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Abbas will Kontakte zu Israel einfrieren

KONFLIKT Die Lage in und um Jerusalem bleibt nach den Unruhen vom Freitag gespannt. Israelische Minister fordernTodesstrafe für Attentäter. Palästinenserpräsident Abbas ist offenbar gegen Sicherheitskameras auf dem Tempelberg

AUS JERUSALEM Susanne Knaul

Israels Justizministerin Ajelet Schaked fordert die Todesstrafe für den palästinensischen Attentäter, der am Freitagabend drei Israelis in ihrer Wohnung überfiel und erstach. Der 20-jährige Palästinenser Omar al-Abed trug Schussverletzungen davon, als ihn ein Nachbar der Familie außer Gefecht setzte. Er wird derzeit in einem israelischen Krankenhaus behandelt.

Unmittelbar vor dem Anschlag, der sich in der Siedlung Halamisch nördlich der Stadt Ramallah ereignete, hatte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas angekündigt, alle Kontakte zwischen der Führung in Ramallah und Israel einzufrieren. Abbas protestierte damit gegen die umstrittenen Metalldetektoren, die Israel nach einem Schussattentat am vorvergangenen Freitag auf dem Tempelberg in Jerusalem aufstellen ließ. Bei dem Attentat waren fünf Menschen zu Tode gekommen. Die Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften dauerten auch am Wochenende an, dabei starb ein 23-jähriger Demonstrant aus dem Ostjerusalemer Bezirk Abu Dis. Seit Staatsgründung ist in Israel nur ein einziges Mal die Todesstrafe verhängt worden – 1962 gegen Adolf Eichmann für seine Beteiligung am Massenmord der Juden im Zweiten Weltkrieg.

Der aktuelle Appell von Justizministerin Schaked (Das jüdische Haus) stieß auf großen Widerhall: „Die Option der Todesstrafe gibt es bei Militärgerichten“, erinnerte Bildungsminister Naftali Bennett, Chef der Siedlerpartei, der auch Schaked angehört. Eine Gesetzreform sei dazu nicht nötig, setzte er hinzu und rief die militärische Staatsanwaltschaft auf, die Todesstrafe für den Mörder der drei Siedler zu beantragen. Auch Verteidigungsminister Avigdor Lieberman (Israel ist unser Haus) sowie Transport- und Nachrichtendienstminister Israel Katz (Likud) machten sich stark für die Höchststrafe der Militärgerichte.

Regierungschef Benjamin Netanjahu hingegen rief die Minister seiner Likud-Partei am Sonntag zur Zurückhaltung auf. Er selbst spreche ständig mit den verschiedenen Sicherheitsdiensten, um die Lage „nüchtern, entschieden und verantwortungsvoll“ zu beruhigen. Das Todesurteil sei „keine Strafe, denn der Tod ist genau das, wor­auf die ruchlosen Terroristen hoffen“. Der Regierungschef bezeichnete den Attentäter als „menschliche Bestie“, dennoch tat er den Vorschlag der Siedlerpartei als einen „populistischen Aufruf zur Rache“ ab.

Derweil signalisierte seine Regierung die Bereitschaft, von den umstrittenen Metalldetektoren am Tempelberg abzulassen, gegen die sich der inländische Nachrichtendienst Schin Beth bereits vergangene Woche ausgesprochen hatte. Begründung: Der Zorn über die Sicherheitsmaßnahme könne schwerwiegende Folgen haben.

Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete über Kameras, Infrarotdetektoren und Sicherheitsscanner, die israelische Polizisten inzwischen früh am Tempelberg installiert hätten.

Netanjahu: „Der Tod ist genau das, worauf die ruchlosen Terroristen hoffen“

Palästinenenserpräsident Abbas signalisierte, dass er keiner israelischen Sicherheitsmaßnahme zustimmen werde: „Im Namen der palästinensischen Führung erkläre ich, sämtliche Kontakte mit dem Besatzungsstaat in allen Bereichen einzustellen, bis Israel alle Schritte gegen unser palästinensisches Volk und Jerusalem“ rückgängig macht. Laut Wafa hat Abbas 25 Millionen Dollar für die „Standhaftigkeit der Palästinenser im besetzten Ostjerusalem“ zur Verfügung gestellt. Die islamistische Führung der Hamas im Gazastreifen tat die Erklärung von Abbas als „bedeutungslos“ ab und forderte ein Ende der Belagerung Gazas.

Die Entscheidung, die Kontakte einzufrieren, sei ihm nicht leicht gefallen, meinte Abbas. Erst wenn Israel alle Veränderungen am Areal rund um den Felsendom und der Al-Aksa-Moschee wieder rückgängig mache, sei er bereit zu erneuten Absprachen mit der Regierung in Jerusalem.

Die palästinensischen Sicherheitskräfte kooperieren seit zehn Jahren mit Israels Armee im Kampf gegen den gemeinsamen Feind, der Hamas. Israels Verteidigungsminister Lieberman gab sich gegenüber Journalisten unbesorgt: „Wir sind viele Jahre ohne Sicherheitszusammenarbeit ausgekommen. Wir schaffen das auch jetzt.“

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