Kommentar Ermittlungen gegen Trump: Der Skandal hinter dem Skandal
Trump steht im Kreuzfeuer wegen möglicher Einflussnahme in der Russland-Affäre. Der ganze Bohei kommt ihm gerade recht.
D as ist schon ein besonders hübsches Eigentor des US-Präsidenten Donald Trump: Weil FBI-Direktor James Comey nicht öffentlich sagen wollte, dass gegen Trump persönlich nicht ermittelt wurde, feuerte er ihn. Und weil er ihn feuerte, wird nun tatsächlich gegen ihn ermittelt.
In den Medien hagelt es schon seit Wochen Vergleiche mit der Watergate-Affäre, die seinerzeit Präsident Richard Nixon zu Fall brachte. Gerichtsurteile aus jener Zeit werden zitiert und auf ihre derzeitige Anwendbarkeit geprüft. Und wer am Dienstag der Anhörung des Justizministers Jeff Sessions im Senatsausschuss folgte und miterlebte, mit welcher wütenden Arroganz jener sich weigerte, auch nur eine einzige substanzielle Antwort zu geben, kommt nicht umhin, dieser Regierung Vertuschungsabsichten zu unterstellen.
Ob die schon für den Vorwurf der Behinderung der Justiz ausreichen, mithin also zur Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens, das prüft nun Sonderermittler Robert Mueller.
Bei alledem gerät der eigentliche Anlass der ganzen Aufregung aus dem Blickfeld: Welche Rolle spielte russische Einmischung bei der Wahl 2016? Nicht einmal die Demokraten selbst glauben ernsthaft, dass Hillary Clinton aufgrund russicher Intervention die Wahl verloren habe. Aber die vielen ungeklärten Fragen in diesem Zusammenhang halten sie davon ab, sich selbst zu überprüfen – und vernünftige und lautstarke Oppositionspolitik zu machen.
Die aber wäre dringend nötig. Trump, so ungeschickt er sich oft anstellt, ist tatsächlich mit Hilfe der Kohorten republikanischer Duckmäuser im Kongress dabei, eines der größten sozial-, umwelt- und sicherheitspolitischen Rollbacks der jüngeren Geschichte einzuleiten. Die leidige Russland-Story kommt ihm dabei genau genommen gerade recht: Er kann sich als Opfer finsterer Mächte darstellen. Und über den eigentlichen Skandal, nämlich seine Politik, geht es in der öffentlichen Debatte kaum noch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert