: Scholz sagt sorry und schlägt zurück
REGIERUNG Hamburgs Bürgermeister entschuldigt sich bei den Stadtbewohnern und geht zum Angriff über. Es sei „unerträglich, dass sich Mitglieder der Bürgerschaft bei denen unterhaken, die ganze Straßenzüge verwüsten“
Aus Hamburg Marco Carini
Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat „die Hamburgerinnen und Hamburger um Entschuldigung“ dafür gebeten, dass die Polizei während des G20-Gipfels „die öffentliche Sicherheit nicht zu jedem Zeitpunkt und an jedem Ort“ gewährleisten konnte. Das hatte der Regierungschef zuvor versprochen.
„Eine derart exzessive, nur dem Zweck der Zerstörung dienende Gewalt, die auch das Leben von Einsatzkräften und Unbeteiligten riskiert“, habe „es weder in Hamburg noch in einer anderen deutschen Stadt gegeben“, sagte Scholz in einer Regierungserklärung am Mittwoch. Kein Sicherheitskonzept und auch nicht „viele zusätzliche Polizeibeamte“ hätten das verhindern können, verteidigte Scholz seine Fehleinschätzung. Einen Rücktritt von seinem Amt lehnte er ab. Dazu gebe „es überhaupt keinen Grund“.
Konkrete Fehler räumte Scholz nicht ein. Im Gegenteil. Er verteidigte in seiner 40-minütigen Regierungserklärung die Entscheidung, den G20-Gipfel an die Elbe geholt zu haben. Wenn ein solcher Gipfel nicht in Hamburg stattfinden könne, dann könne er es „in keiner westeuropäischen Stadt“, so der Bürgermeister. Es könne nicht sein, dass solche Gipfel nur noch „bei Autokraten und in Diktaturen möglich sind“.
Scholz dankte in seiner Rede den 20.000 eingesetzten PolizistInnen, die „herausragende Arbeit“ geleistet hätten und sich „hochprofessionell und heldenhaft eingesetzt“ hätten. Über die zahlreichen dokumentierten Übergriffe von einzelnen Einheiten und Beamten verlor Scholz kein Wort.
Olaf Scholz über Aussagen des Sprechers der Roten Flora
Als Konsequenz aus den Geschehnissen kündigte der Hamburger Regierungschef neben einem Härtefallfonds für alle Opfer der Gewalt einen veränderten „Umgang mit jenen Linksextremisten„ an, „die nicht selber Straftaten begehen, aber sehr wohl für die nötige Logistik sorgen“. Ein Fingerzeig auf das Autonomenzentrum „Rote Flora“ im Schanzenviertel und seine Sprecher, die Scholz als „geistige Brandstifter“ bezeichnete. „Die Aussagen von Sprechern des linksautonomen Zentrums nannte Scholz „beschämend, menschenverachtend und einer Demokratie nicht würdig.“
Heftig ging Scholz auch die Linkspartei an, die sich dem Protestbündnis der G20-Gegner angeschlossen hatte. „Ich finde es unerträglich, dass sich sogar Mitglieder der Bürgerschaft mit denen unterhaken, die am Abend vorher ganze Straßenzüge verwüstet haben“, sagte der Bürgermeister.
„Die Rote Flora gehört dichtgemacht“, polterte Oppositionschef André Trepoll (CDU). Ihre AktivistInnen hätten „Autonome aus ganz Europa eingeladen und die Krawalle logistisch unterstützt“. Dem Bürgermeister warf Trepoll vor, mit seiner persönlichen Sicherheitsgarantie im Vorfeld „die Hamburger wissentlich getäuscht zu haben“.
Die militanten Praktiken vor allem der aus dem Ausland eingereisten Autonomen wären vorher bekannt gewesen. Sowohl die Polizeigewerkschaften wie auch seine eigenen Fraktion hätten vor Linksextremen gewarnt, „die Hamburg in Schutt und Asche legen“ wollten. Trepoll forderte Scholz auf, „Verantwortung zu übernehmen“ und von seinem Amt zurückzutreten.
Für die Grünen, die nach den Krawallen öffentlich nahezu abgetaucht waren, präsentierte Fraktionschef Anjes Tjarks eine staatstragende Rede, die sich nur in der Länge und inhaltlichen Nuancen von der des Bürgermeisters unterschied. Auch Tjarks vermied jede Kritik an den Polizeieinsätzen und betonte, dass sich „bei der Flora was ändern muss“.
Nur die Fraktionschefin der Linken, Cansu Özdemir verlor kritische Worte sowohl über die „zerstörerische Gewalt“ der Linksautonomen, kritisierte aber auch scharf „den Eskalationskurs“ der Hamburger Polizei und von Gesamteinsatzleiter Hartmut Dudde. Sie kritisierte zahlreiche Rechtsbrüche beim Umgang mit DemonstrantInnen und in Gewahrsam genommenen Personen. Was die Konsequenzen aus den Ereignissen der vergangenen Tage betrifft, verwahrte sich Özdemir „gegen jede politische Scharfmacherei und populistische Schnellschüsse“.
SPD-Fraktionschef Andreas Dressel nahm Özdemir und ihre Fraktion aufs Korn: „Die Linke ist der parlamentarische Arm des schwarzen Blocks und sollte sich schämen.“ Wer sich nicht „eindeutig distanziere“ von der Gewalt „dieser marodierenden kriminellen Banden“, lege „Feuer an dem Fundament unseres Staates“.
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