Serie: Wie weiter, Germans (3): Jamaika muss leben können

Gegen eine schwarz-gelb-grüne Koalition spricht aktuell vieles. Tot ist sie deswegen nicht. Denn staatsbürgerliche Verantwortung geht vor Chaos.

Vor großen Wahlplakaten von FDP und Grünen läuft ein Mann

FDP und Grüne: Heute Konkurrenten, bald Partner? Foto: imago/IPON

Ist Jamaika tot? Wenn der oberliberale Chefredakteur der Welt, Ulf Poschardt, ein sogenanntes Jamaika-Bündnis von Union, FDP und Grünen nach der Bundestagswahl für erledigt erklärt, so muss man das ernst nehmen. Es spricht tatsächlich vieles dafür, dass Jamaika nicht zustande kommt.

Der wichtigste Grund: Warum sollte eine mit der Regierungsbildung beauftragte Angela Merkel sich mit einer komplizierten 5-Parteien-Koalition herumärgern (CDU, CSU, FDP, Realo-Grüne, linke Grüne), in der regelmäßige Kindergarten-Aufstände praktisch eingepreist sind? Warum sollte sie Sozialdemokraten und Sozialisten in gemeinsamer Opposition dazu zwingen, eine politische Alternative anzubieten, wenn sie stattdessen mit einer ordentlich mitziehenden SPD gemütlich ihren Stiefel herunterregieren kann?

Zudem haben sich sowohl die Grünen-Spitzenkandidaten Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt als auch FDP-Chef Christian Lindner aufgerafft und führen jetzt einen Entweder-oder-Wahlkampf: Schwarz-Grün oder Schwarz-Gelb.

Lindner als Gruselfigur

Zwar gibt es kaum Wechselwähler zwischen den beiden Parteien, aber es gibt aus Grünen-Sicht neben Nachfrageproblemen und den drohenden Schulz-Mitleidswählern auch die Abwanderungsgefahr von Realo-Wählern zu Merkel. Das will man verhindern, indem man Lindner als Gruselfigur aufbaut.

Lindner warnt derweil vor gruselgrüner, offener Einwanderungspolitik und ökologischer Modernisierung. Es gibt jetzt also doch noch zwei deutlich unterscheidbare Alternativen.

Wie weiter, Germans? Über die entscheidenden Zukunftsfragen wird weder vor noch nach der Wahl gesprochen: Wir stellen sie. In der neuen Ausgabe von taz.FUTURZWEI, Magazin für Zukunft und Politik.

Dennoch ist Jamaika nicht tot, wie Ulf Poschardt behauptet. Erstens, semantisch gesprochen, kann nicht tot sein, was noch gar nicht gelebt hat. Zweitens ist nur der sicher, der die Schlechtigkeit der Welt so sehr ablehnt, dass er sich partout nicht an der Verbesserung beteiligen kann, also AfD und Linkspartei.

Die anderen müssen nach der Wahl in der Lage sein, das demokratische Votum umzusetzen. Wenn es weder Schwarz-Gelb noch Schwarz-Grün hergibt und die SPD zu sehr durchgeschüttelt werden sollte, um sich wieder als Juniorpartner in die Regierung zu schleppen, dann müssen CDU, CSU, FDP und Grüne so erwachsen verhandeln, dass am Ende staatsbürgerliche Verantwortung steht und nicht Chaos.

Sonst würde es wirklich finster in Deutschland.

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Chefreporter der taz, Chefredakteur taz FUTURZWEI, Kolumnist und Autor des Neo-Öko-Klassikers „Öko. Al Gore, der neue Kühlschrank und ich“ (Dumont). Bruder von Politologe und „Ökosex“-Kolumnist Martin Unfried

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