Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Martin Schulz unterstützt Kevin Kühnert bei #NoGroko, Horst Seehofer ist wieder Minister für Knödel und Andrea Nahles sagt gern „Bätschi!“.

Andrea Nahles im Porträt

Nahles nahm, was vom SPD-Gemetzel abfiel Foto: reuters

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Eilmeldung „SPD tritt CDU bei“ kam nicht.

Und was wird besser in dieser?

Eilmeldung „Schulz unterstützt Kühnert bei NoGroko“ kommt.

Jetzt ist sie da, die Groko. Was sind für Sie Überraschungen, worüber können Sie nur mit den Schultern zucken?

Die SPD hat aus 20 Prozent Stimmen 40 Prozent Ministerien gemacht. Zudem steht an der Spitze der Partei, die vor 100 Jahren das Frauenwahlrecht mit erfocht, endlich erstmals eine Frau: WählerInnen müssen nicht mehr leidermerkeln, sondern können durchnahlen. Das ist, per fiasko ad furiosum, eine Ausgangslage. Sehr erwartbar die FDP als Partei des organisierten Gedächtnisschwundes: Wer nach vier Wochen Praktikum in der Geschäftsführung vollbehost wegläuft, ist prädestiniert, dem Unternehmen nun gute Ratschläge zu erteilen: „Zumutung für Deutschland … Merkel wird sie mit Klein-Klein niederregieren.“

Das erzählt viel von den Ängsten der FDP. Ebenfalls guter deutscher Brauch: Projekte so lange aufschieben, bis sie fast zu spät kommen. Die Entscheidungen gegen Energiewende und Ausstieg aus den Verbrennungstechnologien sind Fehler in der Liga „Heizer auf der E-Lok“, die vor Jahrzehnten die britische Industrie für immer ruinierten. Kanzlerin Merkel wird viele Konflikte und äußere Feinde brauchen, um ihren Laden ein letztes Mal hinter der amtierenden Trümmerfrau zu einigen.

Heimat statt Digitalisierung – viele ärgern sich über Minister und Ministerienwahl. Wie stehen Sie zu Seehofer auf seinem neuen Posten?

Seehofer in diesem Ressort ist das Maximalangebot an rechte Wähler. Der Volkssturm der Volksparteien; wenn das Opfer nicht ausreicht, haben wir ein großes Problem. Horst Seehofer an sich ist es gewohnt, ein großes Problem zu sein, und alle Kritik an ihm Kredibilität bei rechten Wählern zufächeln. Wenn das schiefgeht, haben wir knallreaktionäre Innen- und Zuwanderungspolitik und hinterher trotzdem AfD zweistellig.

Martin Schulz und Sigmar Gabriel. Was lässt sich zu denen eigentlich noch sagen?

„Bätschi“? Auf gut Nahles: Schulz war zu duldsam, hat sich zu Tode beraten lassen. Gabriel mag ein ordentlicher Außenminister sein, weil er seine illoyale, undiplomatische Seite komplett an der SPD ausagiert. Nahles hatte sich auch vom Spiegel im Wahlkampf begleiten lassen: Die treue Seele kämpft und hält Linie. Dann nahm sie, was vom Gemetzel abfiel: Fraktionsvorsitz, Parteivorsitz, Groko-Verhandlung. Schulz und Gabriel kann man bereits als Spiegelbild der Entmerkelten betrachten: die lange Liste der Jungs, die die Einladung der Chefin annahmen, sich ohne großes Zutun selbst zu zerlegen. Nennen wir es Domina-Theorie, einer nach dem anderen fällt.

Olympia geht los. Haben Sie noch Freude dran?

Noch eine Alarmwarnung auf meinem Smartphone, weil in Korea jemand einen Schneeball abbekommen hat, und ich schmeiß das Ding weg.

Tesla-Gründer Elon Musk startet in den Orbit – ein großer Schritt für die Menschheit oder ein kleiner Schritt für ein großes Ego?

Das Ziel einer Marsmission ummäntelt Musk mit Mahnungen vor einer „bald unbewohnbaren Erde“. Da könnte man auch auf die abgefahrene Idee kommen, mit der Kohle etwas für die Bewohnbarkeit unseres Planeten zu tun. Auf dem Mars werden die Muskianer krebskrank ankommen, denn nichts schützt sie unterwegs vor Raumstrahlung. Und bei den Umweltbedingungen dort setzt eine Kolonialisierung schlicht Inzest der Kolonisten voraus – so lange, bis eine neue Spezies entsteht, die auf dem Mars überleben mag und kein Homo sapiens mehr ist. Überleben habe ich mir irgendwie anders vorgestellt.

Cheddar Man, der erste Brite, hatte dunkle Haut und blaue Augen, stellten Forscher diese Woche fest. Lässt sich davon etwas über multikulturelles Zusammenleben lernen?

Wäre die Weltgeschichte ein Zollstock von 2 Metern, bevölkerten wir Menschen den letzten Zentimeter. Wie wir es da schaffen, uns untereinander umzubringen, bleibt unser süßes Geheimnis. Freunden des Völkischen ist zuzumuten, dass Genforscher gerade mal so grob einen europäischen Typus entziffern können, biologisch gibt es keine unterschiedlichen Völker; hier erst recht nicht. Und was britischen Käse angeht: Bei Cheddar hatte ich das Gefühl, das er etwa 10.000 Jahre alt ist.

Und was machen die Borussen?

BVB-Boss Watzke hat herausgefunden, dass Bayern-Monarch Hoeness „ein Schlawiner“ ist. Klingt, als wollte der BVB ihn verpflichten.

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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