Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Über Waffen in den USA, bei der Bundeswehr und in der Union. Und wer kann im Bundestag am besten Patriotismus? Pssst: Es ist nicht die AfD.

Ein schwer bewaffneter Bundeswehrsoldat

Die Bundeswehr ist nicht zu arm; die Welt ist ein bisschen zu groß für die Bundeswehr Foto: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Der scheidende Innenminister de Maizière beklagt die Aufblähung seines Hauses zum „Heimatministerium“.

Und was wird besser in dieser?

Endlich mal ein sympathischer Heimatvertriebener.

Der ehemalige Grünen-Chef Cem Özdemir hat die AfD-Bundestagsabgeordneten Rassisten genannt, die die Demokratie missachteten und „aus demselben faulen Holz geschnitzt“ seien wie Erdoğan. Ton getroffen?

Alle applaudierten – jedenfalls alle denkbaren Koalitions­partner eines künftigen Minis­terpräsidenten von Baden-Württemberg. Özdemir gab sich „stolz darauf, Bürger dieses Landes zu sein“, warf den Gauländern vor, „dieses Land zu verachten“, und empfahl, sie mögen doch beim Eishockey „den Russen die Daumen drücken“. Der vaterländische Stolz war kürzlich noch eine verlachte Deppenarmbinde, die „Vaterlandsverachtung“ eine Kernidee in Deniz Yücels Texten – um ihn sollte es bei der Debatte gehen. Und siehe: Özdemir ist stolz auf Deutschland, verachtet es keinesfalls, und der Russe ist böse. In Jubel und Zwischenrufen ging unter, dass die Rede viele Werte der Nationalisten bestätigt. So gelesen, ist der Text eine furios vorgetragene Kapitulation – kein Wort vom Internationalismus, kein Gegenentwurf, sondern: besserer Patriotismus. Nein, ich gestatte keine Zwischenfragen.

Am Montag soll Annegret Kramp-Karrenbauer, bislang Ministerpräsidentin des Saarlands, zur neuen CDU-Generalsekretärin gewählt werden. Wie könnte sie aus der Nummer doch noch rauskommen?

Keine Angst, aus dem Job ist bisher nur eine Kanzlerin geworden, und die hat es zeitweise auch vergessen. Wenn Merkel morgen abdankte, stünde Ursula von der Leyen im Weg: seit 13 Jahren Ministerin für Familie, Arbeit und Soziales, Verteidigung. Dagegen ist AKK die grundsympathische Werbepause von der Saar, loyal und an Erfahrung arm genug, Merkel nicht zu gefährden. Jens Spahn, Naturtalent in geschmacklosem Zuspitzen, bekommt die Chance, sich am Gesundheitsministerium zu verheben. Was anderen vor ihm auch schon gelang. AKK kann das Amt als konservative Kuschelrockbeauftrage wahrnehmen, eher so Tauber-, Pohlenz-, Pofalla-mäßig. Die Rochade ist mehr Merkel als Zukunft.

US-SchülerInnen fordern, dass der Zugang zu Waffen eingeschränkt wird. Präsident Trump findet hingegen, es brauche „gute“ bewaffnete Menschen, um „schlechte“ zu bekämpfen. Also: Gutmenschen, greift zu den Waffen?

Waffenmissbrauch verhindern, indem man mehr Leuten Waffen gibt, ist so logisch wie Vergewaltigungen zu verhindern, indem mehr Frauen gefälligst freiwillig mitmachen. You can grab him at the brain, just try, even if there is no.

Wo wir gerade bei Waffen sind: Die Bundeswehr ist nicht gut genug ausgestattet, um zu tun, was Armeen so tun, findet der Wehrbeauftragte des Bundestages. Andere finden, der Wehr­etat sei mehr als hoch genug. Und Sie, so als Unternehmer?

Die probono Fernsehproduktion erwägt zurzeit nicht, sich an weltweit 16 Militäreinsätzen zu beteiligen. Das ist sicher eine große Enttäuschung für unsere Jungs dort. Wir schauen halt immer, welche Aufträge zu uns passen, und versuchen, die eigenen Ziele weiterzuentwickeln. Kurz: Die Bundeswehr ist nicht zu arm; die Welt ist ein bisschen zu groß für die Bundeswehr. Was ursprünglich mal ihre zentrale Idee war.

Der Anteil der Jugendlichen mit psychischen Erkrankungen ist in 10 Jahren um 38 Prozent gestiegen, hat die Barmer ermittelt. Gründe seien zunehmender Zeit- und Leistungsdruck sowie Zukunftsängste. Alles Weicheier?

Viele Eltern müssen heute eine blumige Formulierung finden für „Ihr sollt es einmal nicht so arg viel schlechter haben“. Es geht uns glänzend, und der Glanz wird ungerecht verteilt, das macht Druck. Und aber auch Bewusstsein in der zentralen Frage, was „besser“ denn bitte sein soll. Wo wir uns karriereverkasperten, schauen sie heute auf die „Work-Life-Balance“ und merken, wenn’s wehtut. Na gut, heute gibt es auch für jedes bizarre Produkt der Pharmaindustrie einen Arzt, der sich die ­passende Krankheit dazu ausdenkt.

Und was machen die Borussen?

Der Bundesliga-„Spieltag“ ist nun vier Kalendertage lang, die Tabelle meist eher eine grobe Schätzung und Montagabend wollen viele Fans auf der Süd­tribüne das erste Montagsspiel des BVB bestreiken. Dumme ­Sache – das ist dann wieder interessant.

Fragen: PWE, KORN

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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