Festival gegen Rechts: Neukölln hält zusammen

Beim Festival „Offenes Neukölln“ geht es ab Freitag um Vielfalt und Zusammenhalt und gegen Ausgrenzung und Rassismus. Der gesamte Bezirk macht mit.

Menschen verschiedener Herkunft auf einem Straßenfest

Neukölln ist multikulturell – hier wird zusammen gefeiert, etwa beim Ramadanfest Foto: Jörg Carstensen/dpa

Neukölln ist multikulturell und vielfältig. Neben dem sudanesischen Imbiss verkauft eine türkische Bäckerei Baklava, nicht weit entfernt ein Burgerladen und eine altdeutsche Kneipe – das Publikum ist bunt gemischt. Dieses Zusammenspiel funktio­niert ziemlich gut. Der Bezirk wächst. Die Kulturen verschmelzen. Im letzten Jahr kamen viele Menschen aus verschiedenen Ländern dazu und zahlreiche Ini­tiativen haben sich ge­gründet, um diese Neu­bür­ger*in­nen willkommen zu heißen. Eine ­davon ist das Bündnis Neukölln.

Gleichzeitig mehrten sich Angriffe auf Neuköllner*innen, die sich für diese Willkommenskultur und Diversität und gegen Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung einsetzen. Es gab Autobrandstiftungen, einen Brandanschlag auf das links orientierte Café-Kollektiv k-fetisch, Schmierereien in Hauseingängen, Fensterscheiben wurden eingeschlagen.

Die Betroffenen waren vor allem Personen, Projekte und Parteien, die sich gegen Rassismus und Rechtspopulismus engagieren. Laut Sprechern der Polizei wird eine rechtsextremistische Motivation bei den Angriffen für sehr wahrscheinlich gehalten. Seit 2016 würden sich entsprechende Straftaten nachweislich häufen. Hinweise auf die Täter oder Festnahmen gab es trotz einer Sonderermittlungskommission bisher nicht.

„Jetzt hat es auch Leute getroffen, deren hauptsächliches Engagement nicht in der Arbeit gegen Rechtsextremismus liegt, sondern die sich für Geflüchtete einsetzen, zu Erinnerungspolitik oder Geschlechterthemen arbeiten oder in der Jugendarbeit tätig sind“, sagt Matthias Müller von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin. Da sei es besonders wichtig, klar und öffentlich die eigene Solidarität zu bekunden, so Müller, etwa durch Demonstrationen. Oder durch ein persönliches Gespräch: Ich habe wahrgenommen, was passiert ist, ich achte das, ich sehe dich.

Ein eindeutiges Zeichen

„Neukölln steht für Vielfalt und Offenheit. Hier ist kein Platz für Diskriminierung und Ausgrenzung“, sagt Titus Lasker vom Bündnis Neukölln. Und um diese Einstellung zu bestärken und ein eindeutiges Zeichen der Solidarität und Offenheit im gesamten Bezirk zu setzen, haben Lasker und seine ehrenamtlichen Kolleg*innen das Festival Offenes Neukölln für Vielfalt und Offenheit und gegen Ausgrenzung und Rassismus organisiert. Das Bündnis bezeichnet sich als für jede*n offenen Zusammenschluss und versteht sich als Plattform der Information und Aktion. Dabei liegt der Schwerpunkt auf drei Themenbereichen: aktiv sein gegen rechts, der Unterstützung von Geflüchteten und dem Zusammenleben im Bezirk.

Das gemeinschaftliche Nachbarschaftsfestival findet von kommenden Freitag bis zum Sonntag zum ersten Mal statt. „Ziel ist es, möglichst viele Akteure, Vereine, Geschäfte, Kneipen und Initiativen zusammenzubringen und zu vernetzen“, sagt Lasker, „und gemeinsam ein klares Zeichen zu setzen: Wir halten zusammen, wir lassen uns nicht unterkriegen, wir stehen füreinander ein.“

Selbst von Anschlägen betroffene ­Einrichtungen wie die Buchhandlung Leporello sind dabei. „Das finden wir besonders gut“, sagt Titus Lasker vom Bündnis Neukölln

Im Januar fand sich die Aktionsgruppe, seitdem wurden Ideen zusammengetragen, Initiativen und Vereine für das Festival angefragt und wurde zur Teilnahme aufgerufen. Die Idee: Das Bündnis bietet den Rahmen und vernetzt, aber die einzelnen Programmpunkte werden von den einzelnen Veranstaltern im Bezirk selbst organisiert. „Weil Neukölln eine große Dichte von Initiativen hat und wir zeigen wollen, dass es hier ganz viel Positives und Offenheit und ­Solidarität gibt. Das ist ein Grund, zu feiern“, sagt Lasker.

Vom Freitag (14. Juli) bis ­Sonntag (16. Juli) findet in Neukölln das Festival Offenes Neukölln statt. Vom Bündnis Neukölln initiiert, haben sich über 80 Ini­tiativen, Organisationen, Vereine und Kneipen aus dem gesamten Bezirk angeschlossen; über 100 Veranstaltungen stehen auf dem Programm.

Das Motto: Solidarisch und offen gegen Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit, Homophobie und Nationalismus. In diesem Sinne wird Menschen jeden Alters und jeder Herkunft etwas geboten. Die taz empfiehlt: Queer & Beer, eine Führung durch den Club SchwuZ, Samstag, 15 Uhr, Rollbergstraße 26. (nor)

80 Teilnehmende, 100 Veranstaltungen

Dabei kamen durch über 80 Teilnehmende rund 100 Veranstal­tungen im gesamten Stadtbezirk zustande. Matthias Müller sieht das als deutliches Bekenntnis und Zeichen dafür, dass in Neukölln ganz viel passiert, wobei Leute sich informieren, diskutieren, nachdenken und für eine freie solidarische, emanzipatorische Gesellschaft eintreten und ein Zeichen gegen Rechtspopulismus, Rassismus und Extremismus setzen. „Das hat eine positive Wirkung auf das gesellschaftliche Klima, weil es ermutigt und stärkt“, sagt er.

Auf dem Programm stehen Aktionen für jede Altersgruppe. Vom Straßenfest bis zur politischen Diskussion, vom interkulturellen Frühstück bis zur Kunstperformance oder zum Bolzturnier. „Es ist genau das passiert, was wir wollten. Dass alle machen, was sie am besten können, worauf sie am meisten Lust haben. Ich glaube, da kam eine breite Mischung zustande“, sagt Lasker. Selbst von Anschlägen betroffene Einrichtungen wie die Buchhandlung Leporello sind dabei. „Das finden wir besonders gut“, sagt er. „Dass sich gerade diese Initia­tiven nicht unterkriegen lassen.“

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