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Der Fall EllwangenTogoer dürfte sofort erneut einreisen

Der 23-Jährige versucht alles, um in Deutschland zu bleiben. Doch Rechtsmittel seien ausgereizt, heißt es. Eine Möglichkeit der Rückkehr könnte es aber noch geben.

Dank Thomas de Maizière könnte es doch eine Möglichkeit der Rückkehr für den Togoer geben (Symbolbild) Foto: dpa

Düsseldorf/Potsdam dpa | Nach seiner Abschiebung nach Italien wird die Bundespolizei den Togoer aus dem baden-württembergischen Ellwangen wieder einreisen lassen müssen – sofern er dies möchte. Sollte der togoische Staatsangehörige nach einer gewissen Zeit ein Schutzersuchen gegenüber der Bundespolizei zum Ausdruck bringen, so gilt derzeit folgende Regelung: „Drittstaatsangehörigen ohne aufenthaltslegitimierende Dokumente und mit Vorbringen eines Asylbegehrens ist die Einreise zu gestatten“, sagte eine Sprecherin der Bundespolizei in Potsdam der Deutschen Presse-Agentur. Zuerst hatte die Rheinische Post darüber berichtet.

Grundsätzlich erhält ein Drittstaatsangehöriger, der aus dem Bundesgebiet abgeschoben wurde, ein zeitlich befristetes Einreiseverbot nach Deutschland. Geregelt sei dies im Paragraf 11 des Aufenthaltsgesetzes, sagte die Sprecherin der Bundespolizei. Ein Drittstaatsangehöriger, der nach Italien abgeschoben wurde, darf somit nicht erneut ins Bundesgebiet einreisen.

Grund für die Ausnahme von dieser Regel ist, dass für die Arbeit der Bundespolizei weiterhin die mündliche Anordnung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière vom September 2015 gilt, nach der von einer Einreiseverweigerung bis auf weiteres aus humanitären Gründen abzusehen ist.

Der 23-jährige Togoer wehrt sich mit allen möglichen Rechtsmitteln gegen seine Rückführung nach Italien. Laut dem Verwaltungsgericht Stuttgart sind aber alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft. Seine Festnahme hatte für Schlagzeilen gesorgt, weil sie zunächst von 150 bis 200 Mitbewohnern der Flüchtlingsunterkunft in Ellwangen verhindert worden war. Erst wenige Tage später konnte der Mann mit einem Großaufgebot der Polizei gefasst werden.

Die Versionen zu jener Nacht gehen auseinander

An dem Einsatz waren auch zwei Praktikanten der Polizei dabei. „Bei der total überlasteten Personalsituation in der Polizei werden immer mehr Polizeischüler an vorderster Front eingesetzt, ohne abgesichert zu sein“, sagte der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Ralf Kusterer, am Donnerstag in Stuttgart. Er forderte eine bessere Absicherung der Polizei-Auszubildenden während des Praktikums. „Die Praktikanten gehen ohne doppelten Boden in die Einsätze“, kritisierte Kusterer.

In Ellwangen erhoben unterdessen Flüchtlinge schwere Vorwürfe gegen die Polizei. Die Begründung für den Einsatz von Hunderten Polizisten in der Nacht zum 3. Mai sei weitgehend konstruiert gewesen, erklärten mehrere ihrer Sprecher am Mittwoch. Es treffe nicht zu, dass am 30. April vier Polizisten von mehr als 150 gewalttätigen afrikanischen Flüchtlingen bedroht worden seien, als sie den Togoer abführten. „Wir, die Geflüchteten aus Ellwangen, sind nicht gewalttätig“, erklärte ein Nigerianer, der sich als Sprecher der Flüchtlinge in der Ellwanger Erstaufnahmestelle bezeichnete.

Die Polizei bleibt aber bei ihrer Darstellung, dass der Einsatz wegen massiven Widerstands von mehr als 150 Personen abgebrochen wurde. „Es gibt keinen Grund, unsere Schilderungen der Vorgänge zu ändern“, sagte der Sprecher des Polizeipräsidiums Aalen, Bernhard Kohn.

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12 Kommentare

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  • ""und das ist auch gut so"

     

    toll wie Sie das nachsprechen. "

     

    Haben Sie keine anderen Argumente, als sich an sechs frei "verfügbaren" Wörtern "hochzuziehen"?!

     

    Ich kann auch gerne sagen:

    Das steht im GG. Aber auch das ist gut so.

     

    Mannmannmann…

    • @Frau Kirschgrün:

      Da steht auch 'Auf das politische Asylrecht kann sich „nicht berufen, wer aus einem Mitgliedsland der Europäischen Gemeinschaft oder aus einem sicheren Drittland einreist'.

       

      Ist das auch gut so?

       

      Ach ja, existenzielle Not herrscht gerade im Kongo, nicht in Italien.

  • Beachtlich, wie viele sich mit der Thematik befassen, ob und wie viel Gewalt bei dem ersten Versuch der Abschiebung vom Flüchtlingen ausgeübt wurde. Etwas was ehrlicherweise keiner von uns wirklich beantworten kann, sofern nicht zufällig anwesend. Die eigentliche Message des Artikels ist doch, dass der Kamerad mit all dem Aufwand ggf. abgeschoben wird und dann morgen wieder problemlos einreisen kann. Nix für ungut, aber solange das möglich ist, dürfen wir uns echt nicht wundern, dass die AFD wächst und wächst.

  • Weshalb sollten die Polizisten den bereits Angeschellten vor Ort zurück gelassen haben?

  • "Die Polizei bleibt aber bei ihrer Darstellung, dass der Einsatz wegen massiven Widerstands von mehr als 150 Personen abgebrochen wurde."

     

    Tja, also passiver Widerstand ist doch durch's GG gedeckt?!

     

    Ich wünsche dem Togoer, dass sie ihn nach Ablauf der Frist wieder zu uns lassen müssen. Vor dem Gesetz sind alle gleich. Und das ist auch gut so.

    • @Frau Kirschgrün:

      "und das ist auch gut so"

       

      toll wie Sie das nachsprechen. Wissen Sie eigentlich irgendetwas über die Umstände des Asylverfahrens? Also Gründe der Ablehnung etc. ?

    • @Frau Kirschgrün:

      Und der Polizeiwagen hat sich die zahlreichen Dellen aus Solidarität mit dem Abzuschiebenden gewaltfrei passiv selber zugezogen.

      • @TheBox:

        Dellen?! Tja, mit Schwund mus't rechnen…

        • @Frau Kirschgrün:

          Finden sie das nicht im mindesten seltsam, dass wir ein Asylgesuch prüfen, denjenigen während der Prüfungszeit versorgen, und bei angelehnter Prüfung derselbe Mensch wieder einreisen darf und das ganze Prozedere nochmal losgeht?

           

          Halten sie das für normal und vermittelbar?

          • @Peterbausv:

            Ich hoffe für Sie, sollten Sie einmal in existenzieller Not sein, dass dann Ihnen jemand (oder ein Land) hilft.

             

            In meinen Augen wird mit dem Umgang im Asylrecht Schindluder getrieben.

             

            Ganz genau ist es deswegen – besonders für uns "Inländer" – existenziell wichtig, dass in einem Rechtsstaat ALLE (wie im GG festgeschrieben) GLEICH sind, und auch so, nämlich gleich, behandelt werden.

             

            Mit der derzeitigen Art von Vorgehen der Exekutive (und mit dem PAG wird's erst recht noch "lustig") werden niedrigste Instinkte bedient, um von den Ungerechtigkeiten des kapitalistischen Systems in seiner Grundsätzlichkeit abzulenken.

             

            Warum, glauben Sie, werden Asylbewerber und die unteren Schichten und Populismusgläubige in dieser "Gesellschaft" aufeinander los gehetzt?

             

            Meines Erachtens, um nichts am weltweiten Versagen des kapitilistischen Systems ändern zu müssen. Welches Interesse hätten Politiker, Konzerne, Reiche wohl daran, friedliche und lebenswerte Umstände weltweit voran zu bringen?

             

            Lassen Sie mich raten: KEINE.

             

            Denn ohne Angst, ohne Kriege oder deren Androhung, ohne Armut (bei uns durch AlG2 installiert), ohne Sklavenarbeit (auch bei uns) verlören die oben genannten ihr Geschäftsmodell der Ungleichverteilung und Ausbeutung, um die Anhäufung des Reichtums für einige Wenige zu garantieren.

             

            Das muss frau/man aber eben erstmal sehen wollen…

             

            Denen (Dritt- und Viertweltländern) geht es so schlecht, weil es uns so gut geht. Jahrhunderte lange Ausbeutung durch Kolonialismus (der übrigens bis heute nicht aufgehört hat), Preisdumping, Exportmacht zerstört heimische Produktion, Export der Umweltvergiftung, etc., fällt uns eben irgendwann auf die Füße…

             

            Ich würde mich aus einem "versehrten" Land auch auf die Beine machen, um mir die Ar…löcher, die dafür verantwortlich sind, mal selber anzusehen…

             

            Und das am Asylrecht alleine festzumachen ist in meinen Augen schon erschreckend kurzsichtig.

             

            Ob's Ihnen passt oder nicht:

            Alles hängt mit allem zusammen.

             

            Kraft für Erkenntnis!