+FW knapp 50% der Stimmen. Da mit den Linken und Sonstigen schon 8% rausfallen, reicht es dicke für eine Koalition dieser beiden. Falls die FDP noch rausfällt, erst recht. Insgesamt überdeckt das gute grüne Ergebnis, das Mitte-Links im Vergleich zur letzten Wahl verloren hat.

    Die SPD ist im Süden nur noch eine Kleinpartei, wenn sie Glück hat wird sie in ferner Zukunft dort die Opositionsführung erobern.

  • Die Bayernwähler haben wieder den konservativen Parteien die Mehrheit gegeben.

    Das sich die SPD aus der Migrationsdebatte herausgehalten hat, brachte Ihr nur Wählerverluste.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Erst mal abwarten und viel Tee trinken. Gegebenenfalls auch andere Getränke. Ich habe den Wermut längst kalt gestellt. Die FDP muss erst mal in den Landtag kommen. Für die unpolitischste Partei der De-Regulierer nicht selbstverständlich.

    Dass ausgerechnet Bayern zum Ausgangspunkt d e r großen deutschen Revolution würde, war eh nicht zu erwarten.

    Gruss nach Kaufbeuren!!!

  • CSU/FW oder CSU/FW/FDP sind wohl sehr wahrscheinlich. Ich sehe keine realistische Chance, dass die CSU jemals mit den Grünen koalieren wird.

    • 9G
      91672 (Profil gelöscht)
      @Shane:

      Da haben Sie recht. Mit grünen oder Umweltthemen hatte die CSU noch nie etwas am Trachtenhut trotz eines hübschen Gamsbärtchens und einer schmucken Lederhose.



      Wirklich noch nie!

  • Nö, nix passiert. Addiert man CSU, AfD und FW zusammen, zeigt sich fast das gleiche Ergebnis wie vor 5 Jahren. Das gleiche Bild bei SPD + Grüne + Linke.

    • @TazTiz:

      Die Linke kann man in Bayern aber überall hinzuaddieren und kommt aufs selbe Ergebnis. Das sagt schon alles über die Bayern, was man wissen muss.

    • @TazTiz:

      Stimmt! In Bayern sind Veränderungen die dazu führen, daß etwas passiert, undenkbar. Gruß aus München.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Jürgen Zenger:

        Ein Blick in die Geschichtsbücher könnte Ihnen zu notwendigen gedanklichen Korrekturen helfen. Auch unerwünschte Veränderungen sind Veränderungen.

        Gruß aus Hessen.